Sudanese darf nicht abgeschoben werden!

Dem sudanesischen Staatsangehörigen Muhammad Babikir 'Abd al-'Aziz Muhammad Adam droht die Abschiebung aus dem Libanon in den Sudan. Dort liefe er Gefahr, willkürlich festgenommen, gefoltert oder auf andere Weise misshandelt zu werden oder möglicherweise dem Verschwindenlassen zum Opfer zu fallen.

Appell an

PRÄSIDENT
Michel Sleiman
Baabda Palace, Baabda, Mount Lebanon, LIBANON
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 961) 5 959 210 oder (00 961) 5 922 400
E-Mail:president_office@presidency.gov.lb
INNENMINISTER
Ziyad Baroud
Sanayeh, Beirut, LIBANON
Fax: (00 961) 1 751 618 oder (00 961) 1 750 084
E-Mail: ministry@interior.gov.lb

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
Ibrahim Najjar
Rue Sami Solh, Beirut, LIBANON
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 961) 1 612 564 oder
(00 961) 1 427 975
E-Mail: webmaster@justice.gov.lb

BOTSCHAFT DER LIBANESISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Ramez Dimechkié
Berliner Straße 127, 13187 Berlin
Fax: 030-4748 7858
E-Mail: Lubnan@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. November 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie hiermit auf, Muhammad Babikir Adam nicht in den Sudan abzuschieben, da ihm dort die willkürliche Festnahme, Folter und andere Misshandlungen sowie das Verschwindenlassen drohen.

  • Bitte bedenken Sie, dass seine Abschiebung gegen die Verpflichtungen des Libanon gemäß der Anti-Folterkonvention verstoßen würde und dem Non-Refoulement-Prinzip zuwiderlaufe, das die Abschiebung von Personen unter allen Umständen untersagt, denen in dem Land Folter oder anderen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

  • Ich bin angesichts der Berichte besorgt, denen zufolge Muhammad Babikir Adam in der Haft geschlagen wurde. Bitte untersuchen Sie diese Vorwürfe und stellen Sie sicher, dass der Gefangene vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird und man ihm Zugang zu seiner Familie, einer anwaltlichen Vertretung seiner Wahl und angemessener medizinischer Versorgung gewährt.

  • Ich vertrete die Auffassung, dass es für die fortgesetzte Inhaftierung von Muhammad Babikir Adam keine rechtliche Grundlage gibt, insbesondere weil er ein anerkannter Flüchtling ist und seine Haftstrafe verbüßt hat.

  • Ich bitte Sie eindringlich, ihn freizulassen, wenn es keine rechtliche Grundlage für seine Inhaftierung gibt.

Sachlage

Muhammad Babikir Adam wird in einer Hafteinrichtung des Allgemeinen Sicherheitsdienstes (General Security) im Stadtteil 'Adliyeh der libanesischen Hauptstadt festgehalten. Obwohl der Sudanese als Flüchtling anerkannt ist, haben die libanesischen Behörden vergangene Woche versucht ihn abzuschieben. Er hat sich jedoch geweigert, das Land zu verlassen, und soll deshalb geschlagen worden sein.

Laut Quellen aus dem Libanon haben Angehörige des Allgemeinen Sicherheitsdienstes Muhammad Babikir Adam, der Analphabet ist, gezwungen, ein Dokument mit seinem Fingerabdruck zu unterzeichnen. Bei diesem Vorgang war kein Rechtsbeistand anwesend. Amnesty International liegen keine Informationen über den Inhalt des Dokuments vor, es steht allerdings zu befürchten, dass damit eine Grundlage für seine Abschiebung in den Sudan geschaffen werden soll. Offenbar soll es so aussehen, als habe Muhammad Babikir Adam seine Einwilligung zur Abschiebung gegeben.

Muhammad Babikir Adam befindet sich seit dem 29. Januar im Libanon in Haft. Am 11. März wurde er wegen Verstoßes gegen eine Ausweisungsanordnung zu einem Monat Haft verurteilt. Auch nach Ablauf seiner Haft, wird er weiterhin festgehalten, weil der Allgemeine Sicherheitsdienst offenbar Vorbereitungen trifft, um ihn und 48 weitere sudanesische StaatsbürgerInnen in den Sudan abzuschieben. Amnesty International befürchtet, dass der Schuldspruch, das Urteil und die darauf folgende Inhaftierung rechtswidrig sind und gegen internationale Menschenrechtsabkommen und Standards für die Behandlung von Flüchtlingen verstoßen.

Muhammad Babikir Adam gehört der ethnischen Gruppe der Fur aus Darfur im Westen des Sudan an. Diese Region wurde in den vergangenen Jahren immer wieder durch Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht erschüttert, darunter Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auf der Grundlage internationaler Verpflichtungen darf der Libanon keine Personen in Länder abschieben, in denen ihnen Folterungen drohen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Jahr 2003 brach in der westsudanesischen Region Darfur ein Konflikt zwischen verschiedenen bewaffneten Oppositionsgruppen und den Streitkräften der Regierung und mit ihnen verbündeten Milizen aus. UN-Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 300.000 Menschen getötet und über 2,7 Millionen Menschen vertrieben wurden. Der Konflikt war von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht geprägt, darunter Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der sudanesische Geheimdienst (National Intelligence and Security Services - NISS) ist mit umfassenden Befugnissen für Festnahmen und Inhaftierungen ausgestattet. NISS-Angehörige dürfen Personen bis zu viereinhalb Monate ohne rechtliche Überprüfung festhalten. MitarbeiterInnen des NISS sind für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gegen Menschen aus Darfur verantwortlich. Besonders betroffen davon waren Binnenvertriebene und Angehörige der verschiedenen ethnischen Gruppen in Darfur: Fur, Zaghawa und Massalit.

Amnesty International hat zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen aus Darfur stammende Personen, die in Khartum oder Darfur leben, über längere Zeit ohne Gerichtsverfahren in Haft gehalten wurden. Gefangene sind in Gefahr, gefoltert oder auf andere Weise misshandelt zu werden, dem Verschwindenlassen zum Opfer zu fallen, unfaire Gerichtsverfahren zu erhalten oder in der Haft zu sterben. Im Mai 2008 griff die bewaffnete Oppositionsgruppe JEM (Justice and Equality Movement), deren Mitglieder vornehmlich aus Darfur stammen, die sudanesische Hauptstadt Khartum an. Der Angriff der JEM wurde von den sudanesischen Truppen innerhalb weniger Stunden niedergeschlagen. In den darauffolgenden Wochen nahm der Geheimdienst NISS im gesamten Land zahlreiche aus Darfur stammende Personen fest. Allein in Khartum wurden über 1000 Zivilpersonen - vor allem aus Darfur – in Haft genommen. Nach dem Angriff sollen NISS-Angehörige zahlreiche Gefangene gefoltert und auf andere Weise misshandelt haben. Seit Januar 2010 hat sich die humanitäre Lage sowie die Menschenrechtssituation wieder verschlechtert. In ganz Dafur kam es zu erneuten Zusammenstößen und Vertreibungen.