Israel/OPT: Palästinenser in Haft gestorben

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 7. April starb der todkranke Palästinenser Walid Daqqah in israelischer Haft, nachdem er sich 38 Jahre im Gefängnis befunden hatte. Er starb an den Folgen systematischer medizinischer Vernachlässigung sowie Folter und anderer Misshandlungen. Seine Leiche wird von den israelischen Behörden zurückgehalten. Am 16. April reichte die Menschenrechtsorganisation Adalah im Namen der Familie von Walid Daqqah einen Antrag beim Obersten Gerichtshof Israels ein, um die sofortige Freigabe seines Leichnams für die Bestattung zu erwirken. Das Gericht hat noch keine Entscheidung getroffen.

Das Bild zeigt viele Menschen mit Protestplakaten

Protestaktion in der palästinensischen Stadt Ramallah im Westjordanland für die Freilassung des lebensgefährlich erkrankten Palästinensers Walid Daqqah, der seit 1986 in Israel inhaftiert ist (Archivaufnahme vom Juni 2023).

Sachlage

Walid Daqqah war ein palästinensischer Staatsbürger Israels. Er war Schriftsteller und Vater einer vierjährigen Tochter. Am 25. März 1986 nahmen die israelischen Streitkräfte den damals 24-jährigen Walid Daqqah fest. Im März 1987 verurteilte ihn ein israelisches Militärgericht zu lebenslanger Haft. Es befand ihn für schuldig, eine der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) nahestehende Gruppe befehligt zu haben, die 1984 den israelischen Soldaten Moshe Tamam entführt und getötet hatte. Walid Daqqah wurde nicht verurteilt, weil er den Mord selbst begangen hatte, sondern weil er die Gruppe befehligte, und seine Verurteilung stützte sich nicht auf das israelische Strafrecht, sondern auf die britischen Notstandsgesetze aus dem Jahr 1945, die für eine Verurteilung ein wesentlich niedrigeres Beweismaß vorsehen. Es ist gut dokumentiert, dass israelische Militärgerichte das Recht auf ein faires Verfahren nicht gewährleisten. Darüber hinaus wurde Walid Daqqah während des Verhörs gefoltert und anderweitig misshandelt. 

Im Jahr 2012 wurde die lebenslange Haftstrafe von Walid Daqqah auf 37 Jahre verkürzt, nachdem der damalige Präsident Schimon Peres seinem Antrag auf Begrenzung der Haftstrafe stattgegeben hatte. Anfang 2018, fünf Jahre vor Ablauf seiner Haftstrafe, verurteilte ihn das Bezirksgericht Beersheba jedoch zu einer weiteren zweijährigen Haftstrafe, weil er versucht hatte, Mobiltelefone ins Gefängnis zu bringen, um Mitgefangenen zu helfen, mit ihren Familien in Kontakt zu treten.

Am 22. November 2023 wies der israelische Oberste Gerichtshof den Antrag von Walid Daqqah zurück, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts einlegen zu dürfen, ihm die vorzeitige Haftentlassung aus medizinischen Gründen zu verweigern. Damit waren alle Möglichkeiten ausgeschöpft, eine vorzeitige Freilassung auf gerichtlichem Weg zu erreichen.

Die israelischen Behörden weigern sich derzeit, den Leichnam von Walid Daqqah zur Bestattung freizugeben. Am 16. April 2024 reichte die Menschenrechtsorganisation Adalah im Namen der Familie von Walid Daqqah einen Antrag beim Obersten Gerichtshof Israels ein. Darin wird die sofortige Freigabe seines Leichnams gefordert und argumentiert, dass die Behörden die Leiche des Verstorbenen auf grausame und unmenschliche Weise zurückhalten und damit der Familie weiteres Leid zufügen. Das Gericht muss noch über den Antrag entscheiden. Amnesty International wird die Lage im Auge behalten und die Familie bei der Durchsetzung ihres Antrags sowie ihres Rechts, Walid Daqqah würdevoll zu bestatten, unterstützen.

Vielen Dank allen, die sich für Walid Daqqah eingesetzt haben.