Jemen: Baha'i weiterhin verschwunden

Ein Soldat steht auf einem zerstörten Dach

Am 25. Mai stürmten bewaffnete Huthi-Truppen in der jemenitischen Hauptstadt Sana'a eine friedliche Versammlung von Angehörigen der Baha'i. Sie nahmen 17 Personen fest und ließen sie verschwinden. Auf internationalen Druck wurden sechs Personen seither freigelassen – ein Mann und drei Frauen im Juni, zwei Männer im Juli. Elf Personen, neun Männer und zwei Frauen, befinden sich jedoch nach wie vor im Gewahrsam der Huthi, und über ihren Verbleib ist nichts bekannt. Ihnen drohen weitere Menschenrechtsverletzungen durch die Huthi-Behörden, darunter Folter und andere Misshandlungen oder gar der Tod. Sie müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

SPRECHER DER HUTHI,

ANSARULLAH-VERTRETER BEI DEN FRIEDENSGESPRÄCHEN

Mohamed Abdelsalam


- Keine Postadresse verfügbar -

Twitter: @abdusalamsalah

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Jemen

S. E. Herrn Yahia Mohammed Abdullah Al-Shaibi

Schmidt-Ott-Str. 7

12165 Berlin


Fax: 030 – 89 73 05 62

E-Mail: info@botschaft-jemen.de

Amnesty fordert:

Sachlage

Nach einer Razzia bei einer friedlichen Versammlung der Baha'i am 25. Mai 2023 sind elf Personen, neun Männer und zwei Frauen, nach wie vor Opfer des Verschwindenlassens durch die De-facto-Behörden der Huthi. Die Behörden verstoßen damit massiv gegen internationale Menschenrechtsnormen und das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit. Die fortgesetzte Verfolgung der Baha'i, einer religiösen Minderheit im Jemen, eskaliert weiter.

Bei der Razzia hatten die De-facto-Behörden der Huthi ursprünglich 17 Personen festgenommen. Einige Tage nach der Festnahme der betroffenen Baha'i lehnte der Generalstaatsanwalt den Antrag eines Rechtsbeistands auf ihre Freilassung ab. Dem Rechtsbeistand zufolge haben die De-facto-Behörden bis heute keine Informationen über den Verbleib der Baha'i gegeben, und kein Rechtsbeistand konnte mit ihnen in Kontakt treten. Nach der Freilassung von sechs Personen müssen auch alle weiteren elf Personen im Gewahrsam der Huthi sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Zu den elf Opfern des Verschwindenlassens zählt Abdullah Al-Olofi, ein Vater von vier Kindern, der sich für die Menschenrechte einsetzt, indem er z. B. Programme geleitet hat, um Aktivist*innen in friedlichem Zusammenleben zu schulen und über das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit aufzuklären. Zudem hat er sich dafür stark gemacht, die Qualität humanitärer Einsätze bei der Katastrophenbewältigung zu verbessern. Ebenfalls "verschwunden" ist Hassan Tariq Thabet, Vater eines zweijährigen Kleinkindes. Er war im Rahmen eines humanitären Projekts zur Lebensmittelverteilung des Bildungsministeriums tätig und setzte sich für das Recht von Kindern auf Bildung und für die Selbstbestimmung von jungen Menschen ein. Ein weiterer Betroffener, Abdul’elah Muhammad Al-Boni, ist Vater von zwei Kindern und erwartet bald ein drittes. Er leistete viel gemeinnützige Arbeit und brachte Projekte für ein harmonisches Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft auf den Weg.

Den noch inhaftierten Baha'i drohen weitere Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter und andere Misshandlungen, erzwungene Geständnisse und unfaire Gerichtsverfahren wegen falscher und konstruierter Anschuldigungen, die die Todesstrafe nach sich ziehen können. All diese Menschenrechtsverletzungen wurden bereits zuvor als Mittel der Repression dokumentiert, mit denen die De-facto-Behörden der Huthi gegen Personen vorgehen, die sie als Gegner*innen betrachten, darunter auch Mitglieder der Baha'i-Gemeinschaft. Seit der Festnahme der 17 Baha’i haben die Huthi-Behörden verstärkt zu Gewalt und Diskriminierung gegen diese religiöse Minderheit aufgerufen, wodurch weitere Personen der Gefahr schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit 2015 hat Amnesty International die Situation von 82 Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Baha’i im Jemen dokumentiert, die die De-facto-Behörden der Huthi inhaftierten. Die Behörden verweigerten ihnen das Recht auf einen fairen Prozess und setzten sie dem Verschwindenlassen, Folter und Isolationshaft aus.

Fünf im Jahr 2016 festgenommene Baha'i wurden über zwei Jahre lang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren und ohne die Möglichkeit, ihre Inhaftierung anzufechten, festgehalten, bis sie im September 2018 wegen verschiedener schwerer Straftaten, darunter Spionage für das Ausland, angeklagt wurden. Einige dieser Straftaten können mit der Todesstrafe geahndet werden. Ihr Prozess war Teil eines Massenverfahrens, in dem insgesamt 24 Baha'i vor Gericht gestellt wurden – die anderen 19 wurden in Abwesenheit angeklagt, darunter die minderjährige Tochter eines anderen Baha'i-Häftlings. Die De-facto-Behörden der Huthi ordneten 2020 die Freilassung aller Baha'i-Gefangenen unter der Bedingung an, dass sie das Land verlassen. Die Anklagen gegen die 24 Baha'i wurden jedoch nicht aufgehoben.

Ein gewaltloser politischer Gefangener der Baha'i, Hamid Haydara, wurde nach seiner ersten Festnahme im Jahr 2013 im Jahr 2020 freigelassen. Er wurde 2018 zum Tode verurteilt und 2020 begnadigt. Amnesty International wandte sich an die De-facto-Huthi-Behörden und äußerte Besorgnis über die Gründe für seine Inhaftierung sowie über die schwerwiegenden Verfahrensmängel in seinem Fall, darunter die lange Untersuchungshaft, die unangemessene Verzögerung seines Prozesses, die Folter und anderen Misshandlungen sowie der fehlende Zugang zu einem Rechtsbeistand während seiner Verhöre.

Alle Konfliktparteien, einschließlich der Huthi-Truppen, der jemenitischen Regierung, Saudi-Arabien und der von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführten Koalition sowie der von den VAE unterstützten jemenitischen Streitkräften, haben gegen internationale Menschenrechtsnormen verstoßen, und zwar mit willkürlichen Inhaftierungen, Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen sowie unfairen Verfahren.