Aktivist mutmaßlich entführt

Wanchalearm Satsaksit

Der Thailänder Wanchalearm Satsaksit

Berichten zufolge wurde der im kambodschanischen Exil lebende thailändische Aktivist Wanchalearm Satsaksit vor seiner Wohnung in Phnom Penh von Unbekannten entführt. Wanchalearm Satsaksit ist in Thailand ein bekannter Dissident, der auch im Exil sein Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet ausübte. 2018 erließen die thailändischen Behörden einen Haftbefehl gegen ihn. Er ist bereits der neunte thailändische Aktivist, der im Laufe der letzten Jahre im Exil verschwunden ist. Zwei dieser Aktivist_innen wurden nachweislich getötet.

Appell an

PREMIERMINISTER HUN SEN

Office of the Prime Minister

Jok Dimitrov Boulevard

Phnom Penh

KAMBODSCHA

 

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS KAMBODSCHA

Gesandter Herr Seyha Peng

Benjamin-Vogelsdorff-Straße 2

13187 Berlin

Fax: 030-48637973

E-Mail: rec-berlin@t-online.de

 

Amnesty fordert:

  • Veranlassen Sie bitte umgehend eine gründliche, transparente und zielführende Untersuchung zur mutmaßlichen Entführung von Wanchalearm Satsaksit und unterrichten Sie seine Familienangehörigen über sämtliche Maßnahmen zur Feststellung seines Aufenthaltsorts.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass die strafrechtlich Verantwortlichen in einem fairen Verfahren vor einem regulären Zivilgericht ohne Rückgriff auf die Todesstrafe angeklagt werden.
  • Sehen Sie bitte gemäß dem von Kambodscha unterzeichneten Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen davon ab, Satsaksit Wanchalearm nach Thailand zurückzuführen, und kommen Sie auf diese Weise Ihrer Verpflichtung nach, sich nicht an Rückführungen an Orte zu beteiligen, an denen die betreffenden Personen von Menschenrechtsverletzungen bedroht wären.

 

Sachlage

Nach einem Telefongespräch mit Wanchalearm Satsaksit am 4. Juni 2020 gegen 16.30 Uhr meldete ein Familienangehöriger dessen Entführung. Während des Anrufs verließ Wanchalearm Satsaksit gerade seine Wohnung, um Lebensmittel zu kaufen. Dem Verwandten zufolge endete das Gespräch jedoch abrupt, unmittelbar nachdem Wanchalearm Satsaksit darüber klagte, keine Luft mehr zu bekommen. Berichten zufolge zeigen Aufnahmen der Überwachungskameras von Wanchalearm Satsaksits Wohnblock einen schwarzen SUV Modell Toyota Highlander, der zur fraglichen Zeit den Bereich vor der Wohnanlage verlässt. Über den Aufenthaltsort des Aktivisten ist momentan nichts bekannt.

Die thailändischen Behörden erhoben in der Vergangenheit mehrfach Anklage gegen Wanchalearm Satsaksit. Grund war die friedliche Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung im Exil. Letztmalig geschah dies im Jahr 2018 wegen mutmaßlichen Verstößen gegen das Computerkriminalitätsgesetz sowie gegen Paragraf 116 des thailändischen Strafgesetzbuches über die Gefährdung der inneren Sicherheit. Begründet wurden diese Anklagen mit der Veröffentlichung von regierungskritischem Material in einer Facebook-Gruppe namens "I will certainly receive 100 million from Thaksin" (Deutsch: "Ich bekomme ganz sicher 100 Millionen von Thaksin" – eine Anspielung auf den ehemaligen Premierminister Thailands Thaksin Shinawatra). Die thailändischen Behörden forderten in der Vergangenheit angeblich die Auslieferung des Aktivisten von Kambodscha.

 

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Facebook-Profil von Wanchalearm Satsaksit besagt, dass er im Exil ist, weil er für Demokratie eintritt. Die thailändischen Behörden erhoben mehrfach Anklage gegen ihn, letztmalig im Jahr 2018. Berichten zufolge beantragten sie damals bei den kambodschanischen Behörden die Auslieferung des Aktivisten. Zudem erhoben sie Anklage gegen Wanchalearm Satsaksit, weil er die Vorladung ignorierte, die er zusammen mit einer Vielzahl von Aktivist_innen und politischen Persönlichkeiten nach dem Militärputsch im Mai 2014 erhalten hatte.

Obwohl die kambodschanischen Behörden den Medien anfänglich mitgeteilt hatten, nichts über den Fall Wanchalearm Satsaksit zu wissen und dessen mutmaßlicher Entführung nicht nachgehen zu wollen, erklärten sie am 9. Juni 2020, dass sie doch zum Verschwinden des Aktivisten ermitteln würden.

Wanchalearm Satsaksit ist einer von vielen thailändischen Politaktivist_innen, die im vergangenen Jahrzehnt wegen der politischen Unruhen in ihrer Heimat Zuflucht in den Nachbarländern gesucht haben. Sie verließen das Land, nachdem die Militärbehörden im Mai 2014 durch einen Staatsstreich die Macht übernommen und Vorladungen für politische Gegner_innen und Aktivist_innen ausgestellt hatten, um sie zu verhören und willkürlich zu inhaftieren. In der Vergangenheit haben die thailändischen Behörden wiederholt die Regierungen der Nachbarländer aufgefordert, die aus Thailand Geflüchteten zurückzuführen, um sie vor Gericht stellen zu können. Häufig ging es bei den entsprechenden Anklagen lediglich um die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Internet.

Es herrscht große Besorgnis in Bezug auf die Sicherheit thailändischer Exilant_innen, deren Auslieferung vn den thailändischen Behörden beantragt wurde. In den letzten Jahren sind mindestens acht thailändische Aktivist_innen und Mitglieder der politischen Opposition in Nachbarländern verschwunden oder getötet worden – darunter auch Menschen, die im Exil Radiosendungen mit regierungs- und/oder monarchiekritischen Inhalten erstellt hatten. Bei diesen Aktivist_innen handelte es sich um Personen, deren Auslieferung die thailändischen Behörden wiederholt beantragt hatten, unter anderem aufgrund der Behauptung, dass ihre von Laos nach Thailand ausgestrahlten Radiosendungen eine Bedrohung der nationalen Sicherheit darstellen würden.