Kuwait: Aktivist zu Haftstrafe verurteilt

Zeichnung einer Figur hinter Gefängnisgittern

Am 31. Januar 2024 verurteilte ein Berufungsgericht Mohammad al-Barghash, einen Menschenrechtsverteidiger, der sich für die Rechte der staatenlosen Bidun-Gemeinschaft in Kuwait einsetzt, zu drei Jahren Haft. Unter anderem war er der "Verbreitung falscher Nachrichten" für schuldig befunden worden, nachdem er einem ausländischen Fernsehsender ein Interview über die Situation der Bidun gegeben hatte. Ein erstinstanzliches Gericht hatte ihn am 25. Oktober 2023 freigesprochen, doch die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Rechtsmittel ein. Sollten die Behörden Mohammad al-Barghash inhaftieren, wäre er ein gewaltloser politischer Gefangener. 

Appell an

Justizminister
Minister of Justice
Faisal Saeed Al-Ghareeb
Council of Ministers General Secretariat
Al-Safat 13014, P.O. Box 1397
KUWAIT

Sende eine Kopie an

Botschaft des Staates Kuwait
Herr Abdullah A A A Alshatti
Botschaftsrat (Geschäftsträger a.i.)
Griegstraße 5-7
14193 Berlin

Fax: 030- 89 73 00 32
E-Mail: info@kuwait-botschaft.de


 

Amnesty fordert:

  • Ich bitte Sie hiermit, umgehend und bedingungslos alle Anklagen gegen Mohammad al-Barghash fallen zu lassen, da er nur deshalb angeklagt ist, weil er sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat. Sein Schuldspruch und seine Strafen müssen aufgehoben werden.

Sachlage

Am 3. September 2023 abends nahmen Angehörige des Staatssicherheitsdienstes in Zivil Mohammad al-Bargash an seinem Arbeitsplatz, einem Elektronikgeschäft in al-Sulaibiya im Gouvernement Jahra, ohne Haftbefehl fest. Er wurde in Untersuchungshaft genommen, was einen Verstoß gegen Paragraph 69 der kuwaitischen Strafprozessordnung (Gesetz Nr. 17 aus dem Jahr 1960, Neufassung im April 2021) darstellt, in dem es heißt: "Die Bestimmungen der Untersuchungshaft gelten ausnahmslos nicht für Personen, die von ihrem Recht Gebrauch machen, ihre Meinung mündlich, schriftlich, zeichnerisch oder auf andere Weise zu äußern und zu veröffentlichen, auch wenn die Meinungsäußerung über die Medien oder die sozialen Medien erfolgt".

Am 25. Oktober 2023 wurde Mohammad al-Barghash von einem Strafgericht freigesprochen und nach über sieben Wochen Haft freigelassen. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ein. 

Laut der Anklageschrift, die Amnesty International vorliegt, warf die Staatsanwaltschaft ihm vor, "während eines Interviews, das er einem ausländischen Sender gegeben hatte, im Ausland falsche Nachrichten und Gerüchte über die interne Situation des Landes verbreitet zu haben, um das Ansehen des Landes zu schwächen, und auf seinem X-Account (früher Twitter) Aussagen zu veröffentlichen, in denen er fälschlicherweise behauptete, dass die Gruppe, die sich illegal im Land aufhält [die staatenlosen Bidun], unter der Kontrolle einer willkürlichen Regierung, die die Menschenrechte verweigert, Unrecht erleidet."

Am 31. Januar 2024 sprach ein Berufungsgericht Mohammad al-Barghash, den Vorsitzenden der Organisation National Bloc of Kuwaiti Bidun, unter Verstoß gegen das Recht auf Meinungsfreiheit schuldig. Der alleinige Grund war ein Interview, das er am 12. August 2023 dem saudischen Oppositionssender Nabaa TV gegeben hatte und in dem er auf die Notlage der staatenlosen Bidun-Gemeinschaft in Kuwait und die Festnahme eines anderen Bidun-Aktivisten hingewiesen hatte. Das Gericht verurteilte ihn zu drei Jahren Haft und wies ihn an, sich den Behörden zu stellen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mohammad al-Barghash ist ein Menschenrechtsverteidiger aus der Gemeinschaft der Bidun (Staatenlose) in Kuwait. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge über die Notlage der Bidun auf Social-Media-Plattformen, organisiert Online-Foren für Diskussionen zwischen Bidun und ihren Unterstützer*innen und nimmt an friedlichen Demonstrationen für die Rechte der Bidun teil. Im Mai 2022 gründete er die Organisation National Bloc of Kuwaiti Bidun (Nationaler Block der kuwaitischen Bidun), in der sich Aktivist*innen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam die Rechte der Bidun in Kuwait zu verteidigen.

Mohammad al-Barghash war einer der Organisatoren einer Bidun-Demonstration am 26. August 2022 und gehörte zu einer Gruppe von 21 Männern, die danach wegen ihrer Teilnahme an der friedlichen Demonstration festgenommen und strafrechtlich verfolgt wurden. Er wurde am 15. September 2022 freigelassen und zu einer Geldstrafe von 200 Dinar (etwa 600 Euro) sowie zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Sicherheitskräfte nahmen Mohammad al-Barghash am 3. September 2023 fest, nachdem er in den Sozialen Medien und in einem Fernsehinterview vom 12. August 2023 die willkürliche Festnahme von Fadhel Farhan Saket (auch bekannt als Abu Turki), einem weiteren Bidun-Aktivisten und Mitglied des Nationalen Blocks der kuwaitischen Bidun, kritisiert hatte. Abu Turki wurde am 10. August 2023 im Zusammenhang mit seinen Beiträgen in den Sozialen Medien festgenommen. Er kam zwar am 31. August gegen Kaution frei, muss aber immer noch mit einer Reihe von Verfahren im Zusammenhang mit seinem Online-Aktivismus rechnen, die unter das Gesetz über Cyberkriminalität fallen. 

In Kuwait gibt es eine seit langem staatenlose Bevölkerung, die Bidun, die seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1961 dort lebt. Die Kinder dieser ursprünglichen Generation von Staatenlosen werden ebenfalls staatenlos geboren. Die Bidun-Bevölkerung wird auf etwa 100.000 Menschen geschätzt, was etwa 10 % der anerkannten nationalen Bevölkerung entspricht. Ihre Staatenlosigkeit wird durch das kuwaitische Staatsangehörigkeitsgesetz, das in Kuwait geborene Kinder staatenloser Eltern oder Kinder kuwaitischer Mütter und nicht-kuwaitischer Väter nicht als Staatsangehörige anerkennt, sowie durch offizielle Entscheidungen, die den Weg zur Einbürgerung versperren, aufrechterhalten. Gerichtsentscheidungen haben es den Einwohner*innen der Bidun zudem unmöglich gemacht, ihre Staatenlosigkeit zu beenden und die kuwaitische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Die Bidun werden heute in viele verschiedene Kategorien eingeteilt, die unterschiedliche Grade an offiziell anerkannten Dokumenten und Rechtsstatus aufweisen. Kinder, die staatenlos geboren werden, sind einem erhöhten Maß an Rechtsunsicherheit und dem Risiko von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Diejenigen, die in Bidun-Familien ohne legalen Aufenthaltsstatus geboren werden, erhalten einen Krankenhausbericht über die Geburt, aber keine endgültige, offizielle Geburtsurkunde des Gesundheitsministeriums. Die Geburtsurkunde wird benötigt, um von der öffentlichen Behörde für zivile Informationen eine Identitätsnummer zu erhalten, die für den Zugang zu den meisten Dienstleistungen, einschließlich öffentlicher Gesundheitsversorgung und Bildung, unerlässlich ist.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert, zu dessen Vertragsstaaten Kuwait gehört. Artikel 19 garantiert das Recht auf freie Meinungsäußerung, wobei das Recht eingeschlossen ist, ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Ideen aller Art zu suchen, zu empfangen und weiterzugeben, sei es mündlich, schriftlich oder in gedruckter Form, in Form von Kunst oder durch jedes andere Medium ihrer Wahl.