Drohende Abschiebung

Dem iranischen Staatsangehörigen und Araber Mohammad Taher Batili droht die Abschiebung aus dem Libanon in den Iran. Dort liefe er Gefahr, gefoltert und möglicherweise sogar hingerichtet zu werden.

Appell an

PRÄSIDENT
Michel Sleiman
Baabda Palace, Baabda, Mount Lebanon, LIBANON
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 961) 5 959 210/922 400
E-Mail:president_office@presidency.gov.lb

INNENMINISTER
Ziyad Baroud
Sanayeh, Beirut, LIBANON
Fax: (00 961) 1 751 618/750 084
E-Mail: ministry@interior.gov.lb

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
Ibrahim Najjar
Rue Sami Solh, Beirut, LIBANON
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 961) 1 612 564/427 975
E-Mail: webmaster@justice.gov.lb

BOTSCHAFT DER LIBANESISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Ramez Dimechkié
Berliner Straße 127, 13187 Berlin
Fax: 030-4748 7858
E-Mail: Lubnan@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. August 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Fordern Sie die libanesischen Behörden auf, Mohammad Taher Batili nicht in den Iran abzuschieben, da ihm dort Folter und möglicherweise die Hinrichtung drohen.

  • Drücken Sie Ihre Sorge darüber aus, dass seine Abschiebung gegen die Verpflichtungen des Libanon gemäß der Anti-Folterkonvention verstoßen würde und dem Non-Refoulement-Prinzip zuwiderlaufe, das die Abschiebung von Personen unter allen Umständen untersagt, denen in dem Land Folter oder anderen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

  • Appellieren Sie an die Behörden, zu gewährleisten, dass Mohammad Taher Batili vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird und man ihm Zugang zu seiner Familie, einer anwaltlichen Vertretung seiner Wahl und angemessener medizinischer Versorgung gewährt. Iranische Beamte im Libanon sollten ihn nicht verhören dürfen, solange er sich im Gewahrsam der libanesischen Sicherheitskräfte befindet.

Sachlage

Der 29-jährige Mohammad Taher Batili ist ein vom Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNCHR) anerkannter Flüchtling. Er wurde von Angehörigen der libanesischen Sicherheitskräfte festgenommen, als er am 2. Juni 2010 in der libanesischen Hauptstadt Beirut in einen Wagen steigen wollte. Er zeigte ein Dokument des UNHCR vor, das seinen Flüchtlingsstatus bestätigt, wurde aber dennoch mit der Begründung festgenommen, er sei von Syrien aus illegal in den Libanon eingereist. Man hat ihn im Zahle-Gefängnis im Bekaa-Tal im Osten des Libanon inhaftiert. Am 26. Juni wurde er der "unerlaubten Einreise" schuldig befunden und zu zwei Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe verurteilt. Nach Verbüßen der Strafe droht ihm die Abschiebung in den Iran.

Mohammad Taher Batili war am 28. Mai 2009 mit seiner Familie aus Syrien in den Libanon gekommen und hatte dort Asyl beantragt. Sie waren wegen der politischen Aktivitäten von ihm und seinem Vater zugunsten der arabischen Minderheit in Ahvaz in der Provinz Khuzestan aus dem Iran geflüchtet. Wenn Mohammad Taher Batili in den Iran abgeschoben wird, droht im Folter und wegen seiner politischen Aktivitäten möglicherweise auch die Todesstrafe.

Nach seiner Inhaftierung im Zahle-Gefängnis wurde er zwei Mal von Angehörigen der iranischen Botschaft im Libanon verhört. Sie befragten ihn ausführlich zu den politischen Aktivitäten seines Vaters und der von anderen Angehörigen der arabischen Minderheit in Syrien und dem Iran. Sie drohten ihm, dass ihm andere Insassen ein Leid zufügen könnten.

Im Libanon gibt es eine große Anzahl von Asylsuchenden und Flüchtlingen, meist aus Ländern, in denen Krieg herrscht oder die Menschenrechte systematisch verletzt werden. Hunderte von ihnen werden festgenommen und über längere Zeiträume in Haft gehalten oder abgeschoben, selbst wenn sie vom UNHCR offiziell als Flüchtlinge anerkannt sind. 2008 stimmten die libanesischen Behörden zu, Flüchtlingen eine Duldung von drei Monaten mit der Option auf einmalige Verlängerung einzuräumen, um einen Arbeitgeber zu finden, der sie unterstützt und ihnen eine Aufenthaltserlaubnis gibt, doch die Behörden scheinen diese Vereinbarung nicht einzuhalten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Araber der Minderheit der Ahwazi sind eine der vielen ethnischen Minderheiten im Iran und leben hauptsächlich in der Provinz Khuzestan im Südwesten des Iran an der Grenze zum Irak. Khuzestan hat strategische Bedeutung, da sich dort viele der iranischen Ölvorkommen befinden. Die arabische Bevölkerung hat den Eindruck, nicht in gleichem Maße von den Öleinkünften zu profitieren, wie die persische Bevölkerung. Sie haben eine Geschichte derMarginalisierung und Diskriminierung, beispielsweise durch die Verweigerung des Rechts auf Ausbildung und Erziehung ihrer Kinder in der eigenen Sprache .

Die Ahwazis sind überwiegend schiitische Muslime, einige sind jedoch zum sunnitischen Islam übergetreten. Das hat die Behörden dazu veranlasst, verschiedenen engagierten Ahwazis vorzuwerfen, sie seinen Wahhabis (Anhänger_innen einer konservativen Form des sunnitischen Islam). Als im April 2005 Gerüchte aufkamen, die iranische Regierung habe vor, die arabische Bevölkerung über das Land zu verteilen und sie zu zwingen, ihre arabische Identität aufzugeben, stiegen die Spannungen in der arabischen Bevölkerung weiter an. Nach Bombenanschlägen in der Stadt Ahvaz im Juni und Oktober 2005, bei denen mindestens 14 Menschen ums Leben kamen, und Explosionen in Ölinstallationen im September und Oktober 2005 nahm auch die Gewalt zu. Dabei sollen hunderte von Menschen festgenommen worden sein, und es wurde über Folter berichtet.

Weitere Bombenanschläge am 24. Januar 2006, bei denen mindestens sechs Menschen starben, führten zu erneuten Massenfestnahmen. Mindestens 15 Männer sind aufgrund ihrer vermeintlichen Beteiligung an den Bombenanschlägen hingerichtet worden. Gegen Ende September 2009 wurde mindestens ein Ahwazi hingerichtet, als etwa zehn ahwazische Männer, darunter einige bekannte politische Aktivisten, vor einem Revolutionsgericht in Ahvaz vor Gericht standen. Ihre Verfahren waren unfair, sie hatten keinen Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung (siehe Iran: Seven men at risk of execution in Iran, (21. Oktober 2009. http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/109/2009/en).

Der Vater von Mohammad Taher Batili, Hadi Mohammad Jawad Batili, wurde bereits mehrere Male wegen seiner politischen Aktivitäten und der Unterstützung von Familien inhaftierter oder getöteter Ahwazis im Iran festgenommen. 1993 verurteilte man ihn zu zehn Jahren Gefängnis. Er verbüßte fünf Jahre davon, darunter sieben Monate in Einzelhaft, ehe man ihn auf Kaution freiließ. Er soll in dieser Zeit gefoltert und in anderer Weise misshandelt worden sein. 2004 erhielt er drei Jahre auf Bewährung und 2005 nahm man ihn fest und inhaftierte ihn vier Monate lang. Dann ließ man ihn gegen Kaution wieder frei. Er erhielt für den 9. Juli 2009 eine Vorladung vor Abteilung 12 des Revolutionsgerichts in Khuzestan. Der Fall ist noch anhängig.

Am 27. September 2008 schob man sechs Asylsuchende, Ma’soumeh Ka’bi und ihre fünf Kinder im Alter zwischen 4 und 14 Jahren, von Syrien in den Iran ab. Sie und ihre Kinder wurden sofort bei Ankunft im Iran festgenommen. Ihre fünf Kinder ließ man Ende Oktober 2008 frei (siehe Iran: Forcible return/ Prisoners of conscience/ Fear of torture and ill-treatment, 10. Oktober 2008, http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/147/2008/en). Am 1. Januar 2009 wurde Ma’soumeh Ka’bi vom Revolutionsgericht in Ahwaz, in der Provinz Khuzestan zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie den Iran mit falschen Reisedokumenten verlassen hatte und Berichten zufolge auch im Zusammenhang mit den politischen Aktivitäten ihres Mannes. Sie legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein und wurde gegen eine Kaution in Höhe von etwa 124 000 Euro freigelassen. Amnesty International hat keine Kenntnis über den Ausgang ihrer Berufung.

Auch wenn der Libanon kein Vertragsstaat der Flüchtlingskonvention von 1951 ist, so ist das Land doch an das Völkergewohnheitsrecht, darunter das Non-Refoulement-Prinzip, gebunden.Dieses besagt, dass Personen nicht in Länder abgeschoben werden dürfen, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen, darunter auch Folter und andere Misshandlungen drohen. Libanon ist Vertragsstaat der UN-Konvention gegen Folter.