Scheinanklagen gegen Menschenrechtler

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 30. Dezember 2021 wurde Baradine Berdei Targuio eine Amnestie gewährt. Das bedeutet, dass nun alle Auflagen, die an seine Freilassung geknüpft waren, aufgehoben worden sind. Der Menschenrechtsverteidiger war am 24. Januar 2020 festgenommen worden und verbrachte 17 Monate in willkürlicher Haft. Davon hatte er in ersten sieben Monaten keinen Kontakt zur Außenwelt. Zwei Tage vor seiner Festnahme hatte er sich auf Facebook zu dem vermeintlich schlechten Gesundheitszustand des Präsidenten geäußert und sich besorgt über die Menschenrechtslage in der Tibesti-Provinz des Tschad gezeigt. Am 18. Februar 2021 wurde er wegen der Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Am 10. Juni 2021 kam er unter Auflagen, die die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit und sein Recht sich frei zu äußern umfassten, aus der Haft frei.

Baradine Berdei Targuio, Porträt des Menschenrechtlers aus dem Tschad

Der tschadische Menschenrechtler Baradine Berdei Targuio (Archivfoto)

Bewaffnete maskierte Personen haben am 24. Januar 2020 den tschadischen Menschenrechtsverteidiger Baradine Berdei Targuio bei sich zuhause in N'Djamena festgenommen. Er soll zum nationalen Geheimdienst gebracht worden sein. Danach war er fast sieben Monate lang "verschwunden". Obschon der Justizminister die Festnahme von Baradine Berdei Targuio im Februar für legal erklärt hatte, fand die Anhörung vor einem Staatsanwalt und einem Untersuchungsrichter erst am 21. August statt. Baradine Berdei Targuio wurde der Gefährdung der Staatssicherheit, des illegalen Waffenbesitzes, des tätlichen Angriffs und der Körperverletzung angeklagt. Amnesty International befürchtet, dass er wegen seiner Arbeit als Menschenrechtsverteidiger festgehalten und strafrechtlich verfolgt wird.

Appell an

Minister of Justice

Minister Djimet Arabi

Ministère de la Justice

N’Djamena

TSCHAD

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Tschad

I.E. Frau Mariam Ali Moussa

Lepsiusstraße 114

12165 Berlin


Fax: 030-319 916 220

E-Mail: contact@ambatchadberlin.com

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, die umgehende und bedingungslose Freilassung von Baradine Berdei Targuio anzuordnen und sämtliche Anklagen gegen ihn fallenzulassen.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass er bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand erhält.
  • Ich bitte Sie, umgehend eine gründliche, unabhängige, wirksame und transparente Ermittlung zu allen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen gegen Baradine Berdei Targuio, darunter Verschwindenlassen, einzuleiten. Die Verantwortlichen müssen identifiziert und in fairen Gerichtsverfahren zur Verantwortung gezogen werden.

Sachlage

Baradine Berdei Targuio ist der Präsident der tschadischen Menschenrechtsorganisation Organisation tchadienne des droits humains (OTDH). Am 24. Januar 2020 wurde er bei sich zuhause in N'Djamena von bewaffneten maskierten Personen festgenommen und laut mehreren Quellen zum nationalen Geheimdienst gebracht. Nach diesem Vorfall wurde er fast sieben Monate lang nicht gesehen. Diese Art der Festnahme und Inhaftierung erfüllt den Tatbestand des Verschwindenlassens und ist nach internationalen Menschenrechtsnormen rechtswidrig.

Am 22. Januar, zwei Tage vor seiner Festnahme, hatte er sich in den Sozialen Medien über den Gesundheitszustand des Präsidenten geäußert. Dieser solle ernsthaft erkrankt und sich in einer Klinik in Frankreich befinden. Baradine Berdei Targuio hatte schon während des Ausnahmezustandes im November 2018 einen offenen Brief an den Präsidenten geschrieben, worin er auf die schwierige Menschenrechtssituation in der nördlichen Region Tibesti aufmerksam gemacht hatte.

Nach fast sieben Monaten in willkürlicher Haft ohne Kontakt zur Außenwelt wurde Baradine Berdei Targuio am 21. August einem Staatsanwalt und einem Untersuchungsrichter vorgeführt. Am 24. August wurde er wegen Gefährdung der Staatssicherheit, illegalen Waffenbesitzes, tätlichen Angriffs und Körperverletzung angeklagt.

Amnesty International ist besorgt, dass die Anklagen gegen Baradine Berdei Targuio nur Vorwände sind und mit seiner Arbeit als Menschenrechtsverteidiger in Verbindung stehen. Obwohl die Vorwürfe sich auf Vorfälle während seiner Festnahme im Januar beziehen, wurden sie erst im August erhoben. Zwar wurden in der Zwischenzeit andere Anschuldigungen wegen Meinungsäußerung im Internet erhoben, doch gewalttätiges Verhalten war Baradine Berdei Targuio bisher nicht vorgeworfen worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit 2017 hat sich Amnesty International wiederholt gegen die willkürliche Festnahme und Inhaftierung von Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen im Tschad eingesetzt. Amnesty hat außerdem den Behörden empfohlen, wie sie Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen schützen und sicherstellen können, dass sie in einer sicheren Umgebung agieren können, ohne eine willkürliche Festnahme fürchten zu müssen. Amnesty hat die Behörden dazu aufgerufen, das Strafjustizsystem nicht zu verwenden, um Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen für ihre Ausübung der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung ins Visier zu nehmen und zu schikanieren. Nähere Informationen zu der Situation im Tschad finden Sie in dem englischen Amnesty-Bericht von 2017 mit dem Titel The Rising Cost of Dissent in Chad. Während des letzten Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfungsverfahrens durch den UN-Menschenrechtsrat im Jahr 2018 akzeptierte der Tschad die Empfehlungen, ein Gesetz zur Anerkennung und zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen zu entwickeln und zu verabschieden: https://www.amnesty.org/en/documents/afr20/0046/2019/en/