Drohende Auslieferung

Appell an

INNENMINISTER
Róbert Kaliňák
Ministry of Interior of Slovak Republic
Pribinova 2
812 72 Bratislava
SLOWAKISCHE REPUBLIK
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Innenminister)
Fax: (00 421) 25296 7746
E-Mail: minister@minv.sk

JUSTIZMINISTER
Tomáš Borec

Ministry of Justice of Slovak Republic
Župné námestie 13
813 11 Bratislava
SLOWAKISCHE REPUBLIK
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Justizminister)
Fax: (00 421) 25935 3601
E-Mail: ms.kvsu.sek@justice.sk

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Igor Slobodník
Hildebrandstraße 25
10785 Berlin
Fax: 030 889 262 22
E-Mail: emb.berlin@mzv.sk

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Slowakisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Juli 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stoppen Sie die Auslieferung von Anzor Chentiev an die Russische Föderation in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Slowakei, Menschen nicht in Staaten auszuweisen, zurückzuweisen, abzuschieben oder auszuliefern, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen wie z. B. Folter und andere Misshandlungen drohen (Prinzip des Non-Refoulement).

  • Sorgen Sie bitte für das Wohlbefinden von Anzor Chentiev und gewähren Sie ihm umgehend Zugang zu jeder benötigten medizinischen Behandlung und psychologischen Unterstützung.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging them to halt the extradition of Anzor Chentiev to the Russian Federation in compliance with Slovakia’s obligation under international law not to deport, expel, return or extradite any person to a country where he is at risk of serious human rights abuses, including torture and other ill-treatment (principle of non-refoulement).

  • Urging them to ensure Anzor Chentiev’s well-being, and provide him with any medical or psychological support as may be required, as soon as possible.

Sachlage

Der ethnische Tschetschene Anzor Chentiev hat in der Slowakei Asyl beantragt. Ihm droht nun unmittelbar die Auslieferung an Russland. Bei einer Rückführung nach Russland drohen ihm Folter und ein unfaires Gerichtsverfahren.

Anzor Chentiev droht Berichten zufolge ein Strafverfahren, das die russischen Behörden in Verbindung mit terrorismusbezogenen Anklagen gegen ihn angestrengt haben. Anzor Chentiev kam vor einigen Jahren in die Slowakei und beantragte dort Asyl. Seinem Rechtsbeistand zufolge wurde er daraufhin in Verbindung mit einem Auslieferungsantrag vonseiten der russischen Behörden in Gewahrsam genommen und befindet sich seit neun Jahren in Untersuchungshaft.

Anzor Chentiev versucht seit neun Jahren, Asyl in der Slowakei zu erhalten und seine Auslieferung an Russland zu verhindern. Im Januar 2014 zog er seinen Asylantrag plötzlich zurück und stellte beim slowakischen Justizministerium einen Antrag auf Rückführung nach Russland. Zudem bat er den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), die einstweiligen Maßnahmen aufzuheben, die für ihn erlassen worden waren. Amnesty International ist der Ansicht, dass Anzor Chentiev diese Anträge möglicherweise unter Zwang gestellt hat. Die slowakischen Behörden haben mittlerweile mit dem Auslieferungsverfahren begonnen.

Am 3. Juni 2014 stellte Anzor Chentiev erneut einen Antrag auf Asyl in der Slowakei und beantragte durch seinen Rechtsbeistand neue einstweilige Maßnahmen beim EGMR. Er sagte, er habe das ursprüngliche Verfahren eingestellt, weil er nach neun Jahren in Gewahrsam unter psychischen Problemen gelitten habe. Der EGMR hat Anzor Chentiev und die slowakische Regierung aufgefordert, bis zum 11. Juni weitere erforderliche Informationen einzureichen. Erst danach wird das Gericht eine Entscheidung über etwaige einstweilige Maßnahmen treffen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Auslieferung von Anzor Chentiev noch vor einer endgültigen Entscheidung seines Antrags auf Asyl in der Slowakei würde nicht der empfohlenen Vorgehensweise des Exekutivausschusses des Büros des UN Hochkommissars für Menschenrechte (UNHCR) entsprechen. Der Ausschuss wurde von der internationalen Gemeinschaft damit beauftragt, Schutzstandards unter der Genfer Flüchtlingskonvention auszuarbeiten. Die Slowakei ist Vertragsstaat der Flüchtlingskonvention.

Aus dem Nordkaukasus wird regelmäßig über Folter und andere Misshandlungen sowie rechtswidrige Inhaftierungen und andere Menschenrechtsverletzungen wie z. B. außergerichtliche Hinrichtungen und Verschwindenlassen berichtet. Diese Verstöße werden häufig mit sogenannten Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung durch Ordnungskräfte in Tschetschenien und der Region in Verbindung gebracht. Diese Aktivitäten finden unter strengster Geheimhaltung statt, und die Ordnungskräfte müssen sich nicht öffentlich für deren Durchführung verantworten. Amnesty International hat in der Vergangenheit wiederholt Berichte erhalten, dass im Nordkaukasus willkürlich Personen ins Visier genommen und der Zugehörigkeit zu illegalen bewaffneten Gruppen verdächtigt werden.

Insbesondere der Einsatz von Folter ist im Nordkaukasus und in der gesamten Russischen Föderation weit verbreitet. Derzeit stehen den Opfern zudem keine wirksamen Rechtsmittel zur Verfügung. In sehr vielen Fällen von Personen, die wegen ihrer mutmaßlichen Verbindungen zu illegalen bewaffneten Gruppen ins Visier genommen wurden, gibt es glaubhafte Hinweise darauf, dass die Beweise gegen sie zum Großteil oder vollständig auf erzwungenen "Geständnissen" oder Aussagen beruhen. Solche "Geständnisse" oder Aussagen werden Berichten zufolge häufig in unfairen Gerichtsverfahren eingesetzt, um Personen für Straftaten in Verbindung mit den Aktivitäten bewaffneter Gruppen oder andere Straftaten zu verurteilen. Es liegen außerdem zahlreiche Berichte darüber vor, dass Beschwerden von Angeklagten über Folter und andere Misshandlungen oder das versuchte Zurückziehen vorheriger Aussagen vor Gericht als Taktieren der Verteidigung abgetan werden. Weitere Informationen finden Sie in dem englischen Bericht Russian Federation: Briefing to the UN Committee against Torture vom 15. Oktober 2012, online unter: http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR46/040/2012/en.

Gemäß dem Völkerrecht ist die Slowakei verpflichtet, das Prinzip des Non-Refoulement zu achten: das Verbot, Menschen in Staaten auszuweisen, zurückzuweisen, abzuschieben oder auszuliefern, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen wie z. B. Folter und andere Misshandlungen drohen. Dieses Prinzip ist festgeschrieben in: Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), Artikel 3(1) des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) sowie Artikel 33 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention). Die Slowakei ist Vertragsstaat all dieser Abkommen.