Unmenschliche Haftbedingungen

Hunderte Flüchtlinge, Asylsuchende und Migrant_innen aller Altersgruppen werden in der Aufnahmeeinrichtung "Gazi Baba" in der mazedonischen Hauptstadt Skopje festgehalten. Ihre Inhaftierung ist rechtswidrig. Das Zentrum ist überfüllt und die Haftbedingungen sind unmenschlich und erniedrigend; der Zugang zu angemessenen sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung ist stark eingeschränkt. Einige Personen müssen auf dem Boden schlafen. Sie haben keinen Zugang zu Rechtsbeiständen oder Rechtsschutz.

Appell an

INNENMINISTERIN
Ms Gordana Jankuloska
Ministry of Interior
Dimce Mircev 9
1000 Skopje, MAZEDONIEN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrte Frau Ministerin)
Fax: (00 389) 2311 2468
E-Mail: gordana_jankuloska@moi.gov.mk oder kontakt@moi.gov.mk

LEITERIN DER ASYLBEHÖRDE
Ms Bratka Dajanovska Milcevska

Ministry of Interior
Dimce Mircev 9, 1000 Skopje, MAZEDONIEN
(Anrede: Dear Ms Milcevska / Sehr geehrte Frau Milcevska)
Fax: (00 389) 2311 2468
E-Mail: kontakt@moi.gov.mk

Sende eine Kopie an

LEITER DER BEHÖRDE FÜR GRENZANGELEGENHEITEN UND MIGRATION
Mr Marinko Kocovski
Sector for Border Affairs and Migration
Dimce Mircev 9, 1000 Skopje
MAZEDONIEN
Fax: (00 389) 2311 2468
E-Mail: marinko_kocovski@moi.gov.mk

BOTSCHAFT DER REPUBLIK MAZEDONIEN
Herr Dragan Petkovski, Gesandter-Botschaftsrat
Hubertusallee 5
14193 Berlin
Fax: 030-895 411 94
E-Mail: makedonische.botschaft@t-online.de, berlin@mfa.gov.mk

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. April 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • An die Innenministerin: Bitte stellen Sie die rechtswidrige Inhaftierung von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migrant_innen im Aufnahmezentrum "Gazi Baba" ein.

  • An die Innenministerin: Ich fordere Sie höflich auf, die Haftbedingungen derjenigen Personen zu verbessern, deren Inhaftierung gemäß einem individuellen Überprüfungsverfahren mit der Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, als rechtmäßig, verhältnismäßig und notwendig eingestuft wurde.

  • An die Leiterin der Asylbehörde: Ich möchte Sie bitten, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um es den im Aufnahmezentrum inhaftierten Personen zu ermöglichen, einen Asylantrag zu stellen, und sicherzustellen, dass solche Anträge fair und individuell geprüft werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Minister of Interior to immediately stop the unlawful detention of refugees, asylum seekers and migrants at the Reception Centre for Foreigners.

  • Calling on the Minister of Interior to improve the detention conditions for those individuals for whom detenti¬on is lawful, proportionate and necessary following an individualized review procedure with the possibility of appeal.

  • Urging the Head of the Asylum Department to take immediate steps to provide those detained in the centre with the opportunity to seek asylum, and to ensure their claims are fairly and individually assessed.

Sachlage

Die meisten von ihnen, darunter ganze Familien, sind wegen des bewaffneten Konflikts in Syrien auf der Flucht und befinden sich in Gewahrsam, damit die Behörden ihre Identität feststellen und sie in Strafverfahren gegen Schleuserbanden als Zeug_innen einsetzen können. In einigen Fällen werden sie monatelang, manchmal für mehr als sechs Monate, willkürlich festgehalten, ohne die Möglichkeit, ihre Inhaftierung vor Gericht anzufechten.

Amnesty International hat von Betroffenen und aus anderen Quellen Berichte über die unmenschlichen und erniedrigenden Haftbedingungen in "Gazi Baba" erhalten. Offiziell kann das Aufnahmezentrum 120 bis 150 Personen beherbergen. Laut einem Mitarbeiter des Innenministeriums befinden sich normalerweise etwa 200 Personen in der baufälligen Einrichtung in Gewahrsam. Anderen Quellen zufolge waren zeitweise bis zu 350 Personen in dem Zentrum inhaftiert. Trotz wiederholter Anfragen wird Amnesty International der Zugang zu der Einrichtung verweigert.

Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge, Fotografien und Informationen internationaler Organisationen bestätigen, dass die Haftbedingungen in der überfüllten Aufnahmeeinrichtung vollkommen unangemessen sind. In einigen Fällen müssen Personen auf dem Boden schlafen und der Zugang zu angemessenen sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung ist stark eingeschränkt. Lange Haftzeiten unter derartigen Bedingungen kommen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleich. Die automatische Inhaftierung von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migrant_innen ist rechtswidrig. Kinder, insbesondere unbegleitete Kinder, sollten unter keinen Umständen ausschließlich aufgrund ihres Migrantenstatus inhaftiert werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Auch das Amt der mazedonischen Ombudsperson hat sich nach seinen Besuchen in "Gazi Baba" angesichts der Dauer der Inhaftierung und der Haftbedingungen im Aufnahmezentrum sowie angesichts der Inhaftierung von Kindern, Schwangeren und stillenden Frauen besorgt gezeigt. Am 18. Dezember 2014, dem Internationalen Tag der Migranten, erinnerte die Ombudsperson an internationale Standards, denen zufolge die Inhaftierung von Kindern rechtswidrig ist, und rief dazu auf, angemessene Sozialleistungen, medizinische Versorgung und psychologische Betreuung für sie bereitzustellen.

Im Oktober 2014 besuchte das Komitee des Europarats zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe das Zentrum. Die Veröffentlichung des Berichts erfordert jedoch die vorherige Zustimmung Mazedoniens.
Jede Person hat das Recht auf Freiheit, so auch alle Migrant_innen und Asylsuchenden ungeachtet ihres Migrantenstatus. Dies schließt auch den Schutz vor willkürlicher Festnahme und Inhaftierung mit ein. Es sollte gesetzlich festgelegt werden, dass eine Inhaftierung erst nach der Ausschöpfung anderer Maßnahmen erfolgt. Gemäß internationalem Recht darf einer Person ihre Freiheit nur aus gesetzlichen Gründen und in Übereinstimmung mit gesetzlich festgelegten Verfahren entzogen werden. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat festgestellt, dass die Festnahme und Inhaftierung von Arbeitsmigrant_innen und ihren Familienangehörigen, darunter auch Personen ohne regulären Aufenthaltsstatus, nur dann nicht willkürlich sind, wenn (a) sievgesetzlich vorgeschrieben sind und (b) unter den speziellen Umständen notwendig sind (c) in angemessenem Verhältnis zu einem legitimen Zweck stehen.

Entscheidungen, die das Recht auf Freiheit von Migrant_innen, Flüchtlingen und Asylsuchenden einschränken, dürfen nur auf der Grundlage einer detaillierten und individuellen Bewertung getroffen werden, welche die persönliche Vergangenheit der betroffenen Person und, falls zutreffend, die Fluchtgefahr berücksichtigt. Ein solches Gutachten sollte die Notwendigkeit und Angemessenheit einer Einschränkung der Freiheit prüfen, einschließlich der Frage, ob sie in angemessenem Verhältnis zu dem angestrebten Ziel steht. Des Weiteren sollte die Entscheidung der betroffenen Person in einer Sprache, die sie versteht, mitgeteilt und begründet werden. Amnesty International ist nicht bekannt, dass diese Erwägungen und Schutzmaßnahmen im Falle der Häftlinge in "Gazi Baba" beachtet worden wären.

Im Januar 2015 besuchten Vertreter_innen von Amnesty International Skopje, doch ihnen wurde der Zugang zum Aufnahmezentrum verweigert. Den Vertreter_innen von Amnesty International wurde der Besuch des Zentrums für Asylsuchende in Vizbegovo im Randgebiet der Hauptstadt gestattet. In dieser Einrichtung, die bis zu 150 Personen aufnehmen kann, waren nur circa 30 Asylsuchende untergebracht.