Gewerkschaftsmitglieder angeklagt

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 2. Oktober wurde das Verfahren gegen fünf Aktivist_innen, die wegen "nicht genehmigter Versammlung" angeklagt waren, von einem Gericht in Ipoh eingestellt. Sie wurden entlastet, aber nicht freigesprochen. Die fünf waren angeklagt, weil sie im Juni 2020 an der friedlichen Protestveranstaltung einer Gewerkschaft von Krankenhausreinigungskräften gegen ein Reinigungsunternehmen teilgenommen hatten. Der Protest richtete sich gegen die unfaire Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern und die unzureichende Versorgung mit Schutzausrüstung für Reinigungskräfte im Krankenhaus.

Polizei und Bersih 2.0 Protestanten stehen sich bei einer Demonstration am 09.Juli 2011 gegenüber

Demonstration der Organisation "Bersih 2.0" in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur am 9. Juli 2011

Am 2. Juni 2020 löste die malaysische Polizei eine friedliche Protestveranstaltung von Krankenhausreinigungskräften auf, die die unfaire Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern und eine unzureichende Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung anprangerten. Fünf Protestierende wurden inhaftiert und wegen "nicht genehmigter Versammlung" angeklagt, was gegen ihre Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit verstößt. Die nächste gerichtliche Anhörung findet am 9. Juli statt.

Appell an

Innenminister

Dato’ Seri Hamzah Zainudin

Kementerian Pertanian dan Industri Makanan, Aras 17

Wisma Tani, No.28, Persiaran Perdana, Presint 4

62624 Putrajaya

MALAYSIA

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT VON MALAYSIA

I. E. Frau Sarah Nava Rani

Klingelhöferstr. 6

10785 Berlin


Fax: 030-88 57 49 50

E-Mail: mwberlin@kln.gov.my oder info@malemb.de oder
consular@malemb.de

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie alle Anklagen gegen M. Sarasvathy, L. Danaletchumy V. Santhiran, P. Jothi und C Subramaniam Raja fallen, da die Anklagen entweder dem Völkerrecht widersprechen oder Strafen nach sich ziehen, die für die Betroffenen unverhältnismäßig sind.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass alle Krankenhausarbeiter_innen angemessen mit der nötigen persönlichen Schutzausrüstung versorgt werden und dass sie Informationen, Training und psychosoziale Unterstützung erhalten.
  • Untersuchen Sie die Vorwürfe gegen das Subunternehmen und sorgen Sie dafür, dass die Arbeitsrechte geschützt und umgesetzt werden.

Sachlage

Am 2. Juni nahmen M. Sarasvathy, L. Danaletchumy V. Santhiran, P. Jothi und C Subramaniam Raja an einer friedlichen Protestveranstaltung vor dem Raja-Permaisuri-Bainun-Krankenhaus in Ipoh teil, woraufhin sie festgenommen, inhaftiert und angeklagt wurden. Die Teilnehmenden machten auf schlechte Arbeitsbedingungen für Angestellte eines Subunternehmens aufmerksam, das Reinigungskräfte für das Krankenhaus bereitstellt. Bei den angeprangerten Missständen handelt es sich um: unzureichende Versorgung mit der für COVID-19 benötigten Schutzausrüstung, Einschüchterung von Gewerkschaftsmitgliedern, Aufhebung eines mit einem früheren Subunternehmer ausgehandelten Tarifvertrags, Verweigerung einer jährlichen Lohnerhöhung sowie mangelnde bezahlte Kranken- und Urlaubszeit. Das Unternehmen streitet die Anschuldigungen ab.

M. Sarasvathy, L. Danaletchumy V. Santhiran, P. Jothi und C Subramaniam Raja wurden festgenommen und über Nacht in Gewahrsam gehalten. Vor Gericht erschienen sie mit Ketten gefesselt, was eine Form der unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung darstellt, die Folter gleichkommen könnte. Den fünf Protestierenden droht eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten bzw. eine Geldstrafe von jeweils bis zu 1.000 Malaysischen Ringgit (gut 200 Euro) – oder beides. Ihnen wird vorgeworfen, wegen der Teilnahme an einer Massenveranstaltung gegen das neue Gesetz zur Verhinderung und Kontrolle von Infektionskrankheiten (Prevention and Control of Infectious Diseases [Measures within the Infected Local Areas] Regulations 2020) verstoßen zu haben. Sie sollen am 9. Juli das nächste Mal vor Gericht erscheinen. Amnesty International fordert die Regierung auf, keine Gefängnisstrafen wegen Verstößen gegen Auflagen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu verhängen, da dies angesichts der hohen Ansteckungsrate in Gefängnissen eine unverhältnismäßige Maßnahme darstellt. Mit der Anklage geht zudem potenziell eine Geldstrafe einher, die sich auf die Betroffenen – die eben erst gegen schlechte Bezahlung durch ihr Unternehmen protestiert hatten – unverhältnismäßig stark auswirken könnte.

Die COVID-19-Krise darf nicht als Vorwand genutzt werden, um die Rechte auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit auf unnötige und unverhältnismäßige Weise einzuschränken. Beschäftigte des Gesundheitswesens sind das Rückgrat der Gesellschaft, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, wo sie trotz aller Risiken weiterhin wichtige Dienstleistungen bereitstellen. Die Regierung sollte die Rechte von Krankenhausarbeiter_innen schützen anstatt diese Menschen strafrechtlich zu verfolgen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Reinigungskräfte in malaysischen Krankenhäusern sind bei privaten Subunternehmen angestellt, die wiederum von einer mit staatlichen Geldern ausgestatteten Agentur mit der Bereitstellung von Arbeitskräften betraut werden. Als Vertragsarbeiter_innen erhalten Reinigungskräfte oft nur den Mindestlohn von 1.100 Malaysischen Ringgit (rund 227 Euro) und haben keinen Anspruch auf jährliche Gehaltserhöhungen und andere Leistungen wie z. B. eine Festanstellung, 15 bezahlte Feiertage, Jahresurlaub, Zuschüsse oder Entschädigung bei Personalkürzungen.

Im Jahr 2016 brachte eine Gruppe Krankenhausreinigungskräfte im Norden des Landes die Gewerkschaft für Krankenhausarbeiter_innen NUWHSAS zurück an den Verhandlungstisch, um einen Tarifvertrag auszuhandeln, der 43 Forderungen enthielt, darunter auch höhere Einstiegsgehälter und eine jährliche Gehaltserhöhung. NUWHSAS berichtet, im Oktober 2019 einen neuen Tarifvertrag mit 38 Forderungen abgeschlossen zu haben, in dem die Arbeitsbedingungen für vertragliche Reinigungskräfte festgelegt waren. Doch bevor der Vertrag im Januar 2020 in Kraft treten konnte, wurde ein anderes Subunternehmen mit der Bereitstellung von Reinigungskräften betraut. Das Unternehmen ist börsennotiert, steht der Regierung nahe und befindet sich im Besitz des malaysischen Staatsfonds. Medienberichten zufolge weigert sich dieses Unternehmen, die Gewerkschaft anzuerkennen, was den Tarifvertrag ungültig macht. Das Unternehmen hat sich bisher lediglich dahingehend geäußert, dass derzeit ein Arbeitskonflikt unter dem Gesetz über Arbeitsbeziehungen (Paragraf 18) geführt wird. Die entsprechenden Gerichtsverfahren sind jedoch aufgrund der COVID-19-Pandemie vertagt worden.