Familien droht Abschiebung

Diese Urgent Action ist beendet.

Im Jahr 2020 setzte sich Amnesty International für die Freilassung von fünf Familien aus der Einwanderungshaft in den USA ein und rief dabei dazu auf, auch alle anderen dort inhaftierten Familien freizulassen. Von den fünf Familien wurden vier freigelassen und eine in ihr Herkunftsland abgeschoben. Da nach wie vor Dutzende Familien inhaftiert sind und von Abschiebung bedroht sein könnten, wird Amnesty International die Situation weiter beobachten und, falls nötig, neue Aktionen starten.

Ein meterhoher Grenzzaun aus Stahlstreben, darüber Stacheldrahtzaun, eine Person stemmt sich gegen den Zaun

Grenzzaun zwischen Mexiko und den USA im Januar 2019

28 Kindern und ihren Familien, die auf unbestimmte Zeit in Einwanderungshaftzentren in den US-Bundesstaaten Texas und Pennsylvania festgehalten werden, droht unmittelbar die Abschiebung in ihre Herkunftsländer. Viele von ihnen befinden sich seit fast eineinhalb Jahren in Haft. Es wurde keiner dieser Familien erlaubt, Asyl zu beantragen – wozu sie gemäß dem US-amerikanischen Recht sowie dem Völkerrecht berechtigt sind. Bei einer Abschiebung wären sie in erheblicher Gefahr. Die Behörden müssen diese Abschiebungen stoppen und sicherstellen, dass die Familien ihr Recht wahrnehmen können, einen Asylantrag zu stellen.

Appell an

Acting Director Tony Pham

U.S. Immigration and Customs Enforcement

500 12th St., SW

Washington, D.C. 20536


USA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika

Frau Robin Suzanne Quinville

Geschäftsträgerin a.i.


Clayallee 170, 
14195 Berlin

Fax: 030-83 05 10 50

E-Mail: feedback@usembassy.de

 

Amnesty fordert:

  • Bitte stoppen Sie die Abschiebung der 28 Kinder und ihrer Familien.
  • Ich fordere Sie höflich auf, Ana* und Victoria* sowie alle anderen inhaftierten Familienangehörigen zusammen aus den Hafteinrichtungen zu entlassen, sodass sie ihr Recht, Asyl zu beantragen, in Sicherheit ausüben können.

Sachlage

Es besteht große Sorge um die 28 Kinder und ihre Familien, die in den Hafteinrichtungen für Familien in Dilley in Südtexas und Berks County in Pennsylvania festgehalten werden, darunter Ana* und Victoria*. Ihnen droht unmittelbar die Abschiebung und sie hatten nie die Gelegenheit, ihr Recht, einen Asylantrag zu stellen, auszuüben.

Die USA sind dazu verpflichtet, Menschen nicht abzuschieben, wenn ihnen in ihren Herkunftsländern Folter oder andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen. Außerdem müssen sie den Migrant_innen und Asylsuchenden eine faire Chance geben, Asyl zu beantragen.

Amnesty International erhält auch weiterhin glaubwürdige, übereinstimmende und beunruhigende Berichte von Familien über gefährliche Haftbedingungen, die alle Inhaftierten in Dilley, Südtexas, unnötigerweise einem hohen Risiko aussetzen. Angesichts zahlreicher bestätigter Covid-19 Fälle in Familienhaft drohen allen inhaftierten Familien schwere Erkrankungen und sogar der Tod, wenn sie sich mit dem Virus anstecken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die 28 Kinder und ihre Familienmitglieder – insgesamt 23 Familien – sind in unmittelbarer Gefahr, abgeschoben zu werden, nur weil sie auf der Suche nach Sicherheit in die USA gekommen sind. Zurzeit sind sie in den Hafteinrichtungen für Familien in Dilley, Texas, und Berks County, Pennsylvania, inhaftiert. Das dritte Familienhaftzentrum liegt in Karnes County, Texas. Die US-Einwanderungs- und Zollbehörde (Immigration and Customs Enforcement – ICE) hält aktuell Dutzende Familien in diesen drei Einrichtungen fest.

Ana* (22) und ihre Tochter Victoria* (4) sind nach wiederholten Morddrohungen aus Honduras geflohen, nachdem der Partner von Ana (der Vater von Victoria) wegen seiner politischen Überzeugung getötet wurde. Sie beantragten vor über neun Monaten Asyl in den USA und befinden sich seither in Haft. Die ICE wurde wiederholt darüber informiert, dass Victoria an Asthma leidet und daher durch Covid-19 besonders gefährdet ist. Dennoch weigert sich die Behörde, sie freizulassen. Ana leidet an Eierstockzysten und hat dadurch seit Monaten Schmerzen. Trotzdem erhält sie keine angemessene medizinische Versorgung. Victoria hat seither Angstattacken, Albträume und macht ins Bett – das hat sie vorher nicht getan.

Im Juni 2020 wurde der Ausbruch von Covid-19 in den Familienhafteinrichtungen bestätigt. Die inhaftierten Familien sind in höchster Gefahr, sich mit Covid-19 zu infizieren, da die hygienischen Bedingungen unzureichend sind und es an medizinischer Versorgung mangelt. Ein_e Bundesrichter_in bezeichnete die Einrichtungen als "Brennpunkte", nachdem Covid-19 in den Haftzentren bestätigt wurde und nur unangemessene Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Trotzdem werden die Familien weiterhin dort festgehalten. Familien, die sich in Einwanderungshaft befinden, fühlen sich Covid-19 schutzlos ausgeliefert. Die ICE hat die Befugnis, Familien zusammen aus der Haft zu entlassen, und hat dies in der Vergangenheit auch getan. Jetzt jedoch hat sie sich darauf verlegt, diese Befugnis nicht auszuüben und Familien unbegrenzt in Haft zu lassen. Die Familien dürfen nicht abgeschoben werden, sondern müssen umgehend zusammen freigelassen werden, sodass sie ihr Recht auf Asyl wahrnehmen können.

Im Mai 2020 stellte die ICE die inhaftierten Eltern mit Kindern, die zum Teil erst ein Jahr alt waren, vor eine unmögliche Wahl: sich von ihren Kindern zu trennen, die zu Pflegeltern kämen, während die Eltern in unbegrenzter Haft blieben und möglicherweise abgeschoben würden, oder zusammen zeitlich unbegrenzt in Haft zu bleiben. Amnesty International USA hat den Bericht Family Separation 2.0: 'You aren’t going to separate my from my only child mit Aussagen der Eltern herausgebracht.

Gemäß dem Völkerrecht ist die US-Regierung verpflichtet sicherzustellen, dass die Menschenrechte von Migrant_innen und Asylsuchenden gewahrt, geschützt und respektiert werden. Hinzu kommt die Verpflichtung, Kinder nur unter außergewöhnlichen Umständen zu inhaftieren, und auch dann nur für den kürzest möglichen Zeitraum. In internationalen Normen bestehen deutliche Vorbehalte gegen die Inhaftierung von Migrant_innen und Asylsuchenden. Hierzu zählen auch Abkommen, zu deren Vertragsstaaten die USA gehören. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte schreibt ausdrücklich das Recht auf Freiheit von willkürlicher Inhaftierung fest. Die Inhaftierung von Asylsuchenden sollte immer nur als letztes Mittel angewandt werden, wenn alle Alternativen ausgeschöpft und im Einzelfall als nicht angemessen beurteilt wurden. Die US-Regierung ist zudem verpflichtet, Menschen nicht abzuschieben, wenn ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverstöße drohen würden. Die Migrant_innen und Asylsuchenden müssen eine faire Chance erhalten, Asyl zu beantragen.

Die 28 Kinder und ihre Familien dürfen nicht abgeschoben werden. Sie kamen in die USA auf der Suche nach Schutz vor Gewalt und Verfolgung. Es muss ihnen möglich sein, ihr Recht, Asyl zu beantragen, in Sicherheit auszuüben. Alle Familien müssen zusammen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Es gibt Personen, die darauf warten, sie aufnehmen zu können. Zudem besteht kein Grund, Kinder und Eltern nicht zusammen freizulassen. Die Alternative, die Familien auseinanderzureißen und nur die Kinder freizulassen, ist inakzeptabel. Die erzwungene Familientrennung verletzt zahlreiche Menschenrechte, darunter das Recht auf Einheit der Familie, das Recht auf Freiheit, und die Verpflichtung, das Kindeswohl an erste Stelle zu setzen.