Familie von ermordetem Aktivisten weiter in Gefahr

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Die Familie des ermordeten Menschenrechtsverteidigers Roberto Carlos Pacheco bleibt weiterhin in Gefahr, weil die Behörden sie unzureichend schützen. Am 3. Oktober nahm die Polizei drei der fünf Personen fest, die für den Mord verantwortlich sein sollen. Kurz darauf ordnete das Gericht ihre Freilassung bis zur Gerichtsverhandlung an und verschob die Anhörung, in der die Dauer ihrer Untersuchungshaft festgelegt werden sollte. Die Verdächtigen erschienen nicht zu einer Gerichtsverhandlung am 12. Oktober und wurden seither nicht mehr gesehen.

Appell an

Zoraida Ávalos Rivera

Fiscalía de la Nación – Ministerio Público

Av. Abancay 5, Cercado de Lima

15001, Lima

PERU

 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Peru

S.E. Herrn Elmer Schialer

Taubenstraße 20

10117 Berlin


Fax: 030-20 64 10 77

E-Mail: info@embaperu.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, entsprechend internationalen Menschenrechtsstandards eine gründliche, unabhängige und unparteiische Ermittlung zu dem Mord an Roberto Carlos Pacheco einzuleiten. Untersuchen Sie bitte auch die mögliche Verbindung des Menschenrechtsaktivismus' von Demetrio und Roberto Carlos Pacheco mit dem Mord. Stellen Sie sowohl diejenigen, die der Planung des Mords verdächtigt werden, als auch diejenigen, die den Mord ausgeführt haben sollen, in fairen Verfahren vor Gericht. Gewähren Sie der Familie die für Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Menschenrechtsverteidiger_innen üblichen vollumfänglichen Schutzmaßnahmen. Die Maßnahmen sollen in Absprache mit der Familie und nach ihren Wünschen erfolgen.

Sachlage

Unbekannte erschossen am 10. September 2020 den Menschenrechtsverteidiger Roberto Carlos Pacheco. Er hatte schon seit 2012 Morddrohungen erhalten, weil er sich gegen den illegalen Bergbau im Tambopata-Reservat in der Region Madre de Dios im Amazonasgebiet einsetzte. Diese Morddrohungen wurden den Behörden gemeldet, aber nicht angemessen untersucht. Roberto Carlos Pacheco erhielt keine wirksamen Schutzmaßnahmen.

Seine Familie befürchtet, weiter in Gefahr sei, weil sie nur unzureichende Schutzmaßnahmen von den Behörden erhalten hat. Die Familienangehörigen sorgen sich besonders um Demetrio Pacheco, den Vater von Roberto Carlos Pacheco. Er ist Vizepräsident des Führungskomitees des Tambopata-Reservats.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Führungskomitee des Tambopata-Reservats kämpft seit 2011 dafür, dass der illegale Bergbau und dessen negative Auswirkungen auf die Natur gestoppt werden. 2012 begannen die Drohungen und Angriffe auf die Mitglieder des Komitees und andere Menschenrechtsverteidiger_innen in der Region.

Am 19. November 2015 wurde der Umweltaktivist Alfredo Ernesto Vracko Neuenschwander getötet. Er hatte mehrere Morddrohungen erhalten, nachdem er den illegalen Bergbau im Gebiet La Pampa in der Region Madre de Dios kritisiert hatte. Örtlichen Menschenrechtsorganisationen zufolge schreiten die Ermittlungen nicht weiter fort, obwohl die Familie von Alfredo Ernesto Vracko Neuenschwander die Verantwortlichen identifiziert haben soll.

Demetrio Pacheco teilte Amnesty International mit, dass sein Sohn Roberto Carlos Pacheco 2017 dreimal attackiert oder mit dem Tod bedroht wurde. Im März 2017 schlugen ihn Unbekannte zusammen und bedrohten ihn mit einer Schusswaffe sowie einem Messer. Im gleichen Monat bedrohten ihn Unbekannte, indem sie ihm eine Pistole in den Mund hielten. Sie zerstörten einige seiner persönlichen Gegenstände. Später im Jahr wurde eine Kugel auf seinem Esstisch platziert. Alle drei Drohungen wurden den Behörden gemeldet. Darauf folgten zahlreiche weitere schwerwiegende Vorfälle.

Roberto Carlos Pacheco wurde am 10. September 2020 erschossen. Sein Leichnam wurde in der Nähe der Gemeinde San Juan in der Region Madre de Dios gefunden.

Am 3. Oktober 2020 nahm die Polizei drei der fünf Personen fest, die für den Mord an Roberto Carlos Pacheco verantwortlich sein sollen. Zwischen dem 9. und dem 10. Oktober ordnete das Gericht ihre Freilassung bis zum Beginn des Gerichtverfahrens an und verschob die Anhörung, in der über ihre Untersuchungshaft entschieden werden sollte. Die Staatsanwaltschaft, die Polizei und die Familie von Roberto Carlos Pacheco kritisierten diese Entscheidung. Am 12. Oktober erschienen die Verdächtigen nicht zu einer geplanten Gerichtsanhörung, und die Behörden wissen nicht, wo sie sich derzeit aufhalten.

Am 11. Oktober 2020 veröffentlichte ein Medienkanal neue Beweise, die die Staatsanwaltschaft zusammengetragen hatte. Durch die Beweise konnten sowohl diejenigen, die unter Verdacht stehen, den Mord geplant zu haben, als auch diejenigen, die ihn ausgeführt haben sollen, identifiziert werden.

In den vergangenen Jahren war die Region Madre de Dios im peruanischen Amazonasgebiet ein Epizentrum für Sozial- und Umweltkonflikte. Die Konflikte basieren auf dem wachsenden illegalen Bergbau, den illegalen Rodungen und der Kontaminierung durch giftige Metalle. Im Januar 2020 traf sich Michel Forst, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter über die Lage von Menschenrechtsverteidiger_innen, mit Vertreter_innen des Führungskomitees des Tambopata-Reservats und äußerte öffentlich seine Besorgnis über ihre Situation.