Israel: Todkranken Gefangenen freilassen!

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 7. April starb der todkranke Palästinenser Walid Daqqah in israelischer Haft, nachdem er sich 38 Jahre im Gefängnis befunden hatte. Er starb an den Folgen systematischer medizinischer Vernachlässigung sowie Folter und anderer Misshandlungen. Seine Leiche wird von den israelischen Behörden zurückgehalten. Am 16. April reichte die Menschenrechtsorganisation Adalah im Namen der Familie von Walid Daqqah einen Antrag beim Obersten Gerichtshof Israels ein, um die sofortige Freigabe seines Leichnams für die Bestattung zu erwirken. Das Gericht hat noch keine Entscheidung getroffen.

Ein älterer Mann mit kurzen grauen Haaren lächelt und formt mit Zeige- und Mittelfinger ein "V", es ist Walid Daqqah.

Der Palästinenser Walid Daqqah war seit 1986 in Israel inhaftiert. Er verstarb am 7. April 2024 in Haft (Archivaufnahme).

Walid Daqqah ist lebensgefährlich an Knochenmarkkrebs erkrankt. Sein Gesundheitszustand hat sich durch die oft fehlende medizinische Versorgung im Gefängnis verschlechtert. Im März hatte er eine 37-jährige Haftstrafe verbüßt. Sie war wegen der Beteiligung an einer bewaffneten Gruppe, die 1984 einen israelischen Soldaten entführte und tötete, gegen ihn verhängt worden. Im Jahr 2018 verurteilte ihn ein israelisches Gericht zu einer weiteren zweijährigen Gefängnisstrafe bis März 2025. Dann wir er vielleicht nicht mehr leben. Am 7. August lehnte ein israelisches Bezirksgericht seinen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung aus medizinischen Gründen ab. Die israelischen Behörden müssen Walid Daqqah unverzüglich aus humanitären Gründen freilassen und es ihm ermöglichen, die verbleibende Lebenszeit mit seiner Familie zu verbringen.

Appell an

The President of the State of Israel
Mr. Isaac Herzog
3 Hanassi Street
Jerusalem 92188
ISRAEL

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Ron Prosor
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin
Fax: 030-8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de

 

Amnesty fordert:

Sachlage

  

Im Jahr 2022 wurde bei Walid Daqqah Myelofibrose, eine seltene Form von Knochenmarkkrebs, diagnostiziert, der sich durch die häufige medizinische Vernachlässigung im Gefängnis noch verschlimmerte. Gemäß zweier medizinischer Gutachten zu Walid Daqqahs Gesundheitszustand besteht unmittelbare Lebensgefahr und sein Gesundheitszustand ist äußerst kompliziert. Einem*r seiner Ärzt*innen zufolge "sind seine Tage gezählt und er ist in Lebensgefahr".

Walid Daqqah hat seine ursprüngliche Haftstrafe von 37 Jahren bereits abgesessen. Im Jahr 2018 verurteilte ihn das Bezirksgericht Beersheba jedoch zu einer weiteren zweijährigen Haftstrafe, weil er versucht hatte, Mobiltelefone ins Gefängnis zu bringen, um Mitgefangenen zu helfen, mit ihren Familien in Kontakt zu treten. Das bedeutet, dass er nicht vor März 2025 freigelassen wird, ein Datum, das er möglicherweise nicht mehr erleben wird, so dass er dazu verurteilt wäre, im Gefängnis zu sterben. Seine Anträge auf vorzeitige Freilassung aus medizinischen Gründen wurden abgelehnt. Eine Berufung vor dem Obersten Gerichtshof Israels ist die letzte rechtliche Möglichkeit, doch dafür reicht die Zeit vielleicht nicht mehr. Die Familie eines sterbenden Häftlings zu zwingen, einen entmutigenden juristischen und bürokratischen Kampf aufzunehmen, ist unnötig und grausam. Walid Daqqah sollte seine wenige verbleibende Zeit nicht hinter Gittern, sondern bei seiner Familie verbringen können.

  

Hintergrundinformation

Hintergrund

Walid Daqqah ist ein 62-jähriger palästinensischer Staatsbürger Israels. Er ist Schriftsteller und Vater einer dreijährigen Tochter. Am 25. März 1986 nahmen die israelischen Streitkräfte den damals 24-jährigen Walid Daqqah fest. Im März 1987 verurteilte ihn ein israelisches Militärgericht zu lebenslanger Haft. Es befand ihn für schuldig, eine der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) nahestehende Gruppe befehligt zu haben, die 1984 den israelischen Soldaten Moshe Tamam entführt und getötet hatte. Walid Daqqah wurde nicht verurteilt, weil er den Mord selbst begangen hatte, sondern weil er die Gruppe befehligte, und seine Verurteilung stützte sich nicht auf das israelische Strafrecht, sondern auf die britischen Notstandsgesetze aus dem Jahr 1945, die für eine Verurteilung ein wesentlich niedrigeres Beweismaß vorsehen. Es ist gut dokumentiert, dass israelische Militärgerichte das Recht auf ein faires Verfahren nicht gewährleisten. Darüber hinaus wurde Walid Daqqah während des Verhörs gefoltert und anderweitig misshandelt.

Im Jahr 2012 wurde die lebenslange Haftstrafe von Walid Daqqah auf 37 Jahre verkürzt, nachdem der damalige Präsident Schimon Peres seinem Antrag auf Begrenzung der Haftstrafe stattgegeben hatte. Anfang 2018, fünf Jahre vor Ablauf seiner Haftstrafe, wurde er jedoch in einem anderen Fall zu zwei weiteren Jahren Haft verurteilt.

Walid Daqqahs Gesundheitszustand verschlechterte sich im Laufe der Jahre aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung durch den israelischen Gefängnisdienst (IPS). Im Jahr 2020 traten gesundheitliche Probleme mit seinem Blut auf, und im Dezember 2022 wurde bei Walid Daqqah eine seltene Form von Knochenmarkkrebs diagnostiziert, die eine dringende Knochenmarktransplantation erforderlich macht. Im Februar 2023 erlitt Walid Daqqah einen Schlaganfall, wurde aber erst eineinhalb Wochen später in ein ziviles Krankenhaus verlegt. Die Verzögerung bei der Notfallbehandlung von Walid Daqqah führte zu einer Reihe weiterer Komplikationen wie Lungenentzündung, Nierenversagen und eine Verringerung der Blutzellen, so dass er sich einer Operation unterziehen musste, bei der der größte Teil seines rechten Lungenflügels entfernt wurde. Er wird derzeit in der Klinik des Ayalon-Gefängnisses (ehemals Ramleh-Gefängnisklinik) festgehalten, die laut einer von Amnesty International überprüften unabhängigen medizinischen Meinung nicht für seinen Gesundheitszustand ausgestattet ist.

Der Fall von Walid Daqqah ist ein Beispiel für die systematische Praxis der medizinischen Vernachlässigung durch den IPS und die israelischen Behörden, die in eklatanter Weise die internationalen Verpflichtungen Israels in Bezug auf die Achtung des Rechts auf Gesundheit der palästinensischen Gefangenen und die Versorgung von Kranken verletzen. Nach Angaben der palästinensischen Gefangenenrechtsorganisation Addameer belief sich die Zahl der kranken palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen im Jahr 2022 auf rund 600, darunter mehr als 200 Gefangene mit chronischen Krankheiten und 24 Gefangene, bei denen Krebs und andere schwere Krankheiten diagnostiziert wurden.