Durch Wasserwerfer schwer verletzt

Am 14. November 2015 wurde Baek Nam-gi bei einer Demonstration vom Strahl eines Wasserwerfers getroffen. Er erlitt Gehirnschäden und hat seitdem noch nicht das Bewusstsein wiedererlangt. Sein Zustand verschlechtert sich zusehends. Bisher sind gegen die Beamt_innen, die für den Einsatz der Wasserwerfer während der Demonstration verantwortlich waren, noch keine Disziplinarmaßnahmen eingeleitet worden.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Kim Soo-nam
157 Banpo-daero
Seocho-gu Seoul
REPUBLIK KOREA 06590
(Anrede: Dear Prosecutor General Kim / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 82) 2 3480 2700
E-Mail: koreapros@spo.go.kr

VORSITZENDER DES AUSSCHUSSES FÜR SICHERHEIT UND ÖFFENTLICHE VERWALTUNG
Yoo jae-jung
Room 1007
National Assembly Member’s Office Building
1 Uisadang-daero
Yeongdeungpo-gu
Seoul
REPUBLIK KOREA
(Anrede: Dear Chair Yoo / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 82) 2 788 0277
E-Mail: yoo@na.go.kr

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOREA
S. E. Herrn Kyung Soo Lee
Stülerstraße 8
10787 Berlin
Fax: 030-2 60 65 51
E-Mail: koremb-ge@mofa.go.kr

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Koreanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte führen Sie zeitnah eine umfassende, unparteiische, unabhängige und wirksame Untersuchung zu den Berichten über den Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt durch Beamt_innen mit Polizeibefugnissen durch. Hierzu ist möglicherweise auch eine Untersuchung durch die Nationalversammlung erforderlich.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Personen, die für den unnötigen oder unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch Ordnungskräfte verantwortlich sind, angeklagt und vor Gericht gestellt werden.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Baek Nam-gi und seine Familie umfassend und wirksam entschädigt werden, was auch die Erstattung aller Kosten umfasst, die im Rahmen der medizinischen Behandlung und im Zusammenhang mit den Verletzungen entstanden sind, die auf den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch die Polizei zurückgehen. Baek Nam-gi und seiner Familie muss zudem z. B. in Form einer öffentlichen Entschuldigung Genugtuung verschafft werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging authorities to undertake a thorough, prompt, impartial, independent and effective investigation into all reports of excessive use of force by law enforcement officials, which may include an inquiry by the National Assembly.

  • Urging the authorities to bring charges against and hold accountable those responsible for unnecessary or excessive use of force by law enforcement officials.

  • Urging the authorities to provide Baek Nam-gi and his family with full and effective reparation, including appropriate compensation, such as for all medical and related expenses incurred due to the injuries sustained by the excessive use of police force, and satisfaction which could include a public apology.

Sachlage

Baek Nam-gi ist Mitglied der Katholischen Bauernvereinigung und nahm am 14. November 2015 an einer Massendemonstration gegen die Regierung teil. Als die Polizei mit Wasserwerfern gegen die überwiegend friedlichen Demonstrierenden vorging, wurde Baek Nam-gi getroffen. Er erlitt eine Hirnschädigung (traumatische subdurale Blutung) und ist bis heute bewusstlos.

Die Art und Weise, in der die Wasserwerfer eingesetzt wurden, als Baek Nam-gi seine Verletzungen erlitt, entsprach nicht den internationalen Standards für den Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamt_innen mit Polizeibefugnissen. Die Distanz zwischen den Wasserwerfern und Demonstrierenden war zu kurz, der Wasserdruck zu hoch und der Strahl traf Baek Nam-gi direkt am Kopf. All dies verstößt gegen die in Südkorea geltenden polizeilichen Richtlinien für den Einsatz von Wasserwerfern.

Die Familie von Baek Nam-gi erstattete am 18. November 2015 Anzeige gegen sieben Polizeikräfte wegen versuchten Mordes und Verstoßens gegen das Gesetz über die Pflichterfüllung von Polizeibeamt_innen. Zudem reichten sie am 22. März 2016 eine Schadensersatzklage gegen den Staat ein.

Die südkoreanische Staatsanwaltschaft hat vier Beamt_innen zum Verhör vorgeladen, bisher jedoch noch keinen der Verantwortlichen angeklagt. Die nationale Polizeibehörde hat interne Ermittlungen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Ermittlungen sind bisher jedoch weder veröffentlicht noch dem Rechtsbeistand und der Familie von Baek Nam-gi dargelegt worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Baek Nam-gi protestierte am 14. November 2015 gegen die Landwirtschaftspolitik der Regierung, die sich nachteilig auf die Agrarpreise auswirken könnte. Insgesamt gingen an diesem Tag etwa 130.000 Menschen verschiedener Gruppierungen auf die Straße. 20.000 Polizist_innen kamen zum Einsatz.

Die Polizei versperrte den Demonstrierenden durch Busse und andere Blockaden den Weg. Baek Nam-gi versuchte, einen Weg durch die Blockaden zu finden, indem er an Seilen zog, die an den Reifen der Polizeibusse festgemacht waren. Bei diesem Versuch wurde er von einem Wasserwerfer am Kopf getroffen. Die Polizei verbot 19 Versammlungen und Protestmärsche, die für diesen Tag von verschiedenen Organisationen geplant worden waren. Als Begründung für das Verbot gab sie an, dass die Demonstrationen den Verkehr behindern würden. Als einige Demonstrierende die Sperrlinien überschritten und zum Präsidialamt liefen, kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Gemäß den UN-Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamt_innen mit Polizeibefugnissen müssen bei jedem Einsatz von Gewalt die Grundsätze der Rechtmäßigkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Zudem muss eine transparente Rechenschaftspflicht umfassend gewährleistet sein. Im Detail bedeutet dies, dass die Polizei Zurückhaltung bei dem Einsatz von Gewalt üben muss, um Verletzungen auf ein Mindestmaß zu beschränken und das menschliche Leben zu achten und zu wahren. Außerdem muss sichergestellt werden, dass jeder verletzten Person zum frühestmöglichen Zeitpunkt angemessene medizinische Versorgung zuteil wird (Artikel 5). Die Polizei muss sicherstellen, dass jeder sein Recht auf friedliche Versammlung wahrnehmen kann (Artikel 12), und hat die Pflicht, Gewalt auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken (Artikel 13). Zudem ist es die Pflicht der südkoreanischen Regierung, dafür zu sorgen, dass der willkürliche oder missbräuchliche Einsatz von Gewalt durch Beamt_innen mit Polizeibefugnissen bestraft wird (Artikel 7).

Die polizeilichen Richtlinien in Südkorea schreiben vor, dass der Wasserdruck bei Wasserwerfern 1.000 RPM (Umdrehungen pro Minute) nicht überschreiten darf, wenn die Distanz zwischen den anvisierten Personen und dem Wasserwerfer weniger als zehn Meter beträgt. Außerdem darf nur auf den Brustbereich und darunter gezielt werden. Laut Berechnungen der Anwaltsvereinigung Minbyun, die auf öffentlichen Bildern des Vorfalls basieren, wurde Baek Nam-gi aus einer Entfernung von nur sieben bis acht Metern getroffen. Zudem belegen die Bilder, dass der Wasserstrahl ihn direkt am Kopf traf. Auf Anfragen antwortete die nationale Polizeibehörde, dass die Wasserwerfer bei dem Vorfall mit einem Druck von 2.500 bis 2.800 RPM betrieben wurden.