Aktivist in Einzelhaft

Diese Urgent Action ist beendet.

Lee Jin-young 2016

Lee Jin-young 2016

Lee Jin-young wird in Einzelhaft gehalten, nachdem er offiziell gemäß dem Gesetz zur Nationalen Sicherheit wegen der Verbreitung von Materialien im Internet, welche die südkoreanischen Behörden als "zum Vorteil" von Nordkorea ansehen, angeklagt wurde. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm bis zu sieben Jahre Haft.

Appell an

LEITENDER INSPEKTOR DES HAFTZENTRUMS SEOUL NAMBU Park Byeong-yong 865 Geum-o Ro (Cheon-wang dong) Guro-gu, Seoul REPUBLIK KOREA (Anrede: Dear Chief Inspector / Sehr geehrter Herr Inspektor) Fax: (00 82) 2 2105 0220

JUSTIZMINISTER Kim Hyun-woong Gwanmun_ro 47, Gwacheon-si, Kyunggi-do Republic of Korea 13809 REPUBLIK KOREA (Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister) Fax: (00 82) 2 2110 0350 Twitter: @happymoj Facebook: www.facebook.com/mojkorea

PREMIERMINISTER Hwang Kyo-ahn Government Complex Sejong 261 Dasom-ro, Sejong-si, REPUBLIK KOREA (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) Twitter: @PrimeMinisterKR Facebook: www.facebook.com/PM0415HwangKyoahn

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOREA S. E. Herrn Kyung Soo Lee Stülerstraße 8/10, 10787 Berlin Fax: 030-2 60 65 51 E-Mail: koremb-ge@mofa.go.kr

 

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Koreanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. April 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE, TWITTER- UND FACEBOOK-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie die Anklagen gegen Lee Jin-young fallen und lassen Sie ihn umgehend und bedingungslos frei, da er nur aufgrund der friedlichen Ausübung seines Rechts auf Meinungsfreiheit strafverfolgt wird.

  • Beenden Sie unverzüglich Lee Jin-youngs Einzelhaft und gewährleisten Sie, dass er sinnvollen menschlichen Kontakt mit der Außenwelt unterhalten kann sowie angemessene medizinische Versorgung erhält.

  • Stellen Sie bitte den willkürlichen Gebrauch des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit ein. Nehmen Sie grundlegende Änderungen daran vor oder schaffen Sie es ganz ab und stellen Sie sicher, dass Südkorea seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt, die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu wahren und zu schützen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Immediately drop the charges and release Lee Jin-young as he is prosecuted solely for the peaceful exercise of his human right to freedom of expression.

  • Until he is released, immediately end the solitary confinement of Lee Jin-young, and ensure he is allowed meaningful human contact with the outside world as well as adequate medical care.

  • Stop the arbitrary use of, and fundamentally amend or abolish, the National Security Law and ensure that South Korea meets its international obligations to respect, protect and fulfil the rights to freedom of expression, opinion, peaceful assembly and association.

Sachlage

Lee Jin-young, Gewerkschaftsaktivist und Besitzer einer Online-Bücherei namens "Labour Books", wurde am 5. Januar festgenommen und inhaftiert. Am 3. Februar klagten ihn die Behörden wegen Verstoßes gegen Paragraf 7 des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit an. Er hatte schriftliche Materialen verteilt, die mutmaßlich "regierungsfeindlichen Organisationen" zugute kommen. Laut Angaben seiner Frau wird Lee Jin-young derzeit in Einzelhaft gehalten und darf täglich nur eine Stunde Sport betreiben und 10 Minuten Besuch erhalten. Dies gibt Anlass zur Sorge um seine geistige Gesundheit, da er an Panikattacken leidet, wie vor der Inhaftierung diagnostiziert wurde.

Bereits im Juli 2016 beschlagnahmte die Polizei bei einer Durchsuchung der Wohnung von Lee Jin-young am frühen Morgen über 100 Bücher, zehn akademische Veröffentlichungen, eine Festplatte und andere elektronische Datenträger. Er wurde durchsucht und schließlich wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Gesetz zur Nationalen Sicherheit festgenommen. Dieses Gesetz wird regelmäßig von den südkoreanischen Behörden dazu benutzt, die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit zu untergraben. Die beschlagnahmten Titel wurden als Unterstützung einer "regierungsfeindlichen Organisation", sprich Nordkorea, angesehen, viele von ihnen sind jedoch problemlos in öffentlichen Büchereien und Buchhandlungen erhältlich. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen ihm bis zu sieben Jahre Haft.

Lee Jin-young ist bereits in den 1980er- und 1990er-Jahren jeweils gemäß dem Gesetz zur Nationalen Sicherheit verurteilt worden, weil er während der Demokratisierungsbewegung Studiengruppen zu politischer Philosophie in Südkorea organisierte. Im Jahr 2016 nahm er an einem 74 Tage dauernden Streik teil, woraufhin er von der Arbeit suspendiert und festgenommen wurde.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Lee Jin-young wurde wegen des Verstoßens gegen Paragraf 7 des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit festgenommen und inhaftiert. Das vage formulierte Gesetz wird häufig von den südkoreanischen Behörden benutzt, um Menschen zu inhaftieren, die keine Bedrohung der Sicherheit darstellen. Untersuchungen, Inhaftierungen und Strafverfolgung nach dem Gesetz zur Nationalen Sicherheit werden als eine Form der Zensur benutzt, um Menschen einzuschüchtern und zu inhaftieren, die ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen. Dazu zählen auch Personen, die Material publizieren und verbreiten, das als "von Vorteil" für Nordkorea angesehen wird. Diese Untersuchungen, Inhaftierungen und Strafverfolgungen führen zu Verletzungen der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, insbesondere von Menschen, die der Politik der südkoreanischen Regierung mutmaßlich kritisch gegenüberstehen. Paragraf 7 des Gesetzes zur Nationalen Sicherheit sieht eine Bestrafung derjenigen vor, die "Dokumente oder Zeichnungen oder andere Medien herstellen, importieren, reproduzieren, besitzen, mit sich führen, verbreiten, verkaufen oder kaufen" und dabei die Absicht verfolgen, "Aktivitäten einer regierungsfeindlichen Organisation gutzuheißen, zu unterstützen oder zu bewerben". Mit "regierungsfeindlicher Organisation" ist normalerweise die Regierung von Nordkorea gemeint. Die Begriffe "gutheißen" und "unterstützen" sind im Gesetz nicht klar definiert. Der Paragraf wird willkürlich gegen Organisationen und Einzelpersonen benutzt, die in bestimmten Fragen anderer Meinung sind als die Regierung, zum Beispiel im Hinblick auf Nordkorea. Personen, die Fragen zu Nordkorea in sozialen Medien oder offline diskutieren, sich dazu treffen oder auch nur nordkoreanische Lieder singen, laufen Gefahr, strafrechtlich verfolgt zu werden.

Wenn Gefangene 22 oder mehr Stunden täglich ohne sinnvollen menschlichen Kontakt verbringen müssen, stellt dies laut der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen (Nelson-Mandel-Regeln) Einzelhaft dar. Einzelhaft darf gemäß internationalen Menschenrechtsgesetzen und -standards nur in Ausnahmefällen, über einen kurzen Zeitraum und unter gerichtlicher Kontrolle eingesetzt werden. Je nach Umständen kann Einzelhaft Folter und anderweitiger Misshandlung gleichkommen, insbesondere wenn sie länger andauert (mehr als 15 Tage) und wenn das Festhalten einer Person in Einzelhaft vor Beginn eines Gerichtsverfahrens dazu dient, Informationen oder ein Geständnis zu erhalten, und Schmerzen und Leid zu verursachen.

Amnesty International erkennt an, dass jede Regierung das Recht und die Pflicht hat, ihre Bürger_innen zu schützen, und dass einige Länder besondere Sicherheitsbelange haben, die sich von denen anderer Länder unterscheiden. Südkorea hat in Hinblick auf Nordkorea besondere Sicherheitsbelange. Diese sollten jedoch nicht dazu eingesetzt werden, Menschen das Recht auf den Ausdruck einer abweichenden politischen Meinung und die Ausübung ihrer Menschenrechte zu verweigern, dazu gehört auch das Recht auf Meinungsfreiheit, wie im Völkerrecht und in internationalen Abkommen wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantiert. Amnesty International und andere nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen haben die südkoreanische Regierung aufgefordert, das Gesetz zur Nationalen Sicherheit abzuschaffen oder umfassend abzuändern, sodass es internationalen Menschenrechtsnormen und -standards entspricht.