Nach Zwangsräumung obdachlos

World Habitat Day in Cluj-Napoca Rumänien

World Habitat Day in Cluj-Napoca Rumänien

Etwa 100 Angehörige der Roma, die Hälfte von ihnen Kinder, wurden am 27. September in der Stadt Eforie Sud im Südwesten Rumäniens Opfer einer rechtswidrigen Zwangsräumung durch die lokalen Behörden. Bis heute sind die betroffenen Familien, unter denen sich Schwangere und Kranke befinden, obdachlos.

Appell an

BÜRGERMEISTER VON EFORIE SUD
Ion Ovidiu Brailoiu
Primarie Eforie, Strada Progresului nr. 1
Eforie Sud, RUMÄNIEN (korrekte Anrede: Dear Mayor /Sehr geehrter Herr Bürgermeister)
Fax: (00 40) 241 748 979
E-Mail: primar@primariaeforie.ro

MINISTERPRÄSIDENT
Victor Ponta, Guvernul Romaniei, Piata Victoriei nr. 1, Sector 1, Bucuresti, RUMÄNIEN (korrekte Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 40) 21 313 98 46
E-Mail: drp@gov.ro

Sende eine Kopie an

PRÄFEKT VON CONSTANTA
Eugen Bola
Institutia Prefectului – Bulevard Tomis nr. 51, Constanta, RUMÄNIEN (korrekte Anrede: Dear Prefect /Sehr geehrter Herr Präfekt)
Fax: (00 40) 241 617 245
E-Mail: cancelarie@prefecturaconstanta.ro

BOTSCHAFT VON RUMÄNIEN
S.E. Herrn Lazăr Comănescu
Dorotheenstraße 62 – 66, 10117 Berlin
Fax: 030-2123 9399
E-Mail: office@rumaenische-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Rumänisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Stellen Sie allen von der Zwangsräumung betroffenen Familien dringend eine angemessene Ersatzunterkunft mit Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen zur Verfügung.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Personen, deren Rechte durch die Zwangsräumung verletzt wurden, Zugang zu einer angemessenen Entschädigung für erlittene Verluste und Schäden erhalten.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Zwangsräumungen nur als letztes Mittel und in voller Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsstandards durchgeführt werden, einschließlich der angemessenen Konsultation der betroffenen Gemeinschaften, um alle möglichen Räumungsalternativen und Umsiedlungsoptionen zu untersuchen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Provide alternative adequate housing, including access to essential services for all families affected by the forced eviction as a matter of urgency.

  • Ensure that all individuals who have had their rights violated as a result of the forced eviction have access to adequate remedy for all the losses and harm suffered, including compensation.

  • Ensure that evictions are carried out only as a last resort and in full compliance with international human rights standards, including genuine consultation with the affected communities to identify all feasible alternatives to evictions and resettlement options.

Sachlage

Am 19. September wurden rund 100 Angehörige der Roma durch Räumungsbefehle aufgefordert, ihre Unterkünfte in der Agricola-Straße im rumänischen Eforie Sud bis zum 26. September zu verlassen, da diese für den Abriss durch die lokalen Behörden vorgesehen seien. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen haben einige der Familien bereits fast zwanzig Jahre in ihren Häusern gelebt. Die Häuser waren ohne Genehmigung gebaut worden, doch hatten die Behörden den Familien zum Teil ein gewisses Besitzrecht zugestanden. Einige der BewohnerInnen waren gemeldet und besaßen Ausweispapiere, in denen die Agricola-Straße als Adresse angegeben war. Zudem waren sie an die Strom- und Wasserversorgung angeschlossen.

Am 25. September reichten die Familien Klage gegen den Räumungsbefehl ein. Die Behörden hoben die Räumungen jedoch nicht bis zum Ausgang des Verfahrens auf, sondern ignorierten dieses vollständig. Am 27. September wurden die Häuser in Anwesenheit von Polizei, Gendarmerie und offiziellen VertreterInnen der Stadtverwaltung abgerissen. Der Räumung war keine Konsultation der betroffenen Familien vorausgegangen, um mögliche Alternativen zu erkunden, wie es das Völkerrecht und internationale Standards vorsehen. Einige Familien haben bei dem Abriss ihren Besitz verloren, bisher jedoch noch keinerlei Entschädigung für ihren Verlust oder den erlittenen Schaden erhalten. Darüber hinaus wurden ihnen auch keine angemessenen alternativen Unterkünfte zur Verfügung gestellt.

Durch die Räumung wurden die Familien, unter ihnen zahlreiche Kinder, Schwangere und Kranke, obdachlos. Am 30. September boten die lokalen Behörden etwa der Hälfte der Roma-Familien eine vorübergehende Unterkunft an. Diese befand sich jedoch in einem verfallenen Gebäude, das die Standards für angemessenen Wohnraum nicht erfüllt und keinen Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen wie Wasser bietet. Die übrigen Familien sind gezwungen, weiterhin ohne jeden Schutz und unter Bedingungen, die ernsthafte Risiken für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen darstellen, im Freien zu übernachten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International betrachtet die Räumungen angesichts des Fehlens angemessener Vorkehrungen zum Schutz der Menschenrechte und der daraus resultierenden Obdachlosigkeit als rechtswidrige Zwangsräumungen. Außerdem befürchtet Amnesty International, dass es sich hier erneut um einen Fall handelt, in dem Roma-Gemeinschaften Opfer von Zwangsräumungen durch lokale Behörden werden, die gegen internationale Menschenrechtsstandards verstoßen, denen Rumänien verpflichtet ist. Dies ist ein weiterer Vorfall in einer langen Reihe von rechtswidrigen Zwangsräumungen, die von Amnesty International und anderen Organisationen dokumentiert wurden. Sie zeigen die Folgen des Versagens der rumänischen Regierung, diese nach dem Völkerrecht verbotene Praxis zu verhindern und zu gewährleisten, dass alle Räumungen nur unter angemessenen Vorkehrungen durchgeführt werden.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil vom 24. April 2012 in einer wegweisenden Entscheidung erklärt, dass die Behörden gegen eine Gemeinschaft, die bereits seit einigen Jahren auf einem Grundstück wohnt, nicht in der gleichen Weise vorgehen darf "wie in Fällen routinemäßiger Räumung ... von rechtwidrig besetztem Eigentum". Vielmehr sind die Behörden verpflichtet darzulegen, dass eine Räumung in Bezug auf das angestrebte Ziel "verhältnismäßig" ist. Darüber hinaus müssen die Behörden der Gefahr Rechnung tragen, dass Menschen infolge einer Räumung obdachlos werden (Yordanova et al. gegen Bulgarien).

Rumänien hat sich darüber hinaus zur Einhaltung einer Reihe weiterer internationaler und regionaler Men-schenrechtsabkommen verpflichtet, welche rechtswidrige Zwangsräumungen untersagen und deren Verhinderung verlangen. Dazu zählen der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Kinderrechtskonvention und das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat in seinen Allgemeinen Bemerkungen Nr. 7 dargelegt, dass Räumungen lediglich als letzte Möglichkeit durchgeführt werden dürfen, wenn in angemessener Konsultation mit den betroffenen Gemeinschaften bereits alle anderen Alternativen ausgeschöpft wurden.

Selbst wenn eine Räumung als gerechtfertigt betrachtet wird, darf sie nur dann durchgeführt werden, wenn angemessene Verfahrensschutzmaßnahmen in Kraft sind und Entschädigung für alle erlittenen Verluste und angemessene alternative Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden.

Eine öffentliche Stellungnahme von Amnesty International zu diesem Fall finden Sie hier:
http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR39/018/2013/en