Umsiedlung von Roma-Familien erneut verschoben

Wohnung einer Roma-Familie in Belvil, 2010

Wohnung einer Roma-Familie in Belvil, 2010

Die Umsiedlung der 24 Roma-Familien der Siedlung Belvil in Belgrad ist ein weiteres Mal verschoben worden. Die Familien wurden nicht konsultiert und selbst wesentliche Informationen wurden ihnen nicht mitgeteilt.

Appell an

BÜRGERMEISTER DER STADT BELGRAD
Dr. Siniša Mali
Office of the Mayor
Dragoslava Jovanovića 2
11000 Belgrade
SERBIEN
(Anrede: Dear Mayor / Sehr geehrter Herr Bürgermeister)
E-Mail: gradonacelnik@beograd.gov.rs

Sende eine Kopie an

SOZIALMINISTERIN DER STADT BELGRAD
Ms. Jasmina Ivanović
Secretariat for Social Welfare

  1. marta 43 – 45
    11000 Belgrade
    SERBIEN
    E-Mail: jasmina.ivanovic@beograd.gov.rs

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SERBIEN
Herrn Miodrag Mišić
Taubertstraße 18
14193 Berlin
Fax: 030-825 2206
E-Mail: info@botschaft-serbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Serbisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Dezember 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die Umsiedlung der in Belvil lebenden Roma-Familien internationale Standards erfüllt. Dies schließt die UN-Grundsätze und Leitlinien zu Räumungen und Umsiedlungen im Rahmen von Entwicklungsprojekten ein sowie die Standards, die aus dem Umsiedlungsaktionsplan hervorgehen, der mit der EIB beschlossen wurde.

  • Angesichts des nahenden Winters besorgt es mich, dass die betroffenen Familien nicht über Übergangsregelungen informiert werden und noch immer unsicher sind, wie sie zukünftig wohnen werden.

  • Bitte versetzen Sie das Sozialministerium Belgrad durch angemessene personelle und finanzielle Mittel in die Lage, die Umsiedlung ordentlich durchzuführen, und beraumen Sie für die strategische Planung ein Treffen mit allen zuständigen Ministerien an. Bitte stellen Sie dringend sicher, dass die betroffenen Personen unmittelbar nach der Umsiedlung Rechtssicherheit genießen, was ihre Wohnverhältnisse angeht, und Zugang zu Schulen sowie Gesundheits- und Sozialleistungen und guten Beschäftigungsmöglichkeiten haben.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the City of Belgrade to ensure the upcoming resettlement of Roma families living at Belvil is in accordance with international standards, including the UN Basic Principles and Guidelines on development-based evictions and displacement and those which derive from the Resettlement Action Plan with the EIB.

  • Expressing concern that the affected families have not been informed about transitional arrangements and remain uncertain of their future as winter fast approaches.

  • Calling on the City of Belgrade to ensure that sufficient personnel and resources are committed to conduct the resettlement according to international standards and that affected families and individuals are provided with security of tenure, access to schools, health centres and social welfare immediately after resettlement, and that urgent measures are taken to provide resettled Roma with meaningful employment opportunities.

Sachlage

Der Termin der Umsiedlung der 24 Roma-Familien der Siedlung Belvil in Belgrad, der für Ende November angesetzt war, ist ein weiteres Mal verschoben worden. Laut dem neuen Zeitplan soll die Umsiedlung nun Mitte Dezember erfolgen. Den Familien waren neue Unterkunftsmöglichkeiten bis zum Herbst dieses Jahres versprochen worden. Sie wurden immer noch nicht angemessen konsultiert und auch nicht über konkrete Vorkehrungen bezüglich ihrer Umsiedlung, die alternativen Wohnunterkünfte oder anderweitige Maßnahmen informiert. Die übrigen Familien der Siedlung Belvil sollten ursprünglich im Januar 2015 auf ein anderes Gebiet umgesiedelt werden. Allerdings haben die Bauarbeiten für die Wohnunterkünfte dort noch nicht einmal begonnen. Ihre Umsiedlung wurde daher auf März oder April verschoben, weshalb sie einen weiteren Winter in unangemessenen Unterkünften verbringen müssen.

Als Expert_innen von Amnesty International für Serbien die Siedlung am 4. November besuchten, gaben die Familien an, sie seien immer noch über die von der Stadt Belgrad vorgenommenen Umsiedlungsmaßnahmen im Unklaren. Obwohl den Bewohner_innen im Rahmen eines Treffens mit der Stadt Belgrad am 30. Oktober die neuesten Verspätungen mitgeteilt wurden, fehlen den Familien weiterhin entscheidende Informationen; man informierte sie unter anderem auch nicht über den zeitlichen Ablauf der Umsiedlung.

Amnesty International traf sich auch mit dem Sozialministerium der Stadt Belgrad, dem die Umsetzung des Umsiedlungsaktionsplans (Resettlement Action Plan – RAP) obliegt, der gemeinsam von der Stadt Belgrad mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) beschlossen worden war. Das Sozialministerium versicherte, sich bereits nach Kräften zu bemühen, die mit der Umsiedlung verbunden Probleme zu lösen. Bisher wurden jedoch noch keine konkreten Maßnahmen eingeleitet. Sollten die nötigen Menschenrechtsstandards nicht eingehalten werden, könnte die Umsiedlung einer rechtswidrigen Zwangsräumung gleichkommen. Die Standards sehen unter anderem vor, dass die betroffenen Familien angemessen konsultiert und ausführlich informiert werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die 50 Roma-Familien sind die letzten in Belvil verbliebenen Familien, nachdem städtische Behörden im April 2012 in einem anderen Teil der Siedlung eine rechtswidrige Zwangsräumung durchgeführt hatten, in deren Folge über 250 Familien vertrieben wurden. Die 50 Familien durften so lange bleiben, bis dauerhafte Unterkünfte für sie zur Verfügung stehen. Auf dem Gebiet der Siedlung sollen Zufahrtsstraßen zu einer Brücke über die Save gebaut werden. Das Bauvorhaben wird unter anderem durch ein Darlehen der EIB finanziert. Im Rahmen des Umsiedlungsaktionsplans stellte die EIB für die Auszahlung des Darlehens die Bedingung, dass die Stadt bei den Umsiedlungsmaßnahmen internationale Standards erfüllen muss. Diese Standards sollen sicherstellen, dass die Umsiedlungsmaßnahme keine rechtswidrige Zwangsräumung darstellt und dass die Rechte der betroffenen Personen geschützt werden.

Die UN-Grundsätze und Leitlinien zu Räumungen und Umsiedlungen im Rahmen von Entwicklungsprojekten legen klare Verantwortlichkeiten für staatliche Behörden einschließlich ihrer ausführenden Organe und lokalen Dienststellen fest, also auch für die Stadtverwaltung von Belgrad. Hierzu zählt beispielsweise die Verpflichtung, während der Übergangsphase und auf dem neuen Gelände alle notwendigen Versorgungsleistungen sowie wirtschaftliche Möglichkeiten bereitzustellen. Zudem müssen die Betroffenen wirksam konsultiert und unterstützt werden, damit sie aktiv an den Prozessen und Entscheidungen bezüglich der Umsiedlung teilhaben können. Darüber hinaus zielen die eigenen Umwelt- und Sozialstandards der EIB darauf ab, alle betroffenen Personen darin zu unterstützen, ihren bisherigen Lebensstandard sowie ihre Lebensgrundlage zu verbessern oder zumindest beizubehalten.

Amnesty International hat die EIB vor Kurzem in einem gemeinsamen Gespräch an ihre Verantwortung erinnert, dafür zu sorgen, dass die Stadt Belgrad Menschenrechtsverletzungen vorbeugt, indem die Umsiedlung gemäß den Vorgaben des Umsiedlungsaktionsplans und entsprechend internationaler Menschenrechtsstandards durchgeführt wird. Die übrigen 26 Familien der Siedlung Belvil sollten ursprünglich im Januar 2015 auf ein eigens ausgewiesenes Gebiet in Jabučki Rit umgesiedelt werden. Allerdings haben die Bauarbeiten dort noch nicht begonnen, weshalb nun frühestens im April 2015 mit der Umsiedlung gerechnet wird.