Sieben Hinrichtungen vollstreckt, weitere drohen

Diese Urgent Action ist beendet.

Nach den Hinrichtungen der sieben Mitglieder der Sekte Aum Shinrikyo zu Beginn des Monats wurden nun die sechs verbleibenden Männer, die im selben Fall zum Tode verurteilt worden waren, am 26. Juli 2018 gehängt. In Japan waren zuletzt im Jahr 2008 mehr als zehn Menschen innerhalb eines Jahres hingerichtet worden. Es ist zudem äußerst ungewöhnlich, dass Japan zwei Gruppenhinrichtungen in einem Monat durchführt.

Zeichnung eines Strangs zum Erhängen

Sieben Mitglieder der Sekte Aum Shinrikyo wurden am 6. Juli ohne vorherige Ankündigung hingerichtet. Den sechs anderen in diesem Fall zum Tode verurteilten Männer droht weiterhin die Hinrichtung. Japan setzt damit seinen Verstoß gegen das Völkerrecht fort, Personen, deren Rechtsmittel oder andere Verfahren noch anhängig sind, hinzurichten.

Appell an

Yoko Kamikawa

Ministry of Justice

1-1-1 Kasumigaseki Chiyoda-ku

Tokyo, 100-8977

JAPAN

Sende eine Kopie an

Botschaft von Japan

S.E. Herr Takeshi Yagi

Hiroshimastraße 6

10785 Berlin

Fax: 030-2109 4222

E-Mail: info@bo.mofa.go.jp

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie weder die sechs verbleibenden Mitglieder der Sekte Aum Shinrikyo noch andere Gefangene hinrichten und wandeln Sie alle Todesurteile um.
  • Ich bitte Sie nachdrücklich, als ersten Schritt hin zur Abschaffung der Todesstrafe, ein sofortiges Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe zu verhängen und eine landesweite informierte Diskussion zu dieser Art der Bestrafung anzuregen.
  • Beenden Sie bitte die Geheimhaltung rund um die Anwendung der Todesstrafe in Japan und setzen Sie die Familien und Rechtsbeistände der Betroffenen sowie die Öffentlichkeit von bevorstehenden Hinrichtungen in Kenntnis.

Sachlage

Die japanische Justizministerin gab am 6. Juli 2018 ohne vorherige Ankündigung des Hinrichtungstermins bekannt, dass die Gefängnisbehörden die Hinrichtungen von sieben der 13 Angehörigen der Sekte Aum Shinrikyo an diesem Morgen durchgeführt haben. Die 13 Männer wurden in getrennten Verfahren zwischen 2006 und 2011 für schuldig befunden, 1995 einen Giftgasanschlag auf die U-Bahn in Tokio vorbereitet und verübt sowie weitere Straftaten begangen zu haben. Chizuo Matsumoto, Masami Tsuchiya und Seiichi Endo wurden in der Haftanstalt Tokio gehängt, Kiyohide Hayakawa in der Haftanstalt Fukuoka, Yoshihiro Inoue und Tomomitsu Niimi in der Haftanstalt Osaka und Tomomasa Nakagawa in der Haftanstalt Hiroshima. Die Hinrichtung von sieben Männern an einem Tag ist beispiellos in der jüngeren Geschichte Japans.

Die verbleibenden sechs im Zusammenhang mit diesem Anschlag zum Tode verurteilten Männer sind nach wie vor unmittelbar von der Hinrichtung bedroht. Satoru Hashimoto, Kenichi Hirose und Toru Toyota sollen sich im Todestrakt der Haftanstalt Tokio befinden, während Yasuo Hayashi, Masato Yokoyama und Kazuaki Miyamae unter den Gefangenen waren, die im März 2018 landesweit auf andere Haftanstalten verteilt wurden. Ihre Verfahren wurden zwar vor vielen Jahren abgeschlossen, doch bis jetzt wurde niemand gemäß Paragraf 475 der Strafprozessordnung hingerichtet, da die Verfahren gegen weitere Mitangeklagte erst im Januar 2018 abgeschlossen wurden.

Ihren Rechtsbeiständen zufolge haben einige der 13 Männer eine Neuverhandlung beantragt. Einige derjenigen, die hingerichtet wurden oder denen die Hinrichtung droht, haben Rechtsmittel gegen die Durchführung eingelegt, deren Entscheidung noch anhängig ist. Die Hinrichtung von Personen, deren Rechtsmittel oder andere Verfahren noch anhängig sind, verstößt gegen die UN-Garantien zum Schutz der Rechte von Personen, denen die Todesstrafe droht. Darüberhinaus sieht Paragraf 457 (2) der japanischen Strafprozessordnung vor, dass diejenigen, die einen Antrag auf Wiederherstellung des Rechts auf Rechtsmittel gestellt haben, nicht in der vom Gesetz festgelegten Zeitspanne hingerichtet werden dürfen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Hinrichtung von sieben Personen an einem Tag, wie es am 6. Juli 2018 geschehen ist, ist für Japan beispiellos. Amnesty International hat in den letzten dreißig Jahren maximal vier Hinrichtungen an einem Tag dokumentiert. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat Japan jedes Jahr zwischen ein und 15 Todesurteile vollstreckt – mit Ausnahme von 2011, als niemand hingerichtet wurde

Zwischen 1999 und 2016 wurde keine Person hingerichtet, die ein Neuverfahren beantragt hatte. Im letzten Jahr wurden jedoch drei Gefangene hingerichtet, deren Antrag auf ein Neuverfahren vor den Gerichten noch anhängig war. Sowohl die aktuelle Justizministerin Yoko Kamikawa als auch der ehemalige Justizminister Katsutochi Kaneda, die 2017 Hinrichtungsanordnungen unterzeichneten, sagten, dass sie nicht der Meinung sind, dass Menschen, die Neuverfahren anstreben von der Hinrichtung verschont bleiben sollten. Angeklagte in Japan müssen innerhalb von 14 Tagen nach der Festlegung des Strafmaßes entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlegen. Legen sie innerhalb dieses Zeitraums keine Rechtsmittel ein, beginnt die Verbüßung der Strafe umgehend. In Paragraf 475 (2) der japanischen Strafprozessordnung heißt es dazu: "Die Anordnung, die in dem vorherigen Paragrafen festgelegt ist, wird innerhalb von sechs Monaten, nachdem das Urteil endgültig und rechtskräftig wird, vollstreckt; vorausgesetzt dass – wenn ein Antrag auf Wiederherstellung des Rechts auf Rechtsmittel oder ein Antrag auf ein Neuverfahren, ein außergewöhnliches Rechtsmittel oder eine Bitte oder ein Antrag auf Begnadigung gestellt wird – die Zeitspanne bis zum Abschluss dieser Verfahren nicht in diesen Zeitraum eingeschlossen werden. Auch die Zeit vor dem endgültigen und rechtskräftigen Urteil für Mitangeklagte darf nicht auf diesen Zeitraum angerechnet werden."

Geheime Hinrichtungen verstoßen gegen das Völkerrecht und internationale Standards für die Anwendung der Todesstrafe. Verschiedene Gremien und Expert_innen der Vereinten Nationen haben dies und das Fehlen weiterer angemessener rechtlicher Schutzmaßnahmen, wie die obligatorische Möglichkeit zur Einlegung von Rechtsmitteln für die in Japan zum Tode verurteilten, wiederholt kritisiert.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld oder anderer Eigenschaften der Person oder der Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das Recht auf Leben und ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Bis heute haben 106 Länder die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft und 142 Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. Japan gehört zu einer schrumpfenden Minderheit von Staaten, die an dieser grausamen Praxis festhalten.