Obdachlos nach Zwangsräumungen

Frauen und Kinder sitzen vor ihrer Hütte auf dem Boden

Binnenvertriebene Frauen und Kinder im Amuru-Distrikt im Norden Ugandas

In der Apaa-Region im nördlichen Uganda haben Soldat_innen seit dem 15. März ganze Gemeinden gewaltsam aus ihren Unterkünften vertrieben. Mehr als 250 Häuser und andere Unterkünfte sind bislang niedergebrannt und zerstört worden. Damit sind Hunderte Menschen, darunter Kinder, obdachlos. Die rechtswidrigen Zwangsräumungen sind von den Behörden angeordnet worden und verstoßen nicht nur gegen die Verfassung sondern auch gegen internationale Menschenrechtsnormen.

Appell an

Präsident

Yoweri Museveni

State House Office, Entebbe

P.O. Box 25497

Kampala, UGANDA

Sende eine Kopie an

Uganda Wildlife Authority

Sam Mwandha 


Plot 7, Kira Road, Kamwokya

P. O. Box 3530

Kampala, UGANDA

E-Mail: info@ugandawildlife.org

Botschaft der Republik Uganda

S.E. Herr Marcel Robert Tibaleka

Axel-Springer-Straße 54 A


10117 Berlin

Fax: 030-2404 7557

E-Mail: office@ugandaembassyberlin.de

Amnesty fordert:

  • Bitte beenden Sie unverzüglich die rechtswidrigen Zwangsräumungen.
  • Stellen Sie sicher, dass den Opfern der Zwangsräumungen Soforthilfe bereitgestellt wird und sie insbesondere mit Notunterkünften ausgestattet werden sowie Zugang zu Essen und sanitären Einrichtungen erhalten. Veranlassen Sie die sichere Rückkehr der Vertriebenen in ihre Häuser.
  • Leiten Sie bitte eine unparteiische, gründliche und transparente Untersuchung der Zwangsräumungen und Berichte über die Gewaltanwendung der ugandischen Soldaten in die Wege, damit die Verantwortlichen in einem fairen Gerichtsverfahren zur Rechenschaft gezogen werden.

Sachlage

Hunderte Bewohner_innen der Dörfer Oyanga, Luru, Acholi Ber und Gaji in der Apaa-Region im nördlichen Uganda sind seit dem 15. März obdachlos. An diesem Tag waren die Zwangsräumungen von Angehörigen der ugandischen Streitkräfte durchgeführt worden. Infolge der Zwangsräumungen mussten Hunderte Menschen, darunter auch Kinder, die Nächte draußen im Busch ohne Dach über dem Kopf verbringen. In Uganda ist gerade Regenzeit. Die jüngsten Zwangsräumungen fanden am 11. Mai statt. Bislang haben Soldat_innen mehr als 250 Unterkünfte niedergebrannt, Eigentum zerstört und Dorfbewohner_innen verprügelt. Bewohner_innen von betroffenen Gemeinden berichteten von bewaffneten Soldat_innen, die sie geschlagen und sowohl ihr Essen als auch ihre Ernte verbrannt hätten. Außerdem war ihnen mit weiterer Gewalt gedroht worden, um sie einzuschüchtern und zum Verlassen ihrer Häuser zu bewegen.

Laut Medienberichten wurden die Zwangsräumungen auf Geheiß der Behörden Uganda Wildlife Authority und der National Forestry Authority ausgeführt. Die Behörden werfen den Dorfbewohner_innen vor, den Zoka-Wald und das Naturschutzgebiet East Madi zu besetzen.

Die Zwangsräumungen verstoßen gegen eine richterliche Anordnung des Hohen Gerichts der Stadt Gulu im nördlichen Uganda. Dieses hatte im Februar 2018 angeordnet, alle Räumungen solange auszusetzen, bis es eine Anhörung und Entscheidung in einer von den Dorfbewohner_innen eingereichten Klage bezüglich des Landkonfliktes gegeben hat. Außerdem sind die Zwangsräumungen ohne die nötigen Schutzmaßnahmen, wie sie in den internationalen Menschenrechtsnormen festgeschrieben sind, durchgeführt worden. Nicht zuletzt sind die ugandischen Behörden verpflichtet, die willkürliche Vertreibung von Bevölkerungsgruppen zu unterlassen, zu verbieten und zu verhindern, da Uganda Mitgliedstaat der Afrikanischen Union ist und das Rahmenabkommen zu Schutz und Hilfe von Binnenvertriebenen in Afrika (Kampala-Konvention) unterzeichnet hat. Stattdessen steht Uganda in der Pflicht, Binnenvertriebene zu schützen und ihnen ohne jede Diskriminierung humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Apaa-Region ist seit Jahrzehnten Schauplatz von Gebietsstreitigkeiten. Schon während des LRA-Konfliktes, der von Kämpfen zwischen der paramilitärischen Widerstandsbewegung Lord’s Resistance Army gegen ugandische Truppen geprägt war, mussten die Bewohner_innen der Apaa-Region fliehen und sich in Camps außerhalb ihrer Dörfer niederlassen. Im Jahr 2002, als sie immer noch in den Camps wohnten, gab das Parlament die Region amtlich als Naturreservat aus, um den Tourismus im Norden des Landes zu fördern. Jetzt befindet sich die Apaa-Region in einem Streit um die Landrechte, der zwischen zwei Distrikten ausgetragen wird: Adjumani hat die Region zum Tier- und Naturschutzgebiet ernannt, während Amuru die Region als angestammtes Siedlungsgebiet der Gemeinden betrachtet.

Am 10. Februar 2012 sprach das Hohe Gericht in Gulu eine einstweilige Verfügung aus, die der Uganda Wildlife Authority (UWA) und ihren Vertreter_innen verbot, mit der "weiteren Zwangsräumung, Beschlagnahmung, Umwälzung des Landes und/oder der Einmischung in die Rechte, Besetzung und Nutzung des Landes fortzufahren, das den lokal ansässigen Gemeinden in der Region Pabbo und Apaa im Amuru-Distrikt gehört, bis eine Entscheidung in dem Prozess getroffen wird". Ungeachtet dieser Anordnung führten die ugandischen Soldat_innen die Zwangsräumungen der Gemeinden fort und besetzten weiter die Region. Nach den Zwangsräumungen hinderten sie die Gemeinden daran, sich ihre zerstörte Lebensgrundlage wieder aufzubauen. Im Jahr 2018 siedelten manche der vertriebenen Personen in andere Teile des Amuru Distrikts um. Andere, die keine Alternative hatten, kehrten in das strittige Gebiet zurück. Die letzte Gerichtsentscheidung in dem Fall gab es im Februar 2018.

Rachel* (geänderter Name) stammt aus dem Dorf Luru 'A’ in Apaa und erzählte, wie bewaffnete Soldaten am 1. Mai ihr Zuhause umstellt hatten. Sie wiesen sie an, all ihr Hab und Gut aus den drei Hütten zu räumen. Anschließend brannten sie die Unterkünfte nieder und nahmen das Eigentum mit. Rachel sagt, sie sei zweimal von den Männern geschlagen worden. Außerdem drohten sie ihr damit, sie umzubringen, falls sie zu ihrem Zuhause zurückkehren würde. Dann machten sie ein Foto von ihr. Rachel verbrachte eine Nacht im Busch und kehrte am nächsten Tag zu dem Land zurück, auf dem einen Tag zuvor noch ihr Zuhause gestanden hatte. Amnesty International erzählte sie, sie könne nirgendwo sonst hingehen.