Sri Lanka: Student seit 3 Jahren ohne Anklage in Haft

Sri Lanka

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Mohamed Imaam Mohamed Imran wurde am 9. Mai 2019 als 20-Jähriger unter dem drakonischen sri-lankischen Antiterrorgesetz festgenommen. Drei Jahre später befindet er sich immer noch ohne Anklageerhebung in Haft. Gemäß internationaler Menschenrechtsnormen muss er entweder umgehend freigelassen oder einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden.

Appell an

Director of Terrorism Investigation Division

Mr. A.R.P.J. Alwis

No. 149, Bootani Capital Building

Polhengoda, Colombo 05

SRI LANKA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Demokratischen Sozialistischen Republik

Sri Lanka

I.E. Frau Manori Premila Unambuwe


Niklasstraße 19

14163 Berlin

Fax: 030-809 097 57

E-Mail: slemb.berlin@mfa.gov.lk

 

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie Mohamed Imaam Mohamed Imran entweder unverzüglich frei oder klagen Sie ihn bei ausreichender Beweislage umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung an.
  • Sorgen Sie bis dahin bitte dafür, dass seine Verfahrensrechte gewährleistet sind, dass er die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung anfechten kann und dass er Zugang zu einer fairen Kautionsanhörung hat.

Sachlage

Der Computertechnikstudent Mohamed Imaam Mohamed Imran wurde am 9. Mai 2019 in Kattankudy von der Polizei festgenommen. Als Rechtfertigung für die Festnahme wurde das Antiterrorgesetz (Prevention of Terrorism Act – PTA) angeführt, doch drei Jahre später ist der Student noch immer nicht angeklagt worden. Auch wurden bisher keine Nachweise über eine international als Straftat anerkannte Handlung vorgelegt. Damit verstößt Sri Lanka gegen das Recht von Mohamed Imran, nicht willkürlich inhaftiert zu werden und unverzüglich Informationen über die Vorwürfe gegen ihn zu erhalten.

Familienangehörige von Mohamed Imran gaben an, nach seiner Festnahme weder eine entsprechende Bestätigung noch eine Haftanordnung erhalten zu haben. Erst am 29. März 2022, zwei Jahre und zehn Monate nach seiner Festnahme, wurde eine Haftanordnung ausgestellt. Diese Verfahrensfehler sowie ungerechtfertigte Bestimmungen des PTA verstoßen gegen verfahrensrechtliche Garantien und internationale Menschenrechtsnormen.

Mohamed Imran ist seit seiner Festnahme erst vier Mal vor Gericht erschienen, zuletzt im September 2021. Der Mangel an gerichtlicher Aufsicht sowie die anhaltende Verwaltungshaft bedeuten, dass der Student Gefahr läuft, durch die Polizei gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Zudem verstößt die anhaltende Inhaftierung von Mohamed Imran gegen die internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren sowie gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Sri Lankas unter dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der 23-jährige Mohamed Imaam Mohamed Imran ist ein Computertechnikstudent und arbeitet in der Beleuchtungsbranche im Vertrieb. Er wohnt in Kattankudy in der Ostprovinz Sri Lankas und unterstützt mit seinem Einkommen seine 54-jährige Mutter, die alleinerziehend ist und für das Studium ihres Sohnes ihr Haus verkauft hat. Auch seine Großmutter war auf sein Einkommen angewiesen. Sie ist während seiner Inhaftierung verstorben.

In der Haftanordnung, die vom Präsidenten in seiner Funktion als Verteidigungsminister unterschrieben wurde, heißt es, dass Mohamed Imran wegen des Verdachts auf "Verbindungen zu oder Beteiligung an rechtswidrigen Aktivitäten" inhaftiert sei. Des Weiteren soll er "Beihilfe für die Selbstmordattentäter bei den Anschlägen zum Ostersonntag am 21. April 2019" geleistet haben sowie "Waffentrainings und extremistische Vorträge von Mohomad Casim Mohamed Saharan und seinen Unterstützer_innen besucht und dies vor den Sicherheitskräften geheim gehalten" haben. Stichhaltige Beweise hierfür sind auch drei Jahre nach der Festnahme des Studenten nicht vorgelegt worden, und die Haftanordnung selbst bedeutet keine Anklageerhebung.

Im Jahr 2017 verwies Ben Emmerson, der damalige UN-Sonderberichterstatter zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Kampf gegen den Terrorismus, auf die Bilanz der Behörden Sri Lankas bei der Verfolgung von Minderheiten unter dem Vorwurf des Terrorismus. Er sagte, dass das PTA vor und auch während des Konflikts dazu benutzt worden sei, um schlimme Menschenrechtsverletzungen zu begehen, so z. B. Folter und willkürliche Inhaftierungen, insbesondere um Minderheiten ins Visier zu nehmen und abweichende Meinungen zu unterdrücken. In dem Bericht des Sonderberichterstatters wurde auch hervorgehoben, dass die sri-lankischen Behörden von jeher Personen mit "tatsächlichen oder vermeintlichen Verbindungen zu bewaffneten Gruppen unter terrorismusbezogenen Gesetzen verfolgen und sie jahrelang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren, ohne gerichtliche Prüfung ihrer Inhaftierung und mit fast keiner Möglichkeit einer Freilassung festhalten".

Die Menschenrechtskommission von Sri Lanka legte 2016 dem UN-Ausschuss gegen Folter einen Bericht vor, demzufolge Folter "in allen Teilen des Landes routinemäßig angewendet wird, unabhängig von der Art der vermeintlichen Straftat, wegen der die Person festgenommen wurde". In einer neueren Studie vom Dezember 2020 stellte die Menschenrechtskommission fest, dass Personen, die unter dem PTA inhaftiert sind, verschiedenen Formen der Gewalt ausgesetzt sind. Darin heißt es, dass "Gewalt im Polizeigewahrsam ein zentrales Element des Ermittlungsprozesses ist. Dabei wird Folter angewendet, um den Inhaftierten Informationen, Geständnisse und Beweise zu entlocken." Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte hat die sri-lankische Regierung aufgefordert, die Anwendung des PTA für neue Festnahmen so lange auszusetzen, bis das Antiterrorgesetz durch rechtliche Regelungen ersetzt wird, die internationalen Standards entsprechen.

Die sri-lankischen Behörden sind verpflichtet, gegen Personen zu ermitteln, denen Menschenrechtsverletzungen oder -verstöße vorgeworfen werden, und diese in fairen Verfahren vor Gericht zu stellen. Doch dies muss in Übereinstimmung mit den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren geschehen, was auch bedeutet, dass die Angeklagten Zugang zu rechtlicher Vertretung haben müssen und vor unabhängige Gerichte gestellt werden müssen. Diese Rechte ergeben sich aus internationalen Menschenrechtsnormen, denen Sri Lanka unterliegt, sowie aus der sri-lankischen Verfassung.

In Artikel 14 (3) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte heißt es unter anderem: "Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat in gleicher Weise im Verfahren Anspruch auf folgende Mindestgarantien: a) Er ist unverzüglich und im einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten; b) er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben; c) es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen."