Kambodscha: Umweltschutz ist kein Haftgrund

Links vom Bild sitzt ein junger Mann der in die Kamera lächelt. Rechts sitzt eine junge Frau, die mit ihrer Hand ein Peace-Zeichen in die Kamera hält und lächelnd die Zunge rausstreckt.

Die Umweltaktivisten Phuon Keoraksmey und Thun Ratha aus Kambodscha.

Sechs Aktivist_innen der in Kambodscha bekannten Umweltorganisation Mother Nature Cambodia befinden sich derzeit aufgrund ihres friedlichen Einsatzes für den Umweltschutz und die Menschenrechte in Haft. Personen, die sich in Kambodscha für Umwelt- und Klimaschutz oder für die Rechte indigener Gemeinschaften einsetzen, sind Drohungen und Repressalien durch Behörden und Privatunternehmen ausgesetzt. Die inhaftierten Aktivist_innen müssen umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Premier Minister

Hun Sen

Office of the Prime Minister

Jok Dimitrov Boulevard Phnom Penh,

KAMBODSCHA

Sende eine Kopie an

Botschaft des Königreichs Kambodscha

I. E. Frau Savny Phen

Benjamin-Vogelsdorff-Straße 2

13187 Berlin

Fax: 030–48 63 79 73

E-Mail: rec-Berlin@t-online.de

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Long Kunthea, Phuon Keoraksmey, Thun Ratha, Sun Ratha, Ly Chandaravuth und Yim Leanghy umgehend freigelassen und die Anklagen gegen sie fallengelassen werden.
  • Stellen Sie zudem sicher, dass die Aktivist_innen bis zu ihrer Freilassung vor Folter oder anderweitiger Misshandlung geschützt sind und Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung erhalten.
  • Beenden Sie bitte die Schikane, Einschüchterung und Verfolgung von MNC-Mitgliedern und anderen Aktivist_innen und Gruppen, und stellen Sie angemessenen Schutz für Umweltschützer_innen bereit.

Sachlage

Sechs Aktivist_innen der Umweltorganisation Mother Nature Cambodia (MNC) befinden sich lediglich aufgrund ihres friedlichen Einsatzes für den Umweltschutz in Haft. Long Kunthea, Phuon Keoraksmey und Thun Ratha wurden im September 2020 festgenommen und inhaftiert, nachdem sie angekündigt hatten, einen friedlichen Marsch gegen die geplante Privatisierung des Boeung-Tamok-Sees abhalten zu wollen. Am 5. Mai 2021 wurden sie auf Grundlage der Paragrafen 494 und 495 des Strafgesetzbuches schuldig gesprochen und zu Haftstrafen zwischen 18 und 20 Monaten verurteilt. Sun Ratha, Ly Chandaravuth und Yim Leanghy wurden am 16. Juni festgenommen, während zwei von ihnen Untersuchungen zur Verschmutzung des Flusses Tonle Sap anstellten. Ihnen wird gemäß der Paragrafen 453 und 437 des Strafgesetzbuches "Verschwörung" und "Beleidigung des Königs" vorgeworfen – Anklagen, die mit bis zu zehn bzw. fünf Jahren Gefängnis geahndet werden können. Sie befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.

Alle sechs Aktivist_innen werden in überfüllten Zellen festgehalten. Die Haftbedingungen gefährden ihre Gesundheit, Sicherheit und Menschenrechte. Amnesty hat in der Vergangenheit wiederholt Besorgnis geäußert bezüglich Überbelegung, schlechter Haftbedingungen und Menschenrechtsverletzungen in kambodschanischen Gefängnissen. Jüngst gaben die Covid-19-Ansteckungsraten in vielen Gefängnissen Anlass zur Sorge.

Kambodscha verfügt über zahlreiche natürliche Ressourcen wie Regenwälder und Seen, deren Erhalt sowohl für den Schutz der Menschenrechte lokaler Gemeinschaften als auch im Kampf für Klimagerechtigkeit unverzichtbar ist. Die Bemühungen dieser jungen Menschenrechtsverteidiger_innen sollten anerkannt und unterstützt statt kriminalisiert und bestraft werden. Long Kunthea, Phuon Keoraksmey, Thun Ratha, Sun Ratha, Ly Chandaravuth und Yim Leanghy sind nur deshalb in Haft, weil sie friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit wahrgenommen haben. Sie müssen umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Long Kunthea, Phuon Keoraksmey und Thun Ratha befinden sich seit ihrer willkürlichen Festnahme im September 2020 in Phnom Penh in Haft. Im Mai 2021 wurden sie zu Gefängnisstrafen zwischen 18 und 20 Monaten verurteilt, weil sie gegen Pläne der Regierung protestieren wollten, einen See in der Hauptstadt Phnom Penh aufzufüllen und zu privatisieren. Die drei Aktivist_innen wurden festgenommen, nachdem sie angekündigt hatten, mit zwei Personen friedlich zum Haus des Premierministers zu marschieren, um gegen die geplante Privatisierung des Boeung-Tamok-Sees zu protestieren. Long Kunthea und Phuon Keoraksmey wurden gemäß den Paragrafen 494 und 495 des Strafgesetzbuches wegen "Anstiftung zu einer Straftat oder zur Störung der sozialen Ordnung" zu 18 Monaten Haft verurteilt. Außerdem erhielten sie eine Geldstrafe von jeweils 4 Mio. Kambodschanischen Riel (etwa 800 Euro). Thun Ratha wurde aufgrund derselben Anklagen zu 20 Monaten Haft und einer Geldstrafe in gleicher Höhe verurteilt.

Sun Ratha, Ly Chandaravuth und Yim Leanghy wurden am 16. Juni festgenommen, während zwei von ihnen Untersuchungen zur Verschmutzung des Flusses Tonle Sap in Phnom Penh anstellten. Am 21. Juni bestätigte der Untersuchungsrichter des Stadtgerichts von Phnom Penh, Im Vannak, dass Sun Ratha und Yim Leanghy gemäß der Paragrafen 453 und 437 des Strafgesetzbuches "Verschwörung" und "Beleidigung des Königs" vorgeworfen wird – Anklagen, die mit bis zu zehn bzw. fünf Jahren Gefängnis geahndet werden können. Ly Chandaravuth steht lediglich wegen "Verschwörung" unter Anklage. Alle drei befinden sich in Untersuchungshaft – Yim Leanghy und Ly Chandaravuth im CC1-Gefängnis und Sun Ratha im CC2-Gefängnis.

Alle sechs Aktivist_innen sind Mitglieder der Nichtregierungsorganisation MNC, einer in Kambodscha bekannten Umweltschutzorganisation, die schon zahlreiche Kampagnenerfolge verbuchen konnte. Im Jahr 2015 erreichte die Organisation, dass die Regierung Pläne für den Bau eines riesigen Staudamms im Areng-Tal fallen ließ, durch den zahlreiche indigene Gemeinschaften von ihrem Land vertrieben worden wären. Im Jahr 2016 erzielte sie einen weiteren Sieg, indem sie großflächige Umweltzerstörung und Menschenrechtsverstöße in Verbindung mit Bergbau- und Sandabbauaktivitäten aufdeckte. In der Folge verkündete die Regierung ein Exportverbot für Sand aus Küstenregionen.

MNC-Aktivist_innen sind seit einigen Jahren starker Repression ausgesetzt. Viele wurden willkürlich angeklagt und inhaftiert – einige von ihnen aufgrund konstruierter Anklagen wegen "Aufwiegelung". Der Organisation wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, "gesellschaftliches Chaos zu stiften", und der kambodschanische Innenminister hat sie als "illegal" bezeichnet, weil sie sich nicht unter dem umstrittenen NGO-Gesetz hat registrieren lassen.