Aktivist seit über einem Monat vermisst

Ein Mann trägt ein rotes T-shirt und einen blauen Turban um den Kopf gewickelt.

Der pakistanische Menschenrechtsverteidiger Seengar Noonari

Der Aktivist und Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation Frontline Fighters for Citizens Interests (FFCI), Franklin Mowha, verschwand am 6. August während einer Ermittlungsreise in der Südwest-Region Kameruns. Weder seine Familie noch Freund_innen haben seitdem von ihm gehört. Sie befürchten, dass Franklin Mowha von einer der häufigen Razzien betroffen gewesen sein könnte, die das Militär in dieser Region durchführt, und möglicherweise Opfer des Verschwindenlassens geworden ist.

Appell an

Paul Biya

Présidence de la République

Cabinet Civil

Cellule de Communication

Yaounde, KAMERUN

Sende eine Kopie an

Verteidigungsminister

Joseph Beti Assomo

Ministry of Defence

KAMERUN

E-Mail: contact@mindef-online.cm

Botschaft der Republik Kamerun

S. E. Herrn Jean-Marc Mpay

Ulmenallee 32


14050 Berlin

Fax: 030 89 00 57 49

E-Mail: berlin@ambacam.de

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass der Verbleib und das Schicksal von Franklin Mowha gründlich, transparent und wirksam aufgeklärt werden. Stellen Sie bitte auch sicher, dass die Familie unverzüglich über neue Erkenntnisse informiert wird.
  • Bitte beenden Sie umgehend die Praxis der geheimen Inhaftierung und Folter und respektieren Sie die Menschenrechte in den anglophonen Regionen Kameruns.

Sachlage

Franklin Mowha ist ein kamerunischer Aktivist und der Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation Frontline Fighters for Citizen Interests (FFCI), die ihren Sitz in Bamenda, der Hauptstadt der Nordwest-Region Kameruns, hat. Am 6. August brach er aus Douala, dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes, zu einer Ermittlungsreise nach Kumba in der Südwest-Region Kameruns auf. Franklin Mowha arbeitete daran, Fälle von Binnenvertreibung und fehlendem Zugang zur Justiz für Opfer von Menschenrechtsverletzungen in Kumba zu dokumentieren. Beides kommt in der Region immer wieder als Folge der anhaltenden Kämpfe zwischen dem Militär und bewaffneten separatistischen Gruppen vor.

Weder seine Familie noch Freund_innen haben seit dem Tag seiner Abreise nach Kumba von ihm gehört. Auch ihre Suche nach ihm blieb erfolglos. Am 4. September meldete seine Familie ihn bei der Staatsanwaltschaft von Kumba als vermisst. Sie befürchten, dass er im Rahmen einer Militäroperation in der Region festgenommen und Opfer des Verschwindenlassens geworden sein könnte.

Bereits seit Ende 2016 kommt es in den englischsprachigen Regionen Kameruns immer wieder zu Unruhen und Gewalt. Die Situation hat sich inzwischen zu einer Menschenrechtskrise ausgeweitet. Die kamerunischen Sicherheitskräfte begehen während ihrer Militäroperationen in den anglophonen Regionen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, darunter rechtswidrige Tötungen, die Zerstörung von Häusern, willkürliche Festnahmen und Folter. Darüber hinaus verüben bewaffnete separatistische Gruppen, die die Abspaltung der anglophonen Regionen Kameruns fordern und einen bewaffneten Kampf führen, immer wieder gewalttätige Angriffe auf kamerunische Sicherheitskräfte, staatliche Einrichtungen wie Schulen und auch auf die Zivilbevölkerung.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In den anglophonen Regionen – die Südwest-Region und Nordwest-Region des Landes – leben etwa 20% der kamerunischen Bevölkerung. Anfang der 1960er-Jahre wurden diese Regionen in die neu gegründete und größtenteils französischsprachige Republik Kamerun integriert, was bei der dortigen Bevölkerung auf Ablehnung stieß.

Ende 2016 eskalierten die Gewalt und die Unruhen nach einer Reihe von Streiks und Protesten gegen die, laut Lehrer_innen, Anwält_innen und Studierenden, fortschreitende Diskriminierung der anglophonen Regionen. Zwischen dem 22. September und dem 1. Oktober 2017 fanden in den Regionen erneut groß angelegte Protestveranstaltungen statt, mit denen symbolisch die Unabhängigkeit des neuen Staates "Ambazonia" ausgerufen wurde.

Das kamerunische Militär reagierte auf diese Proteste mit willkürlichen Festnahmen, Folter, rechtswidrigen Tötungen und der Zerstörung von Häusern. In einem Fall konnte Amnesty International anhand von Satellitenbildern und anderem fotografischen Beweismaterial die vollständige Zerstörung der Ortschaft Kwakwa feststellen. Kamerunische Sicherheitskräfte brannten das Dorf im Dezember 2017 während eines Einsatzes nieder, der in Verbindung mit der Tötung von zwei Sicherheitskräften stand, für die bewaffnete Separatist_innen verantwortlich gemacht wurden.

Im Zuge dieser Einsätze wurden Personen von Sicherheitskräften willkürlich inhaftiert und in illegalen, geheimen Hafteinrichtungen festgehalten und gefoltert. So wurden am 13. Dezember 2017 mindestens 23 Personen, darunter auch Minderjährige, von den Sicherheitskräften in der Ortschaft Dadi festgenommen und drei Tage in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Diese Personen erzählten Amnesty International, dass sie während der Zeit ihrer Inhaftierung von Sicherheitskräften gefoltert worden seien, um sie dazu zu bringen, ihre Unterstützung der Separatist_innen zu "gestehen". Die Betroffenen beschrieben, wie man ihnen die Augen verband und sie mit verschiedenen Gegenständen schlug, etwa mit Stöcken, Seilen, Drähten und Schusswaffen. Zudem seien sie mit Elektroschocks und kochend heißem Wasser gefoltert worden. Manche von ihnen wurden bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt.

Amnesty International dokumentierte außerdem, wie Lehrer_innen und Schüler_innen von separatistischen Gruppierungen ins Visier genommen wurden, weil sie nicht an einem Schulboykott teilgenommen hatten, mit dem symbolisch aufgezeigt werden sollte, wie die englische Sprache und die Kulturen der anglophonen Regionen von den Behörden marginalisiert werden.