Vor Gericht

Abdullah Modhi al-Attawi und Mohammad Abdullah al-Otaib

Abdullah Modhi al-Attawi und Mohammad Abdullah al-Otaib

Mohammad Abdullah al-Otaibi und Abdullah Modhi al-Attawi, zwei Mitbegründer einer saudi-arabischen Menschenrechtsorganisation, müssen sich im Zusammenhang mit ihrer Menschenrechtsarbeit vor dem Sonderstrafgericht verantworten. Am 27. Dezember soll der nächste Gerichtstermin stattfinden. Sollten die beiden Männer inhaftiert werden, so würde Amnesty International sie als gewaltlose politische Gefangene betrachten.

Appell an

KÖNIG
His Majesty Salman bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: über das Innenministerium: (00 966) 11 403 3125
Twitter: @KingSalman

INNENMINISTER
His Royal Highness
Prince Mohammed bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior, P.O. Box 2933
Airport Road, Riyadh 11134
SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 11 403 3125
Twitter: @M_Naif_AlSaud

Sende eine Kopie an

JUSITZMINISTER
His Excellency
Dr Walid bin Mohammed bin Saleh Al-Samaani
Ministry of Justice, University Street
PO Box 7775
Riyadh 11137
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 11 401 1741 oder (00 966) 11 402 031

BOTSCHAFT DES KÖNIGSREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herrn Awwad Saleh A Alawwad
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Amnesty fordert:

FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie, alle gegen Mohammad Abdullah al-Otaibi und Abdullah Modhi al-Attawi erhobenen Anklagen fallenzulassen und das Verfahren gegen die Männer einzustellen, da sie nur wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor Gericht stehen.

  • Bitte beenden Sie die Drangsalierung und Einschüchterung von Menschenrechtsverteidiger_innen und stellen Sie sicher, dass sie ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen arbeiten können.

  • Bitte erkennen Sie die Legitimität von Menschenrechtsverteidiger_innen an, erleichtern und unterstützen Sie ihre Arbeit und würdigen Sie ihren Beitrag zur Förderung der Menschenrechte.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to drop all charges and close the case against Mohammad al-Otaibi and Adbullah al-Attawi as they are being tried solely in relation to the peaceful exercise of their rights to freedom of expression, association and assembly.

  • Calling on them to cease the harassment and intimidation of human rights defenders and ensure an environment where they can work without fear of reprisals.

  • Urging them to explicitly recognize the legitimacy of human rights defenders, facilitate, and publicly support their work, acknowledging their contribution to the advancement of human rights.

Sachlage

Am 30. Oktober 2016 mussten die beiden Menschenrechtsverteidiger Mohammad Abdullah al-Otaibi und Abdullah Modhi al-Attawi vor dem Sonderstrafgericht in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad erscheinen. Die beiden Männer sind Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation "Verband für Menschenrechte". Gegen sie sind eine Reihe von Anklagen erhoben worden, darunter "Beteiligung an der Gründung einer Organisation und Bekanntmachen dieser ohne Genehmigung", "Spaltung der nationalen Einheit, Verbreiten von Chaos und Aufhetzen der Öffentlichkeit durch das Vorbereiten, Entwerfen und Veröffentlichen von Erklärungen, welche dem Ruf des Königreichs und dessen Justiz- und Sicherheitsinstitutionen schaden" und "Veröffentlichen von Informationen über ihre Verhöre trotz des Unterzeichnens von Unterlassungserklärungen".

Mohammad Abdullah al-Otaibi ist zudem in folgenden Punkten angeklagt: "Veröffentlichen und Teilen von Twitter-Nachrichten, die das Königreich, den Herrscher und arabische Länder beleidigen", "Aufhetzen internationaler Organisationen gegen das Königreich", "Unterstützung eines Projekts mit dem Ziel einer konstitutionellen Monarchie", "Teilnahme an zwei Presseinterviews" und "Anstiftung zu Protesten".

Mohammad Abdullah al-Otaibi, Abdullah Modhi al-Attawi und zwei weitere Männer mussten im April 2013 beim Amt für Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung zu Verhören erscheinen, nachdem sie die Behörden formell über die Gründung des "Verbands für Menschenrechte" informiert und eine Lizenz für die Menschenrechtsorganisation beantragt hatten. Die vier Männer mussten Erklärungen unterschreiben, dass sie die Organisation schließen würden. Das Amt für Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung beschuldigt Mohammad Abdullah al-Otaibi und Abdullah Modhi al-Attawi jedoch, ihre Aktivitäten wieder aufgenommen zu haben und leitete ein Verfahren vor dem Sonderstrafgericht, das für terrorismus- und sicherheitsbezogene Fälle zuständig ist, gegen sie ein.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im März 2013 gründeten Mohammad Aeid al-Otaibi, Adbullah Modhi al-Attawi, Abdullah Faisal al-Harbi und Mohammad Abdullah al-Otaibi die unabhängige Menschenrechtsorganisation "Verband für Menschenrechte". Im Gründungsprotokoll sind unter anderem folgende Ziele aufgelistet: "die Verbreitung und Verteidigung der Kultur der Menschenrechte, die Umsetzung von deren Prinzipien und Werten sowie die Förderung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" und "die Stärkung der Rolle der Frau in Bezug auf die politische Teilhabe und soziale Aktivitäten in Übereinstimmung mit der Scharia". Zudem ziele die Organisation darauf ab, "die Todesstrafe abzuschaffen" und versuche, "diese Ziele mithilfe jedweder rechtlich und moralisch zulässigen Mittel, durch das Einschalten der Justiz, wo erforderlich, und durch das Aktivieren der Rechtsstaatlichkeit" zu erreichen.

Alle Gründungsmitglieder der Organisation engagieren sich bereits seit längerer Zeit als Aktivisten. Mohammad Abdullah al-Otaibi ist ein bekannter Aktivist, der am 1. Januar 2009 zusammen mit dem Menschenrechtsverteidiger Khaled al-Omair festgenommen worden war. Sie hatten bei der Organisation einer Demonstration gegen die israelische Militäroperation "Gegossenes Blei" im Gazastreifen geholfen. Am 15. Mai 2011 wurde Mohammad Abdullah al-Otaibi schuldig gesprochen und zu drei Jahren Haft und einem anschließenden fünfjährigen Reiseverbot verurteilt. Er kam am 10. Juni 2012 frei, das Reiseverbot gegen ihn besteht jedoch weiterhin. Auch die anderen drei Gründungsmitglieder engagieren sich bereits seit vielen Jahren als Menschenrechts- und Umweltaktivisten und sind bereits wegen ihres Aktivismus inhaftiert worden. Einer von ihnen ist ein ehemaliger Angehöriger einer saudi-arabischen Antiterroreinheit. Er kündigte seine Anstellung jedoch aufgrund der seiner Ansicht nach unmenschlichen Vorgehensweisen der Sicherheitskräfte. Am 3. April 2013 informierten die vier Männer die Behörden formell über die Gründung der Organisation und beantragten eine Lizenz für diese. Sie erhielten keine Antwort, bis sie am 28. April 2013 vom Amt für Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung in Riad zum Verhör vorgeladen wurden. Man befragte sie zur Finanzierung des "Verbands für Menschenrechte" und warf ihnen vor, die Organisation bekannt gemacht zu haben, bevor eine Genehmigung durch die Behörden vorlag. Das Verhör wurde beendet, nachdem die vier Männer eine Erklärung unterzeichnet hatten, mit der sie zusicherten, die Organisation zu schließen.

Laut der Anklageschrift, die den vier Männern am 30. Oktober 2016 vorgelegt wurde, hatte das Amt für Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung ihre Aktivitäten weiter beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass Mohammad Abdullah al-Otaibi und Abdullah Modhi al-Attawi ihren Aktivismus wieder aufgenommen hatten. Mohammad Abdullah al-Otaibi wird zudem vorgeworfen, gegen seine Unterlassungserklärung verstoßen zu haben, indem er unter anderem an Treffen der 2013 geschlossenen saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA) teilgenommen und Erklärungen unterschrieben habe, mit denen die inhaftierten Gründungsmitglieder von ACPRA unterstützt werden sollten. Zudem wirft man ihm vor, seinen Aktivismus wieder aufgenommen zu haben, indem er zwei Presseinterviews gab, in denen er sich zu Menschenrechtsthemen äußerte, Berichte zu Themen wie der Drangsalierung von saudi-arabischen Menschenrechtsverteidigern verfasste und Twitter-Nachrichten schrieb, die als beleidigend gegenüber den Herrschern und dem Staat betrachtet werden. Anfang Mai 2014 hatte er deswegen erneut beim Amt für Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung zum Verhör erscheinen und eine neue Erklärung unterzeichnen müssen, mit der er sich einverstanden erklärte, nicht mit der Presse zu sprechen und sich nicht mehr in sozialen Medien zu äußern. Obwohl er daraufhin seinen Aktivismus vollkommen einstellte, wurde er am 30. Oktober 2016 vor Gericht gestellt.

Seit 2012 nehmen die saudi-arabischen Behörden zivilgesellschaftlich engagierte Personen und Menschenrechtsverteidiger_innen verstärkt ins Visier. Die Behörden gehen sowohl gerichtlich als auch mit anderen Mitteln gegen sie vor, zum Beispiel indem sie ihnen Reiseverbote auferlegen, um sie damit zu schikanieren, einzuschüchtern und an ihrer Menschenrechtsarbeit zu hindern. Anfang 2014 waren die meisten der bekannten und unabhängigen Menschenrechtsverteidiger_innen des Landes inhaftiert, zum Schweigen gebracht oder gezwungen worden, ins Ausland zu fliehen.

Die systematische Unterdrückung von Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen ist Teil eines umfassenden Vorgehens der saudi-arabischen Behörden, mit dem alle Formen der Kritik zum Schweigen gebracht werden sollen. So soll verhindert werden, dass von den Behörden begangene Menschenrechtsverletzungen direkt oder indirekt aufgedeckt werden.