Nach Folter ohne medizinische Versorgung

Diese Urgent Action ist beendet.

Der politische Aktivist Serge Branco Nana verbüßt zurzeit eine zweijährige Haftstrafe wegen "Revolte" in einem Gefängnis in Mfou im Süden Kameruns. Er wird beschuldigt, einen Aufstand angezettelt zu haben, als er sich 2019 in Untersuchungshaft befand. Nun erhielt er Zugang zu medizinischer Versorgung und seine Familie durfte ihn im Gefängnis besuchen.

Ein Stuhl steht in einem leeren sonst dunklen Raum direkt unter einer hellen Glühbirne

Der politische Aktivist Serge Branco Nana ist Mitglied der Oppositionspartei Mouvement pour la Renaissance du Cameroun (MRC). Er muss zurzeit eine zweijährige Gefängnisstrafe wegen "Revolte" im Süden Kameruns verbüßen, weil er beschuldigt wurde, in Untersuchungshaft einen Gefängnisaufstand initiiert zu haben. Nach dem Aufstand soll er gefoltert worden sein, nun droht ihm erneut Folter und er benötigt dringend medizinische Versorgung.

Appell an

Justizminister

Laurent Esso

Ministry of Justice


Secrétariat Général

Quartier ministériel

BP 1000

Yaounde

KAMERUN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Kamerun

S. E. Herrn Jean-Marc Mpay

Ulmenallee 32

14050 Berlin


Fax: 030 89 00 57 49


E-Mail: berlin@ambacam.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich und mit Nachdruck auf, Serge Branco Nana umgehend eine umfassende und regelmäßige medizinische Versorgung zu gewähren.
  • Bitte weisen Sie die Gefängnisverwaltung an, Serge Branco Nana umgehend die Fesseln abzunehmen, sollte dieser Bericht den Tatsachen entsprechen.
  • Gestatten Sie ihm umgehend Besuche von seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen.
  • Gewährleisten Sie bitte, dass er bis zu seiner Freilassung weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.

Sachlage

Serge Branco Nana, Mitglied der Oppositionspartei MRC, wurde im Januar 2019 bei friedlichen Demonstrationen in Bagangté im Westen Kameruns festgenommen. Man brachte ihn in das Hochsicherheitsgefängnis Kondengui in Yaounde in Untersuchungshaft. Dort kam es später zu Protesten der Gefangenen. Im Juli 2019 wurde Serge Branco Nana beschuldigt, diesen Aufstand angezettelt zu haben, und wegen "Revolte" zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Nach dem Aufstand wurde Serge Branco Nana in die für Innere Sicherheit zuständige Abteilung der Armee, das Secrétariat d’Etat à la Défense (SED), gebracht. Dort soll er stundenlang gefoltert und an den Genitalien mit Elektroschocks gequält worden sein. In sehr schlechter körperlicher Verfassung verlegte man ihn anschließend in das Gefängnis der südwestlich gelegenen Stadt Mfou, 30 km von der Hauptstadt Yaounde und mehr als 300 km von Bagangté entfernt. Seither klagt er über Schmerzen im Bauchraum, am Rücken und den Füßen. Trotz seiner Beschwerden erhält er bislang keine medizinische Versorgung.

Am 1. Februar 2020 wurde dem Bruder der Zugang zu Serge Branco Nana verweigert. Berichten zufolge soll er in seiner Zelle angekettet sein.

Die Behandlung von Serge Branco Nana stellt Folter dar. Kamerun ist nicht nur Vertragsstaat internationaler Abkommen wie der UN-Antifolterkonvention, die Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verbieten, auch die Verfassung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung von Kamerun untersagen den Einsatz von Folter und anderen Formen der Misshandlung.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Oktober 2018 ging Maurice Kamto von der MRC als Zweiter aus den Präsidentschaftswahlen hervor. Am 26. Januar 2019 rief die MRC öffentlichen Protesten oder "marches blanches" im ganzen Land auf, um die mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen anzuprangern. Die Sicherheitskräfte setzten bei diesen nicht genehmigten Protesten exzessive Gewalt gegen die Demonstrierenden ein. In der Küstenstadt Douala wurden sieben Personen angeschossen und verletzt, andere Protestierende wurden geschlagen. Die Sprecher_in der Regierung bestritt den Einsatz von scharfer Munition gegen die Demonstrierenden, doch in den Sozialen Medien kursierten Aufnahmen von schnellen Schusssalven aus Automatikwaffen, und es war ein_e Bereitschaftspolizist_in zu sehen, die/der auf die Beine einer protestierenden Person schoss.

In Douala, Yaoundé, Dschang, Bafoussam und Bafang wurden mehr als Hundert Demonstrierende festgenommen. Etwa 50 wurden am folgenden Tag freigelassen, die übrigen kamen in Verwaltungshaft. Der Oppositionsführer Maurice Kamto wurde am 28. Januar 2019 festgenommen und die Anwältin und Parteifunktionärin Michele Ndoki im Februar 2019. Sie wurden zusammen mit 130 weiteren Personen der Vergehen Rebellion, Feindschaft gegenüber der Nation sowie Aufwiegelung zum Aufstand beschuldigt und in Untersuchungshaft genommen.

Im Oktober 2019 ließ man auf Anordnung von Präsident Paul Biya einige bei Demonstrationen festgenommene Angehörige der Opposition und Hunderte politische Aktivist_innen, unter ihnen Maurice Kamto und Michele Ndoki, frei. Auch Amnesty International hatte sich für Michele Ndoki und den Hip-Hopper Valsero eingesetzt.

Serge Branco Nana profitierte nicht von dieser Entwicklung, da er bereits in einem anderen Fall unter Anklage stand. Am 22. Juli wurde ein Gefangenenaufstand im Hochsicherheitsgefängnis Kondengui in Yaoundé gemeldet. Berichten zufolge nahmen bewaffnete Separatist_innen aus den anglophonen Regionen des Landes und Oppositionsmitglieder den Gefängnishof ein, um auf die Überbelegung, die Verzögerungen ihrer Gerichtsverfahren und die sehr schlechten Haftbedingungen in diesem Gefängnis aufmerksam zu machen. Serge Branco Nana wurde beschuldigt, zu den Initiator_innen des Aufstands zu gehören, und im August 2019 zu zwei Jahren Haft verurteilt. Nach dem Aufstand wurde Serge Branco Nana in die Zentrale der Polizei Kameruns und Abteilung der Armee, die für Innere Sicherheit zuständig ist, das Secrétariat d’Etat à la Défense (SED), gebracht und nach eigenen Angaben stundenlang verprügelt und mit Elektroschocks an den Genitalien gequält. Anschließend brachte man ihn in das Gefängnis von Mfou, in etwa 300 km Entfernung zu der Ouest-Region Kameruns, in der Serge Branco Nana lebt. Dies macht es Familienangehörigen und Rechtsbeiständen sehr schwer, ihn zu besuchen.