50 Aktivist_innen immer noch willkürlich in Haft

Zeichnung einer Figur hinter Gefängnisgittern

Am 27. Februar ordnete ein Gericht in Cabinda die Freilassung von 13 inhaftierten Protestierenden an und begründete dies damit, dass ihre Festnahme ohne Haftbefehl rechtswidrig gewesen sei. Gleichzeitig entschied das Gericht, 50 weitere inhaftierte Protestteilnehmer_innen im Gefängnis zu behalten.

Appell an

Minister für Justiz und Menschenrechte

Francisco Manuel Monteiro de Queiroz

Ministério da Justiça e dos Direitos Humanos

Rua 17 de Setembro

Luanda, ANGOLA

Sende eine Kopie an

Staatssekretärin für Menschen- und Bürgerrechte

Ana Celeste Cardoso Januário

Secretaria de Estado para os Direitos Humanos e Cidadania

Rua 17 de Setembro

Luanda, ANGOLA

E-Mail: anaceleste.januario@minjusdh.gov.ao

Botschaft der Republik Angola

S. E. Herrn Alberto Correia Neto

Wallstraße 58, 10179 Berlin

Fax: 030-2408 9712

E-Mail: botschaft@botschaftangola.de

 

Amnesty fordert:

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die Behörden die 50 inhaftierten Protestierenden umgehend und bedingungslos freilassen, da sie nur aufgrund der Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung in Haft sind.
  • Bitte gewährleisten Sie, dass die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung in vollem Umfang geachtet werden und dass Aktivist_innen in Cabinda ihre Ansichten ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen und rechtswidrigen Einschränkungen äußern können.

 

Sachlage

50 Personen, die in Angola wegen ihrer Teilnahme an einer friedlichen Protestveranstaltung willkürlich inhaftiert wurden, müssen weiterhin in Haft bleiben. Dies entschied ein Gericht in Cabinda am 27. Februar. Der Richter befand die Festnahme der Protestierenden auch ohne Haftbefehl für rechtmäßig, da sie während des Protests auf der Straße erfolgte. Eine Frau wird derzeit im Gefängnis von Yabi festgehalten und 49 Männer befinden sich im Zivilgefängnis der Provinz Cabinda.

Ihnen wird Folgendes vorgeworfen: "Bildung einer kriminellen Vereinigung" nach Paragraf 8 des Gesetzes 3/14, "Rebellion" nach Paragraf 21 des Gesetzes 23/10, "Verunglimpfung (ultraje) des Staates" nach Paragraf 25 des Gesetzes 23/10 und "Störung der öffentlichen Ordnung und Widerstand gegen die Staatsgewalt" nach den Paragrafen 185 und 186 des Strafgesetzbuchs.

Ebenfalls am 27. Februar ordnete dasselbe Gericht in Cabinda die Freilassung von 13 weiteren inhaftierten Aktivist_innen an und begründete dies damit, dass ihre Festnahme ohne Haftbefehl rechtswidrig gewesen sei, da sie bei den Betroffenen zuhause erfolgt sei.

Angolanische Sicherheitskräfte nahmen zwischen dem 28. Januar und 1. Februar insgesamt 62 Protestierende fest. Darunter befanden sich Aktivist_innen der Unabhängigkeitsbewegung Cabinda (Movimento Independista de Cabinda – MIC) sowie einige ihrer Familienangehörigen und Kolleg_innen. Die Festnahmen erfolgten in Verbindung mit einer friedlichen Protestveranstaltung am 1. Februar anlässlich des 134. Jahrestages der Unterzeichnung des Vertrags von Simulambuco. Am 12. Februar nahm die Polizei einen weiteren Aktivisten wegen seiner Beteiligung an dieser Protestveranstaltung fest.

Das repressive Vorgehen der Behörden gegen die friedlich Protestierenden in Cabinda untergräbt die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung in Angola.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Vertrag von Simulambuco wurde am 1. Februar 1885 unterzeichnet. Er gab Cabinda den Status eines Protektorats der Portugiesischen Krone. Als Angola 1975 unabhängig wurde, wurde Cabinda – ohne Möglichkeit der Mitbestimmung – zur angolanischen Exklave erklärt.

Am 7. Januar 2019 hatte der Sekretär der Unabhängigkeitsbewegung Cabinda (Movimento Independista de Cabinda – MIC) ein Schreiben an den Präsidenten der Republik Angola, João Manuel Gonçalves Lourenço, und Kopien davon an die Provinzregierung von Cabinda, das Polizeipräsidium der Provinz, die Generalstaatsanwaltschaft der Republik Angola sowie an angolanische Parteien und weitere Behörden gesandt, um sie über die für den 1. Februar geplante friedliche Protestveranstaltung zu informieren. Die MIC bat die angolanische Polizei, die Protestveranstaltung zu begleiten, um die Sicherheit der Demonstrierenden zu gewährleisten.

Cabinda liegt auf einem schmalen Stück Land zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der Republik Kongo. Die Exklave ist international als Teil von Angola anerkannt und fördert den größten Teil der Ölexporte des Landes. Seit mehr als 20 Jahren fordern separatistische Gruppen die Unabhängigkeit oder Autonomie von Angola. Versuche der Regierung, mit Vertreter_innen der cabindischen Separatist_innen zu verhandeln, waren bislang erfolglos.

Angolanische Sicherheitskräfte nahmen am 28. Januar acht MIC-Jugendaktivist_innen in ihren Wohnungen in der Provinz Cabinda fest. Dort bereiteten sie gerade Flugblätter für die friedliche Protestveranstaltung am 1. Februar vor.

Am folgenden Tag wurden 20 Personen, darunter Familienangehörige und Kolleg_innen der inhaftierten Jugendaktivist_innen, von der Polizei festgenommen, als sie vor dem Gebäude der Kriminalpolizei in Cabinda friedlich die Freilassung der acht Jugendaktivist_innen forderten. Am 1. Februar versammelten sich dann Protestierende auf den Straßen von Cabinda, um den 134. Jahrestag des Vertrags von Simulambuco zu feiern und die Unabhängigkeit Cabindas von Angola zu fordern. Sie forderten auch die Freilassung der zuvor Festgenommenen.

Amnesty International betrachtet darüber hinaus mit Sorge, dass die Polizei nach wie vor unverhältnismäßige Gewalt gegen Protestierende anwendet und Personen willkürlich festnimmt. Am 1. März bereiteten sich MIC-Aktivist_innen und Familienangehörige der 50 inhaftierten Protestierenden auf eine Demonstration auf dem Platz des 1. Mai in Cabinda vor, um die Freilassung der Inhaftierten zu fordern. Vor Beginn der Protestveranstaltung traf die Polizei am Veranstaltungsort ein und begann, die Anwesenden zu treten und zu schlagen. Elf Personen wurden festgenommen und einige Stunden später ohne Anklage wieder freigelassen. Sieben von ihnen mussten aufgrund der Misshandlungen durch die Polizei ins Krankenhaus und konnten erst tags darauf nach Hause zurückkehren.