Geschäftsmann seit vier Monaten willkürlich in Haft

Südsudan: Vorsätzliche Tötungen durch Regierungstruppen

Der Südsudan und angrenzende Länder, Landkarte aus dem Jahr 2011.

Der südsudanesische Geschäftsmann und Stiftungsleiter Kerbino Agok Wol ist seit dem 27. April inhaftiert. Er wird zurzeit in der NSS-Zentrale in Juba festgehalten. Der Zugang zu einem Rechtsbeistand wird ihm bislang verwehrt und es wurde ihm auch nicht mitgeteilt, was ihm zur Last gelegt wird. Seit seiner Inhaftierung hat sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, eine angemessene medizinische Versorgung erhält er jedoch nicht.

Appell an

Präsident Salva Kiir Mayardit

c/o Botschaft der Republik Südsudan

I.E. Frau Beatrice Khamisa Wani Noah

Leipziger Platz 8, 10117 Berlin

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Südsudan

I.E. Frau Beatrice Khamisa Wani Noah

Leipziger Platz 8

10117 Berlin


Fax: 030-206 445 91 9

E-Mail: info@embassy-southsudan.de

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Kerbino Agok Wol umgehend frei oder klagen Sie ihn einer international als Straftat anerkannten Handlung an.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Kerbino Agok Wol während seiner Inhaftierung weder gefoltert noch in anderer Weise misshandelt wird.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Kerbino Agok Wol regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und den Rechtsbeiständen seiner Wahl sowie die benötigte medizinische Versorgung durch qualifizierte Ärzt_innen erhält.

Sachlage

Der südsudanesische Geschäftsmann und Wohltäter Kerbino Agok Wol wurde am 27. April zum sudanesischen Geheimdienst NSS vorgeladen.  Kerbino Agok Wol ist der Geschäftsführer der Versicherungsgesellschaft KASS und Gründer der gemeinnützigen Stiftung Nile Foundation. Als er zur Vorladung im Büro des NSS erschien, teilte man ihm mit, dass er verhaftet sei.

Seine Familie darf ihn besuchen, es wurde ihm jedoch nicht mitgeteilt, was man ihm zur Last legt und der Zugang zu einem Rechtsbeistand wird ihm ebenfalls verwehrt.

Amnesty International ist darüber besorgt, dass er seit mehr als zwei Monaten in Einzelhaft gehalten wird. Sein Gesundheitszustand hat sich in den letzten vier Monaten aufgrund der Haftbedingungen verschlechtert und es besteht die Befürchtung, dass er nicht die angemessene medizinische Behandlung erhält.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit im Dezember 2013 der bewaffnete Konflikt im Südsudan ausgebrochen ist, wurden bereits mehrere Hundert Menschen, überwiegend Männer, im Auftrag des südsudanesischen Nationalen Geheimdienstes NSS und des Militärgeheimdienstes in verschiedenen über die Hauptstadt Juba verteilten Hafteinrichtungen inhaftiert. Viele der Inhaftierten werden als "politische Gefangene" eingestuft. Ihnen wird vorgeworfen, mit der Opposition in Kontakt zu stehen oder diese unterstützt zu haben.

Amnesty International hat zahlreiche willkürliche Inhaftierungen des NSS dokumentiert. In mehreren Hafteinrichtungen sind die Gefangenen Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt – einige werden ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand oder Familienangehörigen festgehalten. Andere sind Opfer des Verschwindenlassens geworden. In den Hafteinrichtungen des NSS erhalten die Gefangenen oft nur eine einseitige Ernährung bestehend aus Bohnen und Posho (ein traditionelles Maisgericht). Die meisten Gefangenen müssen auf dem Boden schlafen. Einige sind heftig geschlagen worden, zumeist während ihrer Verhöre oder als eine Form der Bestrafung. Aufgrund der schlechten Haftbedingungen und des unzureichenden Zugangs zu medizinischer Versorgung verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand der Gefangenen häufig.

Die südsudanesischen Behörden setzen seit dem Ausbruch des Konflikts im Dezember 2013 häufig lange und willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen sowie Folter und andere Formen der Misshandlung ein. Doch nach den Zusammenstößen zwischen der Regierung und der Opposition in Juba im Juli 2016, die im Kontext der zunehmend brutalen Aufstandsbekämpfung gegen vermeintliche und tatsächliche Regierungsgegner_innen standen, geraten Menschen, die als Teil der Opposition betrachtet werden, zunehmend ins Visier.

Die politische Stimmung im Südsudan lässt immer weniger Kritik an den Positionen der Regierung und ihrer Politik zu. Zivilgesellschaftlich engagierte Personen, Menschenrechtsverteidiger_innen und unabhängige Journalist_innen werden eingeschüchtert, schikaniert und inhaftiert. Dies hat zu einem Klima der Selbstzensur in den Medien und bei Menschenrechtsverteidiger_innen geführt: Die Menschen fühlen sich durch die allgegenwärtige staatliche Überwachung nicht mehr sicher, frei und offen über den anhaltenden Konflikt im Land zu sprechen.