Kolumbien: Menschenrechtsorganisation bedroht

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Am 10. April um etwa 5.30 Uhr morgens fand sich vor dem Eingang zu den Büros der Menschenrechtsorganisation CREDHOS in der Stadt Barrancabermeja im Departamento Santander ein Sprengsatz. Laut Angaben der Polizei hatte die Guerillagruppe Nationale Befreiungsarmee (Ejército De Liberación Nacional – ELN) den Sprengkörper deponiert. Am 11. April schossen Zivilpersonen in der Gegend Finca El Hebron in Barrancabermeja auf Mitglieder von CREDHOS. Amnesty International fordert Schutzmaßnahmen für die Mitglieder der Menschenrechtsorganisation.

Appell an

Präsident

Sr. Presidente


Gustavo Petro

Carrera 8 # 7-26, Palacio de Nariño

CP 111711,
Bogotá

KOLUMBIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Kolumbien

I. E. Frau Yadir Salazar Mejia

Taubenstr. 23

10117 Berlin


Fax: 030-2639 6125

E-Mail: ealemania@cancilleria.gov.co

 

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie CREDHOS und ihren Mitarbeiter*innen umgehend durch Einzel- und Kollektivmaßnahmen wirksamen Schutz zukommen und geben Sie bekannt, welche Maßnahmen zu diesem Zweck von den Ministerien für Verteidigung, Justiz und Inneres sowie von der nationalen Schutzstelle und dem kolumbianischen Friedensbeauftragten ergriffen werden.

Sachlage

 Die Mitglieder der Menschenrechtsorganisation CREDHOS (Corporación Regional para la Defensa de los Derechos Humanos) in der Region Magdalena Medio sind in großer Gefahr. CREDHOS wurde 1987 in der Stadt Barrancabermeja gegründet und setzt sich seit mehr als 30 Jahren für die Verteidigung, Förderung und den Schutz der Menschenrechte in acht Bezirken der Region Magdalena Medio im Norden Kolumbiens ein. In den vergangenen Jahren hat die Bewältigung regionaler sozioökologischer Konflikte innerhalb der Organisation stark an Bedeutung gewonnen und CREDHOS begann damit, das Recht der lokalen Gemeinschaften auf eine gesunde Umwelt zu verteidigen. 

Im April gerieten Mitglieder der Organisation in Barrancabermeja gleich zwei Mal ins Visier: Am 10. April wurde nur fünf Meter von ihrem Bürogebäude entfernt ein Sprengkörper gefunden, und tags darauf gingen Zivilpersonen mit Schusswaffen auf Mitglieder von CREDHOS los.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Mitarbeiter*innen von CREDHOS werden aufgrund ihrer Tätigkeit schon seit Gründung der Organisation bedroht, schikaniert und sogar getötet. Zu den jüngsten Vorfällen zählen:

  • Am 24. März 2021 erhielt CREDHOS einen Drohanruf von einem unbekannten Mann, der sich als Teil des Blocks Magdalena Medio der bewaffneten Gruppe FARC-EP ausgab. Er sagte: "Stellt eure Veröffentlichungen und eure Schleimerei ein. CREDHOS ist ein militärisches Ziel. Ihr habt 48 Stunden, um Barrancabermeja zu verlassen". Wenige Minuten später wurde dem Präsidenten von CREDHOS in einer Sprachnachricht gedroht. Amnesty International forderte daraufhin den vollumfänglichen Schutz der CREDHOS-Mitglieder gemäß dem kollektiven Wiedergutmachungsplan (Plan Integral de Reparación Colectiva), der CREDHOS bereits im Jahr 2016 zuerkannt wurde.
  • Am 10. Februar 2021 benachrichtigte eine vertrauliche Quelle die Organisation, dass bewaffnete Gruppen CREDHOS zu einem militärischen Ziel erklärt hatten.
  • Am 9. Januar 2021 kursierte in den Sozialen Medien und einigen Messaging-Apps ein Flugblatt, das von Personen unterzeichnet war, die sich als "Der Magdalena-Medio-Block der FARC-EP" bezeichneten. In dem Flugblatt wurde die Abänderung eines kurz zuvor von CREDHOS veröffentlichten Berichts verlangt, der eine Analyse der Dynamik von bewaffneten Gruppen und illegaler Ökonomie im Süden des Departamento Bolivar und dem Nordosten des Departamento Antioquia beinhaltete. 
  • Am 24. Oktober 2020 brachen Unbekannte in die Wohnung des CREDHOS-Vorstandsmitglieds Dr. Ivonne Suarez Pinzón ein. Sie ist auch Direktorin des Archivs der mündlichen Erinnerung der Opfer des internen bewaffneten Konflikts (Archivo Oral de la Memoria de las Víctimas – AMOVI-UIS), in dem Unterlagen zu Fällen aufbewahrt werden, die von der von der Organisation vor die "Sondergerichtsbarkeit für den Frieden" (Jurisdicción Especial de Paz) gebracht wurden. 
  • Am 1. September 2020 zeigte der Vorstandssekretär von CREDHOS, Abelardo Sanchez, bei der Generalstaatsanwaltschaft an, dass sein Haus in der Nacht zuvor von unbekannten Männern beobachtet wurde.

Im Jahr 2016 erklärte die kolumbianische Opferschutzstelle (Unidad para la atención y reparación integral a las víctimas) CREDHOS zu einer Organisation, die kollektive Wiedergutmachung für die seit ihrem Bestehen erlittenen Schäden verdient. Die Umsetzung der Maßnahmen begann offiziell im März 2019. Das Konzept umfasst 16 Maßnahmen, die in der Zentrale in Barrancabermeja und in den acht Gemeinden, in denen CREDHOS tätig ist, greifen sollen.