Anklage wegen Hochverrats

Diese Urgent Action ist beendet.

Seit dem 3. Dezember 2017 ist Koo Jeong-hwa inhaftiert, weil sie illegal aus Nordkorea ausgereist war. Ihre Familie berichtet nun, ihr und ihrem vierjährigen Sohn drohe nicht länger die Verlegung in ein Straflager für politische Gefangene.

Camp 14 - Total Control Zone

Camp 14 - Total Control Zone

Koo Jeong-hwa ist seit dem 3. Dezember 2017 in Nordkorea inhaftiert. Im März 2018 wird das Ministerium für Staatssicherheit aller Voraussicht nach über ihr Strafmaß entscheiden. Sie und ihr 4-jähriger Sohn könnten in ein politisches Straflager gebracht werden, wo ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen.

Appell an

Minister für Staatssicherheit

Kim Won-hung

Ministry of State Security

Pyongyang

DEMOKRATISCHE VOLKSREPUBLIK NORDKOREA

 

Sende eine Kopie an

Vertreter Nordkoreas bei den Vereinten Nationen in New York

Mr Ja Song-nam

Permanent Mission of the Democratic People’s Republic of Korea in New York

820 Second Ave, 13th Floor

New York, NY 10017, USA

(Anrede: Dear Ambassador / Exzellenz)

Fax: (00 1) 212 972 3154

E-Mail: dpr.korea@verizon.net

Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea

S.E. Herrn Nam Yon

Glinkastraße 5-7

10117 Berlin

Fax: 030-226 519 29

E-Mail: info@dprkorea-emb.de

 

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte unbedingt dafür, dass Koo Jeong-hwa und die anderen der Gruppe bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderer Misshandlung geschützt sind und regelmäßigen Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung erhalten.
  • Lassen Sie Koo Jeong-hwa und die anderen der Gruppe bitte umgehend und bedingungslos frei, sollten sie nicht unverzüglich einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und in einem Verfahren vor Gericht gestellt werden, das den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entspricht und in dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.

 

Sachlage

Koo Jeong-hwa (zuvor verwendete Amnesty International ihren chinesischen Namen Lee Su-jung) war am 3. Dezember 2017 in eine Hafteinrichtung in der nordkoreanischen Stadt Hoeryeong gebracht worden. Im März 2018 wird eine Entscheidung des Ministeriums für Staatssicherheit über ihr Strafmaß erwartet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ohne faires Gerichtsverfahren zu einer lebenslangen Haftstrafe in einem politischen Straflager verurteilt wird, ist hoch. Dort drohen ihr Zwangsarbeit, Folter und andere Misshandlungen.

Zuvor waren Koo Jeong-hwa und ihr Sohn gemeinsam mit acht weiteren aus China abgeschobenen Nordkoreaner_innen in einer Hafteinrichtung des Ministeriums für Staatssicherheit in Sinuiju festgehalten worden. In der Zwischenzeit wurden alle zurück in ihre jeweilige Heimatstadt gebracht, wo sie während der laufenden Ermittlungen weiter inhaftiert sind. Die Behörden stehen mit Koo Jeong-hwas Mutter in Kontakt. Sie beschuldigen Koo Jeong-hwa des Landesverrats, da sie ihr Land verlassen hat. In Nordkorea gilt dies als Verbrechen gegen den Staat und fällt in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Staatssicherheit. Dieses betreibt auch sämtliche politischen Straflager in Nordkorea. Außerdem droht Koo Jeong-hwa die Hinrichtung, da in Nordkorea Personen, die des Landesverrats bezichtigt werden, ab dem 18. Lebensjahr mit dem Tode bestraft werden können.

Koo Jeong-hwas Sohn war zunächst mit ihr gemeinsam in der Hafteinrichtung in Hoeryeong inhaftiert. Nach 20 Tagen wurde er jedoch nach Hause entlassen, da Beamt_innen der Einrichtung sagten, dass sie nicht für ihn sorgen könnten. Das Kind kam mit Erfrierungen an Händen und Füßen zuhause an. Trotz der Entlassung könnte Koo Jeong-hwas Sohn nach der Verurteilung seiner Mutter mit ihr gemeinsam in einem politischen Straflager inhaftiert werden – allein deswegen, weil er mit einer Person verwandt ist, der eine staatsfeindliche Straftat vorgeworfen wird.

 

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Februar 2014 legte die UN-Untersuchungskommission für Menschenrechte in Nordkorea ihren Bericht vor, der dokumentiert, dass in Nordkorea systematisch weitreichende und schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden. Zahlreiche Personen bzw. Familien fliehen aus Nordkorea, um politischer oder religiöser Verfolgung zu entkommen. Nordkoreaner_innen haben aufgrund ihrer verzweifelten Suche nach Lebensmitteln und Arbeit oft keine andere Möglichkeit, als die chinesisch-nordkoreanische Grenze illegal zu überqueren.



China betrachtet Nordkoreaner_innen ohne regulären Aufenthaltsstatus grundsätzlich als Wirtschaftsmigrant_innen und nicht als Asylsuchende. Wenn diese Personen aufgegriffen werden, schiebt China sie nach Nordkorea ab. Laut Angaben aus verschiedenen Quellen, unter anderem von Human Rights Watch, hat China seit Juli 2017 mindestens 51 geflüchtete Nordkoreaner_innen inhaftiert. Von den geschätzten 102 Nordkoreaner_innen, die seit Juli 2016 in China inhaftiert wurden, sind mindestens 47 nach Nordkorea abgeschoben worden (einschließlich der zehn Personen, auf die sich diese Urgent Action bezieht).



Das Ministerium für Volkssicherheit ist dagegen für gewöhnliche Straftaten, die allgemeine Überwachung sowie den Regelvollzug zuständig. In Nordkorea gilt Landesverrat als Verbrechen gegen den Staat und fällt somit in den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Staatssicherheit. Dieses Ministerium (bis Juni 2016 noch Abteilung für Staatssicherheit) ist eine eigenständige Behörde der nordkoreanischen Regierung, die direkt Kim Jong-un unterstellt sein soll. Sie betreibt sämtliche politischen Straflager in Nordkorea und unterhält eine Grenzsicherungsstelle, zu deren Aufgaben die Identifizierung von Personen gehört, die versuchen, aus dem Land zu fliehen.



In den vier bekannten politischen Straflagern sind bis zu 120.000 Personen inhaftiert. Diese sind Zwangsarbeit, vorsätzlichem Nahrungsentzug, Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt. Laut dem Bericht der UN-Untersuchungskommission für Menschenrechte in Nordkorea sind manche dieser Menschenrechtsverletzungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen. Dennoch sind seit der Veröffentlichung des Berichts keine Anstrengungen  bekannt, die nordkoreanische Regierung zur Rechenschaft zu ziehen. Viele der in den Lagern Inhaftierten wurden nie wegen einer international anerkannten Straftat verurteilt. Vielmehr wurden sie willkürlich inhaftiert, weil sie entweder mit Personen verwandt sind, die als Gefahr für den Staat eingestuft werden oderweil sie "aufgrund von Verbindungen" als "schuldig" gelten. Trotz der Berichte von Personen, die in diesen politischen Straflagern Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren, leugnet die nordkoreanische Regierung deren Existenz. Satellitenbilder zeigen dagegen, dass die Lager auch weiterhin in Betrieb sind.