Haft wegen Online-Bücherei

Diese Urgent Action ist beendet.

Lee Jin-young

Lee Jin-young

Lee Jin-young ist wegen der Verbreitung von Material im Internet, das die südkoreanischen Behörden als "vorteilhaft" für Nordkorea betrachten, festgenommen worden. Er wurde am 5. Januar 2017 inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft muss ihn bis zum 4. Februar entweder anklagen oder freilassen.

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOREA
S. E. Herrn Kyung Soo Lee
Stülerstraße 8/10
10787 Berlin
Fax: 030-2 60 65 51
E-Mail: koremb-ge@mofa.go.kr

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Koreanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. Februar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Lee Jin-young umgehend und bedingungslos frei, sollte er sich nur aufgrund der Ausübung seines Rechts auf Meinungsfreiheit in Haft befinden.

  • Stellen Sie bitte den willkürlichen Gebrauch des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit ein. Nehmen Sie grundlegende Änderungen daran vor oder schaffen Sie es ganz ab und stellen Sie sicher, dass Südkorea seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt, die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu wahren und zu schützen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Immediately and unconditionally release Lee Jin-young if he is being detained solely for exercising his right to freedom of expression.

  • Stop the arbitrary use of, and fundamentally amend or abolish, the National Security Law and ensure that South Korea meets its international obligations to respect, protect and fulfil the rights to freedom of expression, opinion, peaceful assembly and association.

Sachlage

Lee Jin-young besitzt eine Online-Bücherei namens "Labour Books" und wurde am 5. Januar festgenommen und inhaftiert. Er wird beschuldigt, mit der Verbreitung von Material, das mutmaßlich "regierungsfeindlichen Organisationen" zugute kommt, gegen das Gesetz zur Nationalen Sicherheit verstoßen zu haben. Ein Gericht hat die Fortführung seiner Untersuchungshaft mit der Begründung bestätigt, er könnte "flüchten oder Beweismaterial zerstören", dennoch muss die Staatsanwaltschaft ihn innerhalb von 30 Tagen nach der Inhaftierung anklagen.

Während Lee Jin-youngs Festnahme beschlagnahmte die Polizei über 100 Bücher, zehn akademische Veröffentlichungen, eine Festplatte und andere elektronische Datenträger mit Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen das Gesetz zur Nationalen Sicherheit. Dieses Gesetz wird mit Regelmäßigkeit von den südkoreanischen Behörden dazu benutzt, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigung zu untergraben. Die beschlagnahmten Titel wurden als Unterstützung einer "regierungsfeindlichen Organisation", sprich Nordkorea, angesehen, viele von ihnen sind jedoch problemlos in öffentlichen Büchereien und Buchhandlungen erhältlich.

Lee Jin-young ist bereits in den 1980ern und 1990ern jeweils gemäß dem Gesetz zur Nationalen Sicherheit verurteilt worden, weil er während der Demokratisierungsbewegung Studiengruppen zu politischer Philosophie organisierte. 2010 wurde ihm als Bahnmitarbeiter gekündigt und er musste eine Geldstrafe bezahlen, weil er einen Streik angeführt hatte. 2016 nahm er an einem 74 Tage dauernden Streik teil. Lee Jin-young könnten bis zu sieben Jahre Haft drohen, wenn er des Verstoßes gegen das Gesetz zur Nationalen Sicherheit für schuldig befunden wird.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Lee Jin-young wurde wegen des Verstoßens gegen Paragraf 7 des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit festgenommen und inhaftiert. Das vage formulierte Gesetz wird häufig von den südkoreanischen Behörden benutzt, um Menschen zu inhaftieren, die keine Bedrohung der Sicherheit darstellen. Untersuchungen, Inhaftierungen und Strafverfolgung nach dem Gesetz zur Nationalen Sicherheit werden als eine Form der Zensur benutzt, um Menschen einzuschüchtern und ins Gefängnis zu stecken, die ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen. Dazu zählen auch Personen, die Material publizieren und verbreiten, dass als "vorteilhaft" für Nordkorea angesehen wird. Diese Untersuchungen, Inhaftierungen und Strafverfolgung führen zu Verletzungen der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, insbesondere von Menschen, die der Politik der südkoreanischen Regierung mutmaßlich kritisch gegenüberstehen.

Paragraf 7 des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit sieht eine Bestrafung derjenigen vor, die "Dokumente oder Zeichnungen oder andere Medien herstellen, importieren, reproduzieren, besitzen, mit sich führen, verbreiten, verkaufen oder kaufen" und dabei die Absicht verfolgen, "Aktivitäten einer regierungsfeindlichen Organisation gutzuheißen, zu unterstützen oder zu bewerben". Mit "regierungsfeindlicher Organisation" ist normalerweise die Regierung von Nordkorea gemeint. Die Begriffe "gutheißen" und "unterstützen" sind im Gesetz nicht klar definiert. Der Paragraf wird willkürlich gegen Organisationen und Einzelpersonen benutzt, die in bestimmten Fragen anderer Meinung sind als die Regierung, zum Beispiel im Hinblick auf Nordkorea. Personen, die Fragen zu Nordkorea in sozialen Medien oder offline diskutieren, sich dazu treffen oder auch nur nordkoreanische Lieder singen, laufen Gefahr, strafrechtlich verfolgt zu werden.

Amnesty International erkennt an, dass jede Regierung das Recht und die Pflicht hat, ihre Bürger_innen zu schützen, und dass einige Länder besondere Sicherheitsbelange haben, die sich von denen anderer Länder unterscheiden. Südkorea hat in Hinblick auf Nordkorea besondere Sicherheitsbelange. Diese sollten jedoch nicht dazu eingesetzt werden, Menschen das Recht auf den Ausdruck einer abweichenden politischen Meinung und die Ausübung ihrer Menschenrechte zu verweigern, dazu gehört auch das Recht auf Meinungsfreiheit wie im Völkerrecht und internationalen Abkommen wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantiert.

Amnesty International und andere nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen haben die südkoreanische Regierung aufgefordert, das Gesetz zur Nationalen Sicherheit abzuschaffen oder umfassend abzuändern, sodass es internationalen Menschenrechtsnormen und -standards entspricht.