Immer noch willkürlich inhaftiert

Zeichnung eines Zelts

Am 17. Januar 2021 jährt sich die willkürliche Inhaftierung von 15 Flüchtlingen und Asylsuchenden aus der Demokratischen Republik Kongo und einem Flüchtling aus Äthiopien zum zweiten Mal. Sie werden unter unmenschlichen Bedingungen in einer Polizeistation in Pemba im Nordosten Mosambiks festgehalten. Die 16 Personen müssen umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Helena Kida

Minister of Justice

Av. Olof Palme 46/48

Maputo

MOSAMBIK

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Mosambik

S.E. Herrn Sérgio Nathú Cabá

Stromstraße 47

10551 Berlin

Fax: (030) 398 765 03

E-Mail: info@embassy-of-mozambique.de


 

 

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie die 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden aus Äthiopien und der DR Kongo umgehend und bedingungslos frei, damit sie in das Flüchtlingslager Maratane in Nampula zurückkehren können. Stellen Sie zudem angemessene Entschädigungsleistungen bereit.
  • Sorgen Sie dafür, dass niemand unter Druck gesetzt wird, Rückführungsanträge zu unterschreiben. Schieben Sie gemäß Ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen niemanden in sein oder ihr Herkunftsland oder in andere Länder ab, in denen ihm oder ihr schwere Menschenrechtsverletzungen drohen würden.

Sachlage

15 Flüchtlinge und Asylsuchende aus der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) und ein Flüchtling aus Äthiopien werden willkürlich auf der Dritten Polizeiwache in Pemba in der Provinz Cabo Delgado, Nordmosambik, festgehalten.

Die 16 Personen wurden am 17. Januar 2019 ohne Haftbefehl festgenommen. Seit zwei Jahren befinden sie sich ohne Kontakt zu ihren Familien in willkürlicher Haft. Man hat sie weder über den Grund ihrer Inhaftierung noch über Verwaltungs- oder Strafverfahren gegen sie informiert. Auch wurden sie noch nie vor Gericht gestellt – was ihrer Inhaftierung eine rechtliche Grundlage geben könnte. Laut Artikel 308, §1°, Nr.3, der mosambikanischen Strafprozessordnung dürfen Personen nicht länger als 90 Tage nach ihrer Festnahme in Untersuchungshaft gehalten werden.

Die 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden werden seit zwei Jahren unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten. Eigenen Angaben zufolge teilen sie sich eine Gefängniszelle ohne Toilette, weshalb sie im Hof der Polizeiwache Löcher graben und diese als Toilette benutzen müssen. Sie müssen schmutziges Wasser aus dem Wasserhahn in der Zelle trinken und werden nicht angemessen mit Nahrungsmitteln versorgt. Matratzen gibt es nicht, stattdessen müssen sie auf dem Boden schlafen. Ihre anhaltende willkürliche Inhaftierung während der Covid-19-Pandemie stellt für die 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden ein zusätzliches und sehr ernstes Gesundheitsrisiko dar. Die Gefängnisbehörden haben bisher keine Maßnahmen ergriffen, um der Ausbreitung von Covid-19 auf der Dritten Polizeiwache in Pemba vorzubeugen.

Am 12. März 2019 beantragten die Rechtsbeistände der 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden die vorübergehende Freilassung ihrer Mandant_innen. Das Provinzgericht in Pemba hat immer noch nicht über den Antrag entschieden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die 15 Flüchtlinge und Asylsuchenden aus der DR Kongo und der Flüchtling aus Äthiopien wurden am Abend des 17. Januar 2019 im Flüchtlingslager Maratane in der mosambikanischen Provinz Nampula willkürlich von Angehörigen der Polizei und der Einwanderungsbehörde festgenommen. Ihren Angaben zufolge kamen die Beamt_innen in das Flüchtlingslager und begannen, sie zu schlagen, ihnen Handschellen anzulegen und sie ohne Haftbefehl abzuführen. Zwei Tage später verlegte man sie auf die Dritte Polizeiwache in Pemba in der Provinz Cabo Delgado.

Am 23. Januar 2019 versuchte die mosambikanische Regierung, sieben der 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden in die DR Kongo abzuschieben. Laut Angaben der sieben Männer wurden sie von einem Angehörigen der Einwanderungsbehörde gezwungen, in ein Flugzeug nach Kinshasa zu steigen, ohne dass ihnen ein Ausweisungsbefehl vorgelegt wurde oder sie die Möglichkeit hatten, ihre Abschiebung anzufechten. Am Flughafen von Kinshasa wurde ihnen die Einreise in die DR Kongo verweigert und ihre Rückreise nach Mosambik angeordnet.

Im August 2019 arrangierte ein hochrangiger Angehöriger der Einwanderungsbehörde SENAMI in Abwesenheit von Rechtsbeiständen ein Treffen mit den 16 Inhaftierten. Er sagte ihnen, sie seien im Flüchtlingslager Maratane nicht sicher und versuchte, sie dazu zu bringen, Anträge auf eine "freiwillige" Rückführung zu unterschreiben.

Am 31. Oktober 2019 erhielten die Inhaftierten Besuch vom stellvertretenden Innenminister, einigen Polizist_innen, einem hochrangigen Angehörigen der Einwanderungsbehörde SENAMI sowie einem Vertreter des staatlichen Flüchtlingsinstituts INAR. Laut Angaben der 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden erklärte man ihnen bei diesem Treffen, dass das Innenministerium ihnen das Aufenthaltsrecht in Mosambik abgesprochen hätte und dass sie nach ihrer Ausreise zehn Jahre lang nicht wieder einreisen dürften. Daraufhin setzte man sie offenbar unter Druck, Anträge auf eine "freiwillige" Rückführung zu unterschreiben und drohte ihnen andernfalls mit langer Inhaftierung.

Im Mai 2020 befasste sich die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen (UNWGAD) auf ihrer 87. Sitzung mit dem Fall der 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden und kam zu dem Schluss, dass ihre Festnahme und Inhaftierung ohne Rechtsgrundlage erfolgten und daher willkürlich seien.

Alle Menschen – auch Migrant_innen, Migrant_innen ohne regulären Aufenthaltsstatus, Asylsuchende und Flüchtlinge – haben das Recht auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren sowie verfahrensrechtliche Garantien und angemessene Haftbedingungen, wozu auch der Zugang zu Nahrung, Wasser und angemessener Gesundheitsversorgung zählt. Niemand darf willkürlich inhaftiert, misshandelt, kollektiv ausgewiesen oder abgeschoben werden. Entsprechend dem völkerrechtlichen Non-Refoulement-Prinzip dürfen Staaten niemanden in ein Land abschieben, in dem dieser Person schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Im April 2019 war das Sturmtief Kenneth über die Provinz Cabo Delgado hinweggezogen. Die Dritte Polizeiwache in Pemba, auf der die 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden festgehalten werden, wurde überflutet und befindet sich seither in einem sehr schlechten Zustand.

Seit Oktober 2017 werden in Cabo Delgado immer wieder Zivilpersonen durch bewaffnete Gruppen getötet. Die Unruhen begannen mit Angriffen im Bezirk Mocimboa da Praia im Norden der Provinz, die von Angehörigen der als Al-Shabaab bekannten Gruppe verübt wurden.

Alle 16 betroffenen Personen haben Familienangehörige, die sich im Flüchtlingslager Maratane in Nampula befinden und nicht über die nötigen Mittel verfügen, um nach Pemba zu reisen und ihre inhaftierten Verwandten zu besuchen. Hinzu kommt, dass Überlandreisen nach Pemba aufgrund der anhaltenden gewaltsamen Übergriffe in Cabo Delgado gefährlich sein könnten. Die 16 Flüchtlinge und Asylsuchenden haben ihre Familien deswegen seit ihrer Inhaftierung im Januar 2019 nicht mehr gesehen.