Brasilien: Oberster Gerichthof bestätigt Indigene Landrechte

Diese Urgent Action ist beendet.

Nach einem zweijährigen Verfahren hat das Oberste Gerichtshof Brasiliens am 27. September die Stichtagsregelung für verfassungswidrig erklärt und das ursprüngliche Recht der indigenen Bevölkerung auf die ausschließliche Nutzung ihrer angestammten Gebiete bestätigt. Am selben Tag verabschiedete der Bundessenat im Eilverfahren die Gesetzesvorlage 2.903/2023, mit der versucht wird, die Stichtagsregelung dennoch gesetzlich zu verankern. Wir wenden uns nun auf anderem Wege an Präsident Lula, und fordern die Ablehnung dieses neuen Gesetzentwurfs.

Das Bild zeigt mehrere Menschen mit einem Protestplakat

"Unsere Geschichte begann nicht erst 1988": Indigene demonstrieren in der brasilianische Hauptstadt Brasilia gegen die Verabschiedung eines diskriminierenden Gesetzes (5. Juni 2023).

Sachlage

Der neue Gesetzesentwurf liegt Staatspräsident Lula zurzeit zur Prüfung vor. Er kann jederzeit innerhalb der nächsten 15 Arbeitstage eine Entscheidung fällen. Aufgrund dieser Situation schließen wir die an Senatspräsident Rodrigo Pacheco gerichtete Eilaktion.

Zu den Bedrohungen zählen laut indigenen Organisationen die illegale Besetzung einiger indigener Gebiete. Der von der journalistischen Beobachtungsstelle De Olho nos Ruralistas erstellte Bericht "The Invaders" hat Landdaten des Nationalen Instituts für Besiedlung und Agrarreform (Incra) abgeglichen und zeigt, dass 1.692 landwirtschaftliche Betriebe auf indigenem Land liegen, das entspricht 1,18 Millionen Hektar. 95,5 % dieser Fläche befinden sich in Gebieten, die noch nicht demarkiert wurden. Im Nationalkongress vertretene brasilianische Politiker*innen besitzen zusammen rechtswidrig 96.000 Hektar Land auf indigenem Land.

Der Gesetzentwurf stellt eine Bedrohung für die Rechte der indigenen Bevölkerung dar, da er Folgendes vorsieht:

  • Die Eingrenzung des Rechts auf ihre angestammten Gebiete auf diejenigen indigenen Bevölkerungsgruppen, die sich am 5. Oktober 1988, dem Tag der Verkündung der Verfassung, dort aufhielten (Stichtagsregelung).
  • Die Genehmigung des Baus von Straßen, Dämmen und anderen Arbeiten auf indigenem Land ohne vorherige, freie und informierte Konsultation der betroffenen Bevölkerung.
  • Die Erlaubnis zum Sojaanbau, zur Viehzucht, zur Förderung des Bergbaus und Gewinnung von Mineralien in indigenen Gebieten.
  • Die Möglichkeit, die Prozesse der Demarkierung in Frage zu stellen, einschließlich der bereits demarkierten Indigenengebiete.
  • Die Anerkennung der Rechtmäßigkeit des Landbesitzes von Personen, die in der Vergangenheit auf indigenes Land vorgedrungen sind.
  • Lockerung des Kontaktverbots mit indigener Bevölkerung, die in freiwilliger Isolation lebt.
  • Neuformulierung verfassungsrechtlicher Konzepte der Indigenenpolitik, wie z. B. die Tradition der Besiedlung, die Ursprungsrechte und die ausschließliche Nutzung von Gebieten durch die indigene Bevölkerung.

Weitere Aktionen sind zurzeit nicht erforderlich. Vielen Dank allen, die Appellen geschrieben haben.