Aktivist vorläufig freigelassen

Landkarte von Tschad

Tschad

Eine Ermittlungsrichterin hat dem tschadischen Aktivisten Maoundoe Decladore Djikoldingam bis zum Abschluss der Ermittlungen eine vorläufige Haftentlassung gewährt, damit er medizinische Behandlung erhalten kann.

Appell an

Justizminister

Ahmat Mahamat Hassan

Ministry of Justice

P.O.Box 2100

N’Djamena

TSCHAD

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Tschad

S.E. Herrn Abdoulaye Senoussi Mahamat

Lepsiusstraße 114

12165 Berlin

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie die Anklage gegen Maoundoe Decladore Djikoldingam fallen und beenden Sie die Ermittlungen gegen ihn.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass er während seiner vorläufigen Haftentlassung keinen Einschüchterungen oder Schikanen ausgesetzt wird.
  • Bitte beenden Sie alle Formen von Einschüchterung und Schikane, insbesondere durch die Nationale Sicherheitsbehörde ANS gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und -aktivist_innen im Tschad.

Sachlage

Eine Ermittlungsrichterin hat dem tschadischen Aktivisten Maoundoe Decladore Djikoldingam bis zum Abschluss der Ermittlungen eine vorläufige Haftentlassung gewährt, damit er medizinische Behandlung erhalten kann.

Maoundoe Decladore Djikoldingam wurde am 30. Mai von N’Djamena zu einer Anhörung bei der Untersuchungsabteilung der Gendarmerie in Moundou gebracht. Am selben Tag wurde er in das Büro der Staatsanwaltschaft überstellt, die den Fall vor eine Ermittlungsrichter_in brachte, die den Aktivisten wegen Störung der öffentlichen Ordnung anklagte. Die Richterin ordnete jedoch ebenfalls seine vorläufige Haftentlassung an, bis die Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen seien. Auf nachdrückliche Bitte seines Rechtsbeistandes hin soll damit sichergestellt werden, dass Maoundoe Decladore Djikoldingam wegen seines bedenklichen Gesundheitszustands ärztlich untersucht werden kann. Am 30. Mai wurde er ins Krankenhaus gebracht, da er an einem Bandscheibenvorfall leidet, weswegen er täglich Medikamente einnehmen muss. Während seiner Haft hatte er keine angemessene medizinische Versorgung erhalten. Im Krankenhaus diagnostizierte man eine Typhuserkrankung bei ihm und empfahl seine Verlegung in ein geeignetes Krankenhaus in N’Djamena für den 12. Juni.

Maoundoe Decladore Djikoldingam, Sprecher der Zivilgesellschaftsplattform "ça doit changer" ("Das muss sich ändern"), wurde am 5. Mai um 21.00 Uhr von vier bewaffneten Männern in Zivil festgenommen, als er mit einem Freund an einer Bushaltestelle in Moundou wartete. Nach der Festnahme in Moundou brauchte man ihn seinem Rechtsbeistand zufolge am 9. Mai zu einer Haftanstalt der Nationalen Sicherheitsbehörde ANS in N’Djamena.

Einige Wochen vor seiner Festnahme war der Aktivist in ein Nachbarland geflohen, da er vermutete, dass Sicherheitsbeamt_innen nach ihm suchten. Laut seiner Familie und seinem Rechtsbeistand lag das an öffentlichen Aussagen seinerseits. Maoundoe Decladore Djikoldingam äußerte sich in den Medien über die Sicherheitslage im Tschad und ließ diplomatischen Vertretungen in der Hauptstadt N’Djamena Berichte über Menschenrechtsverletzungen zukommen. Seinen Angaben zufolge hatten Sicherheitskräfte am 26. Februar in Goré nahe der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik sechs Menschen getötet und zwölf weitere verletzt. Zudem hatte er am 15. April zu einem nationalen Trauertag aufgerufen und die Menschen aufgefordert, zuhause zu bleiben, um sowohl die hohe Jugendarbeitslosigkeit im Tschad als auch die Festnahme von zwei Vorsitzenden der Bürgerbewegung IYINA zu kritisieren. Maoundoe Decladore Djikoldingam kehrte am 26. April in den Tschad zurück. Er glaubte, dass sich die Wogen geglättet hätten und er sicher heimkehren könnte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Maoundoe Decladore Djikoldingam ist Sprecher der Zivilgesellschaftsplattform "ça doit changer", welche eine gute Regierungsführung einfordert, für mehr Transparenz eintritt und die Achtung fundamentaler Rechte durch die tschadischen Behörden verlangt. Der Aktivist kritisierte öffentlich die Festnahme der führenden zivilgesellschaftlichen Aktivisten Nadjo Kaina Palmer, Bertrand Sollo und Dingamnayal Nely Versinis im April 2017.

Nadjo Kaina Palmer wurde am 6. April festgenommen, als er einer Vorladung vom Direktor der ANS wegen der für den 10. April geplanten Demonstration gegen Korruption und Straflosigkeit nachkam. Am 3. April rief Nadjo Kaina Palmer bei einer Pressekonferenz die tschadische Bevölkerung dazu auf, zum Jahrestag der Präsidentschaftswahl 2016 am 10. April den "IYINA-Tag" abzuhalten. Sie wurden aufgefordert, sich rot zu kleiden oder einen roten Schal um den Kopf zu tragen, um ihre Unzufriedenheit mit der Misswirtschaft der Regierung zum Ausdruck zu bringen und "Nein zu schlechter Regierungsführung, Straflosigkeit und Erniedrigung zu sagen". Bertrand Sollo wurde am 15. April auf dem Weg zu einem Interview festgenommen. Dingamnayal Nely Versinis nahm man am 12. April im Rathaus von N’Djamena fest, als er dort einer Vorladung durch Angestellte des Rathauses nachkam. Dingamnayal Nely Versinis’ Festnahme fand vor seinem Streikaufruf an die Händler_innen des Markts Marché du Mil in N’Djamena statt, mit dem er gegen die Erhöhung der Marktstandmieten protestieren wollte. Am 27. April wurden die drei tschadischen Aktivisten einem Richter des Hohen Gerichts von N’Djamena vorgeführt. Dingamnayal Nely Versinis wurde freigesprochen und aus der Haft entlassen, weil es nicht genügend Beweise für die ihm zugeschriebene Straftat gab. Der Staatsanwalt hatte ihn des Betruges und der Verwendung eines falschen Titels angeklagt und eine sechsmonatige Haftstrafe gefordert. Nadjo Kaina Palmer und Bertrand Sollo warf man versuchte Verschwörung und den Aufruf zu einer nicht genehmigten Versammlung am 26. April vor. Beide wurden am 4. Mai wegen Anstiftung zur Rebellion zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Maoundoe Decladore Djikoldingam hat verschiedene Tötungen in Goré nahe der tschadischen Grenze zur Zentralafrikanischen Republik dokumentiert. Seinen Angaben zufolge hatten am 26. Februar Sicherheitskräfte in eine Menschenmenge schossen, als sie versuchten, einen Streit zwischen zwei Familien zu schlichten. Bei dem Vorfall wurden sechs Menschen getötet und zwölf weitere verletzt.