Roma-Familien droht Zwangsräumung

Weltweit ist das Zuhause für Hundertausende Menschen ein bedrohter Ort.

Weltweit ist das Zuhause für Hundertausende Menschen ein bedrohter Ort.

Acht Roma-Familien in der rumänischen Stadt Eforie droht unmittelbar die Zwangsräumung. Die Behörden müssen die Anwendung internationaler menschenrechtlicher Schutzmaßnahmen sicherstellen, um eine rechtswidrige Zwangsräumung zu verhindern.

Appell an

BÜRGERMEISTER VON EFORIE SUD
Mr Ion Ovidiu Brailoiu
Primaria Oras Eforie
Str. Progresului Nr. 1, 905360
Constanta
RUMÄNIEN
(Anrede: Dear Mayor / Sehr geehrter Herr Bürgermeister)
Fax: (00 40) 241 748 979
E-Mail: secretariat@primariaeforie.ro

PRÄFEKT DES KREISES CONSTANȚA
Mr Constantin Ion
Prefectura Constanta
Bld Tomis Nr. 1
Constanta
RUMÄNIEN
(Anrede : Dear Prefect / Sehr geehrter Herr Präfekt)
Fax: (00 40) 241 617 245
E-Mail: cancelarie@prefecturaconstanta.ro

Sende eine Kopie an

MINISTERPRÄSIDENT
Victor Ponta
Prim Ministru Romania
Palatul Victorie
Piata Victoriei Nr. 1
Bucharest
RUMÄNIEN
Fax: (00 40) 213 143 400
E-Mail: drp@gov.ro

BOTSCHAFT VON RUMÄNIEN
Frau Adriana Loreta Stanescu
Geschäftsträgerin a.i., Gesandte
Dorotheenstraße 62 – 66
10117 Berlin
Fax: 030-212 39 399 oder 030-212 39 199
E-Mail: berlin@mae.ro

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Rumänisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 10. Juni 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Setzen Sie bitte die Räumung des Gebäudes in der Mihai-Viteazu-Straße 80 sowie alle weiteren geplanten Räumungen solange aus, bis mit den betroffenen Personen eine Konsultation über mögliche Alternativen zur Räumung bzw. Umsiedlung durchgeführt wurde und bis angemessene Alternativunterkünfte bereitgestellt wurden, die den völkerrechtlichen Vorgaben entsprechen.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die 2013 und 2014 vertriebenen Roma Zugang zu Rechtsbehelfen und Entschädigung erhalten; hierzu zählt auch der Anspruch auf angemessene Alternativunterkünfte.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to halt all evictions until genuine consultation with the affected communities in Eforie, particularly on number 80, Mihai Viteazu Street, has been conducted to identify all feasible alternatives to evictions and resettlement options, and until adequate alternative housing, compliant with requirements under international human rights law, is provided to all persons affected.

  • Urging the authorities to ensure that those forcibly evicted in 2013 and 2014 are provided with access to effective remedies including adequate alternative housing.

Sachlage

In der Stadt Eforie im Südosten Rumäniens soll bis zum 30. April ein Gebäude in der Mihai-Viteazu-Straße 80 zwangsgeräumt und etwa 30 dort lebende Roma vertrieben werden. Dies wäre bereits die dritte Zwangsräumung von Roma in Eforie in weniger als zwei Jahren. Die Roma-Familien leben seit Oktober 2013 in besagtem Gebäude, nachdem sie damals aus ihren Wohnungen in der Agricola-Straße vertrieben worden waren. Da sie keine andere Unterkunft hatten, zogen sie in das Gebäude in der Mihai-Viteazu-Straße 80, ein ehemaliges Internat. Seitdem leben die Familien in ständiger Angst vor einer weiteren Räumung, da sie über keinerlei Rechtssicherheit verfügen, was ihre Wohnverhältnisse angeht.

Die Behörden von Eforie haben die internationalen Schutzmaßnahmen gegen rechtswidrige Zwangsräumungen und zum Schutz der Menschenrechte nicht umgesetzt. So wurde beispielsweise nicht die Anstrengung unternommen, mit den Betroffenen echte Alternativen zur Räumung auszuloten. Am 14. April stellten die lokalen Behörden den Roma-Familien schriftliche Mitteilungen zu, in denen diese aufgefordert wurden, "alle offenen Schulden" zu begleichen und das Gebäude zu räumen. In den Mitteilungen heißt es, die Familien könnten nach Begleichung der Schulden damit rechnen, "dass die Wohnungskommission im Rahmen der verfügbaren Mittel Notunterkünfte bereitstellen" werde. Nähere Informationen zu den genannten Schulden wurden den Betroffenen nicht mitgeteilt. Auch angemessene Alternativunterkünfte im Vorfeld der Räumung wurden nicht garantiert.

Diese angedrohte Zwangsräumung folgt einem Muster, nach dem die Behörden von Eforie systematisch Roma-Familien vertreiben. Im Oktober 2013 wurden 101 Personen, darunter 55 Minderjährige, aus ihren Wohnungen in der Agricola-Straße vertrieben und somit obdachlos gemacht. Nach vier Tagen schlechter Witterungsverhältnisse erklärten sich einige der Betroffenen bereit, vorübergehend in einem Schulgebäude untergebracht zu werden, welches nicht angemessen ausgestattet war. Die übrigen acht Familien ließen sich in dem Gebäude in der Mihai-Viteazu-Straße 80, einem ehemaligen Internat, nieder. Im Juli 2014 wurden zehn der Familien, die in dem Schulgebäude untergebracht waren, erneut vertrieben. Sieben Familien bezogen unangemessene Container-Unterkünfte, während drei weitere Familien in die Obdachlosigkeit gedrängt wurden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International befürchtet, dass diese Räumung einer rechtswidrigen Zwangsräumung gleichkommen könnte, wenn nicht umgehend die international anerkannten Vorkehrungen zum Schutz vor rechtswidrigen Zwangsräumungen getroffen werden und wenn Personen im Zuge der Räumung obdachlos werden. Die Lokalbehörden würden damit gegen internationale Menschenrechtsnormen verstoßen, zu deren Einhaltung sich Rumänien verpflichtet hat. Dieser Fall ist einer von vielen Fällen rechtswidriger Zwangsräumungen von Roma, die Amnesty International und andere Organisationen auf lokaler Ebene in Rumänien dokumentiert haben. Diese Fälle zeigen, dass die rumänischen Behörden es nach wie vor versäumen, diese unter dem Völkerrecht verbotene Praxis zu unterbinden und sicherzustellen, dass Räumungen stets mit angemessenen Schutzmaßnahmen einhergehen.

Rumänien hat sich darüber hinaus zur Einhaltung einer Reihe weiterer internationaler und regionaler Menschenrechtsabkommen verpflichtet, welche rechtswidrige Zwangsräumungen untersagen und deren Verhinderung verlangen. Dazu zählen der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Kinderrechtskonvention und das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 7 dargelegt, dass Räumungen lediglich als letzte Möglichkeit durchgeführt werden dürfen, wenn bereits alle anderen Alternativen ausgeschöpft wurden und wenn die betroffenen Personen wirksam konsultiert worden sind. Selbst wenn eine Räumung als gerechtfertigt betrachtet wird, darf sie nur dann durchgeführt werden, wenn angemessene Verfahrensgarantien in Kraft sind und Entschädigung für alle erlittenen Verluste und angemessene alternative Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden.

Erst im Dezember 2014 stellte der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in seiner regelmäßigen Überprüfung fest, dass Rumänien seinen internationalen Verpflichtungen nicht nachkommt, u. a. was rechtswidrige Zwangsräumungen und das Recht auf angemessenes Wohnen angeht. In seinen abschließenden Bemerkungen empfahl der Ausschuss die Umsetzung aller nötigen Maßnahmen, um den Zugang zu angemessenem Wohnraum für benachteiligte und marginalisierte Gruppen, einschließlich Roma, zu gewährleisten. Der Ausschuss forderte die rumänischen Behörden auf, die nationale Gesetzgebung dahingehend abzuändern, um Personen in informellen Siedlungen ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu garantieren. Zudem wurden die Behörden angehalten, sicherzustellen, dass Räumungen stets in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsnormen durchgeführt werden. So soll insbesondere verhindert werden, dass Roma vertrieben werden, "ohne konsultiert worden zu sein, Verfahrensgarantien zugesprochen bekommen zu haben und alternative Unterkünfte bzw. Entschädigungsleistungen erhalten zu haben, mit denen sie sich eine angemessene Unterkunft besorgen können".