Russland: Aktivistin in Strafkolonie verlegt

Das Bild zeigt das Porträtbild einer Frau

Die Krankenschwester und Menschenrechtsverteidigerin Irina Danilovich ist auf der von Russland besetzten Krim willkürlich inhaftiert (undatiertes Foto).

Irina Danilovich, einer Krankenschwester und Menschenrechtsverteidigerin aus der von Russland besetzten Krim, droht der Verlust des Hörvermögens aufgrund schlechter Haftbedingungen. Sie wurde im April 2022 von russischen Sicherheitskräften entführt und im Dezember desselben Jahres nach einem unfairen Gerichtsverfahren zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie Kritik am Gesundheitssystem geübt und Korruption angeprangert hatte. Vor Kurzem verlegte man sie in eine Strafkolonie in der Region Stawropol. Auch dort wird ihr trotz des drohenden Hörverlusts nach wie vor eine ärztliche Untersuchung verweigert.

Appell an

Menschenrechtskommissarin

Tatiana Moskalkova

Smolensky Boulevard, 19
с2

119121 Moskau

RUSSISCHE FÖDERATION

Sende eine Kopie an

Botschaft der Russischen Föderation

S. E. Herrn Sergej J. Netschajew

Unter den Linden 63-65

10117 Berlin

Fax: 030-2299 397


E-Mail: info@russische-botschaft.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, dafür zu sorgen, dass Irina Danilovich umgehend und bedingungslos freigelassen und freigesprochen wird, und dass alle konstruierten Anklagen gegen sie fallengelassen werden.
  • Stellen Sie bis zu ihrer Freilassung bitte sicher, dass sie dringend die benötigte medizinische Versorgung erhält und weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.
  • Sorgen Sie zudem dafür, dass die Personen, die für ihre schlechten Haftbedingungen und die Verweigerung der Gesundheitsversorgung verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden.

Sachlage

Die Krankenschwester Irina Danilovich, die aufgrund konstruierter Vorwürfe inhaftiert ist, wurde in die Strafkolonie Nr. 7 in Selenokumsk in der Region Stawropol verlegt. Irina Danilovichs fortgesetzte Inhaftierung, ihr sich verschlechternder Gesundheitszustand und die Verweigerung einer angemessenen medizinischen Versorgung bringen ihr Leben in Gefahr.

Irina Danilovich hatte vor ihrer Verlegung monatelang über akute Ohren- und Kopfschmerzen geklagt, erhielt aber nicht die notwendige medizinische Versorgung. Im März 2023 war sie aus Protest gegen die schlechte Gesundheitsversorgung in den Hungerstreik getreten. Daraufhin wurde sie ins Krankenhaus gebracht, wo ihr die Ärzt*innen weitere medizinische Untersuchungen und Behandlungen verschrieben. Die Behörden der Haftanstalt SIZO-1 verweigern ihr jedoch weiterhin die erforderliche Gesundheitsversorgung.

Der Zustand von Irina Danilovich hat sich seit ihrer Verlegung in die Strafkolonie verschlechtert; dennoch weigert sich das medizinische Personal, sie zu untersuchen. Die Menschenrechtlerin ist bereits teilweise taub und könnte ihr restliches Hörvermögen verlieren, wenn sie nicht schnellstmöglich die erforderliche Behandlung erhält. Die Verweigerung medizinischer Versorgung kann eine Form von Folter oder anderer Misshandlung darstellen. Irina Danilovich muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Gegner*innen der Besetzung und rechtswidrigen Annektierung der Krim-Halbinsel durch Russland, die die dort seit 2014 begangenen Menschenrechtsverletzungen anprangern, werden verfolgt. Sie werden schikaniert und eingeschüchtert, wegen konstruierter Anklagen strafrechtlich verfolgt, und es gibt Berichte über Verschwindenlassen.

Die Menschenrechtsverteidigerin und zivilgesellschaftliche Aktivistin Irina Danilovich deckte Probleme des Gesundheitssystems auf der Krim auf. Sie hat sich öffentlich gegen Fälle der politisch motivierten strafrechtlichen Verfolgung, des Verschwindenlassens und der willkürlichen Inhaftierung von Menschenrechtsverteidiger*innen und anderen Aktivist*innen ausgesprochen. Am 29. April 2022 wurde sie in Koktebel auf der Krim-Halbinsel von Angehörigen der russischen Sicherheitskräfte entführt. Bis zum 11. Mai 2022 war ihren Familienangehörigen nichts über ihr Schicksal und ihren Verbleib bekannt. Irina Danilovich gibt an, dass ihr mehrfach die Hinrichtung angedroht wurde und dass sie die meiste Zeit unter unmenschlichen Bedingungen in einem Keller festgehalten wurde. Sie berichtete, dass sie von ihren Entführer*innen gefoltert und anderweitig misshandelt wurde, um ein "Geständnis" wegen Landesverrats zu erzwingen. Als sie kein "Geständnis" abgab, habe man Sprengstoff unter ihren persönlichen Gegenständen versteckt, der schließlich zur strafrechtlichen Verfolgung und zu ihrer Verurteilung wegen "Waffenbesitzes" führte.

Ihr Prozess begann am 22. August 2022 vor dem Stadtgericht von Feodosia und war von zahlreichen Verstößen gegen die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren geprägt. Am 28. Dezember 2022 wurde sie nach Paragraf 222.1, Absatz 1 des russischen Strafgesetzbuchs wegen "Waffenbesitzes" zu sieben Jahren Haft und einer Geldstrafe von 50.000 Rubel (etwa 600 Euro) verurteilt. Sowohl ihre Verurteilung unter dem russischen Strafrecht als auch ihre Verlegung in eine russische Strafkolonie verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht, das auf besetzte Gebiete anwendbar ist.

Am 20. März 2023 trat Irina Danilovich in den Hungerstreik, um dagegen zu protestieren, dass ihr im Gefängnis die dringend benötigte medizinische Versorgung verwehrt wurde. Daraufhin wurde sie in ein Krankenhaus gebracht, wo Ärzt*innen ihr weitere medizinische Untersuchungen und Behandlungen verschrieben. Nichtsdestotrotz wurde sie in die Hafteinrichtung SIZO-1 in Simferopol zurückgebracht, wo ihr die dringend benötigte Gesundheitsversorgung weiterhin verweigert wurde. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich weiterhin und sie hat bereits einen Teil ihres Gehörs verloren.

Im Juni 2023 fand vor dem De-facto Obersten Gerichtshof der Krim ihr Berufungsverfahren statt, in dem ihr Strafmaß um einen Monat reduziert, ihr Schuldspruch jedoch aufrechterhalten wurde. Während des Berufungsverfahrens wies das Gericht den Antrag von Irina Danilovich ab, die Anhörung aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands zu vertagen. Sie musste der Anhörung daher online beiwohnen, obwohl sie aufgrund ihres Gehörverlusts Schwierigkeiten hatte, dem Verfahren zu folgen.