Zwangsräumung von Binnenflüchtlingen

Neue Unterkunft in Tbilisi

Neue Unterkunft in Tbilisi

Amnesty International ist besorgt darüber, dass die georgischen Behörden in der Hauptstadt Tbilisi bei Binnenvertriebenen eine Reihe von rechtswidrigen Zwangsräumungen durchgeführt haben. Laut Angaben aus georgischen Quellen sind etwa 5000 Menschen seit Mitte Juni aus ihren Häusern vertrieben worden.

Appell an

PRÄSIDENT
Mikhel Saakashvili

Office of the President of Georgia
Ingorokva 7
0105 Tbilisi
GEORGIEN
(korrekte Anrede: Dear President)
Fax: (00 995) 32 92 1069 (ab 7 Uhr westeuropäischer Zeit)
oder (00 995) 32 99 08 79
E-Mail: info@president.gov.ge

MINISTER FÜR BINNENVERTRIEBENE AUS BESETZTEN GEBIETEN, UNTERKUNFT UND FLÜCHTLINGE
Koba Subeliani
Tamarashvili Street N 15A
0177 Tbilisi, GEORGIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 995) 32 311596
E-Mail: über die Website www.mra.gov.ge

Sende eine Kopie an

AUßENMINISTER
Grigol Vashadze
Chitadze str., 4
0118 Tbilisi
GEORGIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 995) 32 284 678
E-Mail: inform@mfa.gov.ge

BOTSCHAFT VON GEORGIEN
I.E. Frau Gabriela Habsburg-Lothringen
Rauchstraße 11, 10787 Berlin
Fax: 030-48 49 07-20
E-Mail: berlin.emb@mfa.gov.ge

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Georgisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Oktober 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, Ihre Autorität geltend zu machen, um die unverzügliche Einstellung aller Zwangsräumungen zu bewirken.

  • Stellen Sie sicher, dass Zwangsräumungen erst als letztes Mittel und unter Einhaltung aller im nationalen Gesetz gegebenen Garantien für Binnenvertriebene und internationaler Standards durchgeführt werden.

  • Sorgen Sie dafür, dass alle Vertriebenen umgehend angemessene Unterkünfte erhalten.

  • Gewährleisten Sie, dass alternative Unterkünfte für Binnenvertriebene allen Bestimmungen der internationalen Menschenrechtsstandards für eine angemessene Unterbringung entsprechen.

  • Darüber hinaus müssen Sie die Rechte der von Zwangsräumung Betroffenen wahren, die ihnen Zugang zu Entschädigungen und Gerechtigkeit einräumen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the President to use his authority to halt all forced evictions immediately;

  • Calling on him to ensure that evictions are carried our only as a last resort, and only in full compliance with the guarantees required under the national law on internally displaced people and international human rights standards;

  • Calling on him to ensure that those evicted are provided with adequate housing as a matter of urgency.

  • Calling on him to ensure that any alternative accommodation that is provided to internally displaced people complies with requirements for adequacy of housing, under international human rights standards

  • Urging him to respect the rights of all victims of forced evictions to access remedies and justice.

Sachlage

Einigen von ihnen sind nicht einmal alternative Unterkünfte zur Verfügung gestellt worden, andere wurden in Häuser geschickt, die sich nicht als Wohnraum zu eignen scheinen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es in naher Zukunft zu weiteren rechtswidrigen Zwangsräumungen kommen.

Die in den vergangenen zwei Monaten durchgeführten Zwangsräumungen scheinen nicht den internationalen Standards entsprochen zu haben. Insbesondere haben es die Behörden versäumt, mit den Binnenvertriebenen ernst gemeinte Konsultationen durchzuführen, die Zwangsräumung früh genug anzukündigen und angemessene Ersatzunterkünfte zur Verfügung zu stellen. In einigen Fällen wurden den Bewohner_innen überhaupt keine Unterkünfte angeboten und die Behörden rieten ihnen, bei Verwandten und Freunden unterzukommen. Die fünf im Juni, Juli und August durchgeführten Zwangsräumungen betrafen etwa 5000 Personen. Amnesty International sind glaubwürdige Informationen zugegangen, dass die Behörden vorhaben, Bewohner_innen aus mehr als 30 Gemeinschaftszentren in Tbilisi zu vertreiben. In jedem der Zentren wohnen zahlreiche binnenvertriebene Familien. Wenn diese Vertreibungen nach denselben Mustern ablaufen wie die bereits vollzogenen, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls rechtswidrige Zwangsräumungen darstellen.

Die erste Zwangsräumung fand statt, als am 14. Juni 38 Familien aus einem Gemeinschaftszentrum vertrieben wurden, in dem sie mehrere Jahre gelebt hatten. Die Familien waren zuvor nicht wirklich konsultiert worden, um Alternativen zur Räumung oder eine andere Unterkunft zu finden. Ihnen wurde die Unterbringung in einem anderen Gemeinschaftszentrum angeboten, das sich offenbar nicht als Wohnraum eignet. Fotografien, die Amnesty International erhalten hat, zeigen, dass Teile des Gebäudes voller Schutt und Gerümpel und in schlechtem Zustand sind. Darüber hinaus soll ein Raum, in dem sich eine Toilette befindet, der Hauptwohnraum für eine Familie sein. Diese rechtswidrige Zwangsräumung wurde unter Verstoß gegen georgisches Recht hinsichtlich Binnenvertriebenen durchgeführt, insbesondere unter Nichtbeachtung eines Gesetzes, welches besagt, dass Binnenvertriebene ohne ihr schriftliches Einverständnis nicht in eine Unterkunft verlegt werden dürfen, die unter dem Standard der vorherigen liegt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In Georgien sind bis zu 246 000 Menschen infolge der Konflikte in den 1990er Jahren und im Jahr 2008 immer noch binnenvertrieben. Um die 42 Prozent der in den 1990er Jahren Binnenvertriebenen leben nach wie vor in großen staatlichen oder privaten Gebäuden, in denen zahlreiche Familien untergebracht werden können. Derzeit gibt es in Georgien etwa 1658 solcher Gebäude, die als "Gemeinschaftszentren" bezeichnet werden, 515 davon befinden sich in Tbilisi.
Die georgische Ombudsperson berichtete am 17. August, dass die Personen, die vertrieben werden sollten, in den meisten Fällen erst fünf Tage zuvor und meist mündlich davon unterrichten wurden. Sie hatten keine ausreichenden Informationen über mögliche Unterbringungen und konnten deshalb keine informierte Entscheidung treffen. Laut der Erklärung der Ombudsperson wurden einige der Vertriebenen während der Räumung verbal und körperlich angegriffen. Medienberichten zufolge wurden die Bewohner_innen bei mindestens einer Räumung im August erst sieben Stunden vor der Zwangsräumung darüber in Kenntnis gesetzt.

Amnesty International hat Informationen erhalten, denen zufolge mindestens vier Binnenvertriebene während der Räumung am 11. August festgenommen wurden. Am selben Tag verurteilte man sie zu 30 Tagen Haft. Berichten zufolge sollen sie bei der Verhandlung keine rechtliche Vertretung gehabt haben und konnten deshalb nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von sieben Tagen gegen den Gerichtsentscheid Einspruch einlegen.

Georgische Medien berichteten, dass laut Angaben des georgischen Ministeriums für Binnenvertriebene aus besetzten Gebieten, Unterkunft und Flüchtlinge den im August Vertriebenen wahlweise eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 10 000 US-Dollars angeboten wurde oder eine alternative Unterbringung, dem Vernehmen nach in ländlichen Gebieten. Einige derjenigen, die einer Umsiedlung in ländliche Gebiete nicht zustimmten, sollen obdachlos geworden sein, und ihr Hab und Gut wurde von den Behörden in einer Stadthalle eingelagert. Laut Quellen von Amnesty International haben viele keine finanzielle Entschädigung für eine dauerhafte Lösung ihrer Unterbringung erhalten.