Vorsitzender von Oppositionspartei in Haft

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Der kasachische Oppositionspolitiker Janbolat Mamai (auch Zhanbolat Mamay)

Janbolat Mamai (auch Zhanbolat Mamay) bleibt weiterhin in Haft. Der Journalist und Vorsitzende der nicht registrierten oppositionellen Demokratischen Partei Kasachstans hatte bereits 15 Tage zu Unrecht wegen friedlichen Protests in "Verwaltungshaft" verbracht. Als seine Freilassung anstand, verfügte ein Gericht am 14. März, dass er für weitere zwei Monate in Untersuchungshaft genommen werden soll. Währenddessen wird wegen "Beleidigung eines Regierungsvertreters" und "Verbreitung falscher Informationen" gegen ihn ermittelt.

Appell an

Präsident Kassym-Jomart Tokayew

Nur-Sultan

Mangilik Yel St, 6

KASACHSTAN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Kasachstan

S.E. Herrn Dauren Karipov

Nordendstr. 14–17

13156 Berlin

Fax: 030-47 007 125

E-Mail: berlin@mfa.kz

Amnesty fordert:

  • Bitte ergreifen Sie alle erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Janbolat Mamai (auch Zhanbolat Mamay) unverzüglich aus der Haft entlassen wird.
  • Sorgen Sie auch dafür, dass seine unbegründete Strafverfolgung im Zusammenhang mit der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit eingestellt wird.

Sachlage

Janbolat Mamai (auch Zhanbolat Mamay) befindet sich nach einer Gerichtsentscheidung vom 14. März weiter in Haft. Es ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung und das Strafverfahren gegen ihn eine politisch motivierte Vergeltung für seine kritischen Äußerungen und seine Position als Vorsitzender der nicht registrierten oppositionellen Demokratischen Partei Kasachstans darstellen. Er muss unverzüglich aus der Haft entlassen und die Anklage gegen ihn fallengelassen werden.

Gegen Janbolat Mamai wird aktuell wegen "Beleidigung eines Regierungsvertreters" (Paragraf 378 des Strafgesetzbuchs) und "Verbreitung falscher Informationen" (Paragraf 274) im Zusammenhang mit zwei getrennten Vorfällen im Jahr 2021 ermittelt. Vor Verhängung der Untersuchungshaft war er bereits zu Unrecht zu 15 Tagen "Verwaltungshaft" verurteilt worden, weil er eine "nicht genehmigte" Versammlung organisiert haben soll. Ursprünglich sollte er am 12. März freigelassen werden, doch dazu kam es nicht.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Janbolat Mamai ist ein bekannter politischer Aktivist und Journalist aus Kasachstan. Er war Chefredakteur der Zeitung Tribuna, deren Betrieb mittlerweile eingestellt wurde.

2019 gründete er die Demokratische Partei Kasachstans (DPK) und wurde ihr Vorsitzender. 2020 versuchte die Oppositionspartei wiederholt vergeblich, eine offizielle Registrierung zu erlangen. Im Februar 2020 nahm die Polizei im Vorfeld der Parlamentswahlen 2021 drei führende Vertreter und mehr als 100 potenzielle Delegierte des Gründungskongresses der Partei fest und brachte damit den Registrierungsprozess zum Halten. Dieses Vorgehen wurde als Versuch gewertet, die Delegiertenversammlung zu sabotieren, da das kasachische Recht für die offizielle Anerkennung einer Partei die Teilnahme von mindestens 1.000 Personen am Gründungskongress vorschreibt.

Am 4. Januar 2022 gingen in Kasachstan Tausende von Menschen auf die Straße, um gegen den drastischen Anstieg der Treibstoffpreise zu protestieren. Zu den Protesten gegen die sich verschlechternden Lebensbedingungen gesellten sich schnell breitere Aufrufe gegen Korruption, politischen Stillstand und weit verbreitete Ungerechtigkeit. Die Behörden reagierten auf die Demonstrationen mit massiven Repressionsmaßnahmen. Sie nahmen Journalist_innen und Aktivist_innen ins Visier und versuchten, sie zum Schweigen zu bringen; sie unterdrückten die freie Meinungsäußerung und blockierten unabhängige Informationen. Als die Sachschäden und die Zahl der Verletzten zunahmen, eskalierte die Lage: Präsident Kassym-Jomart Tokajew wies die bei den Demonstrationen anwesenden Truppen an, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen. Als sich die Proteste weiter ausweiteten und die Gewalt in Almaty und anderswo zunahm, blockierten die Behörden außerdem das Internet, die Sozialen Medien und andere digitale Kommunikationsmittel. Die offizielle Zahl der während der Proteste getöteten Personen lag laut Regierung bei 230. Darunter befanden sich 19 Personen, die als Angehörige der Polizei oder der Armee identifiziert wurden. Die kasachische Regierung ist den Forderungen von Amnesty International und anderen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung der Ereignisse vom Januar 2022 nicht nachgekommen.

Janbolat Mamai und andere Mitglieder der DPK nahmen am 4. und 5. Januar friedlich an den Protesten teil. Am 13. Februar organisierte er in Almaty eine friedliche öffentliche Mahnwache zum Gedenken an die Opfer der Gewalt, die das Land im Januar erschüttert hatte. Daraufhin wurde er am 25. Februar festgenommen und zu 15 Tagen "Verwaltungshaft" verurteilt, weil er eine "nicht genehmigte" Versammlung organisiert bzw. daran teilgenommen hatte (Paragraf 488, Teil 11 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten). Janbolat Mamai sollte am 12. März freigelassen werden, befindet sich stattdessen aber weiter in Untersuchungshaft und muss sich vor Gericht verantworten.

Die am 14. März 2022 gegen ihn erhobenen Anklagen beziehen sich auf zwei getrennte Vorfälle aus dem Jahr 2021. Die Anklage wegen "Beleidigung eines Regierungsvertreters" geht auf Äußerungen zurück, die er am 18. September 2021 gegenüber der Polizei gemacht haben soll. Damals wurde er von Polizeibeamt_innen daran gehindert, an einer von ihm organisierten öffentlichen Demonstration teilzunehmen, die sich gegen die Regierungspolitik im Zusammenhang mit der Verwendung personenbezogener Daten richtete. Janbolat Mamai weist die Vorwürfe zurück, trotzdem wurden im Dezember 2021 Ermittlungen eingeleitet.

Die Anklage wegen "Verbreitung falscher Informationen" stützt sich auf ein YouTube-Video, das Janbolat Mamai im Oktober 2021 veröffentlicht hatte. Darin erklärte er verschuldeten Personen, wie sie von Kreditunternehmen Hilfe bei der Sanierung ihrer Schulden erhalten können. In der Folge gingen schätzungsweise 8.000 Hilfegesuche bei Kreditunternehmen ein, die sich an Janbolat Mamais Anleitung orientierten. Die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Einstufung des Videos als "Falschinformation" wurde durch ein gerichtliches Gutachten widerlegt, demzufolge keine Beweise für das Vorliegen einer Straftat gefunden wurden. Die Anklage wurde dennoch nicht fallengelassen.