Israel/OPT: Palästinensischen Menschenrechtler freilassen!

Diese Urgent Action ist beendet.

Der palästinensische Menschenrechtler Munther Amira wurde am 29. Februar aus der Verwaltungshaft im Militärgefängnis Ofer im besetzten Westjordanland entlassen. Er befand sich seit dem 18. Dezember 2023 im willkürlichen Gewahrsam der israelischen Streitkräfte. Am 11. Januar 2024 hatte ein israelisches Militärgericht eine viermonatige Verwaltungshaftanordnung gegen ihn bestätigt. 

Das Bild zeigt Sicherheitskräfte mit Waffen, wie sie einen Mann festhalten

Israelische Sicherheitskräfte nehmen den palästinensischen Menschenrechtsverteidiger Munther Amira fest (Archivbild).

Der palästinensische Menschenrechtler Munther Amira wird seit dem 18. Dezember 2023 willkürlich von israelischen Streitkräften in Gewahrsam gehalten. Am 11. Januar 2024 bestätigte ein israelisches Militärgericht eine viermonatige Verwaltungshaftanordnung gegen ihn. Es besteht Sorge um seine Gesundheit, da er wegen chronischer Erkrankungen täglich Medikamente einnehmen muss. Er muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden. 

Appell an

Yehuda Fox
Central Command – West Bank
Israel Defence Forces
c/o. Botschaft des Staates Israel
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin

Sende eine Kopie an

Botschaft des Staates Israel
S.E. Herrn Ron Prosor
Auguste-Viktoria-Straße 74–76
14193 Berlin

Fax: 030-8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de

Amnesty fordert:

  • Entlassen Sie Munther Amira bitte umgehend und bedingungslos aus der Verwaltungshaft, sodass er zu seiner Familie zurückkehren und seine wichtigen Aktivitäten in der Gemeinschaft wieder aufnehmen kann.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass er bis zu seiner Entlassung angemessen medizinisch versorgt wird und Zugang zu allen Medikamenten erhält, die er zur Behandlung seiner chronischen Erkrankungen benötigt.

Sachlage

Der 53-jährige Munther Amira ist ein palästinensischer Flüchtling aus dem Dorf Deir Aban südlich von Jerusalem, dessen Bevölkerung während des Palästinakriegs 1947–1949 vertrieben wurde. Er lebt im Aida-Flüchtlingslager in Bethlehem und setzt sich gewaltfrei gegen die israelische Besatzung und gegen die als Apartheid bezeichnete Behandlung der palästinensischen Bevölkerung ein. 

Am 18. Dezember 2023 wurde Munther Amira gewaltsam in seinem Haus im Aida-Flüchtlingslager in Bethlehem festgenommen. Angehörige der israelischen Streitkräfte verschafften sich Zutritt zum Haus und trennten den Menschenrechtler von seiner Frau Sanaa und seinen Kindern. Sie legten den Kindern Handschellen an, rissen einem seiner Söhne die Kleider vom Leib und verprügelten den Bruder von Munther Amira schwer. Die Festnahme von Munther Amira wurde zunächst damit gerechtfertigt, dass er auf Facebook Beiträge veröffentlicht habe, die zu Gewalt anstifteten. Allerdings war die Staatsanwaltschaft nicht in der Lage, glaubwürdige Beweise für eine Anklage vorzulegen. Stattdessen erließ sie am 31. Dezember 2023 eine viermonatige Verwaltungshaftanordnung gegen ihn, die am 11. Januar 2024 von einem Militärgericht bestätigt wurde. Munther Amira war bereits 2018 von Amnesty International als gewaltloser politischer Gefangener eingestuft worden, als er wegen seiner Teilnahme an friedlichen Protesten zu sechs Monaten Haft und fünf Jahren Bewährung verurteilt wurde. Zudem ist er er wegen seiner Menschenrechtsarbeit und seines politischen Engagements mehrfach festgenommen, bedroht, tätlich angegriffen und anderweitig ins Visier genommen worden.

Munther Amira ist derzeit im Militärgefängnis Ofer in der Nähe von Ramallah inhaftiert. In den ersten zehn Tagen seines Gewahrsams hatte er keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung, und bis heute hat er nicht die erforderliche ärztliche Behandlung für seinen Bluthochdruck und seine Gefäßprobleme erhalten. Er erhielt erst auf Antrag seines Rechtsbeistands und der Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights–Israel Zugang zu einigen seiner Medikamente.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Munther Amira ist Vorstandsmitglied des Aida Youth Center, eine basisdemokratische Organisation, die sich für die Rechte der Kinder und Jugendlichen im Aida-Flüchtlingslager einsetzt. Er ist zudem in der Gruppe Popular Struggle Coordination Committee (PSCC) aktiv, eine basisdemokratische Widerstandsbewegung, in der sich Menschen u. a. durch zivilen Ungehorsam, friedliche Proteste und juristische Kampagnen engagieren.

Nach seiner Festnahme am 18. Dezember 2023 wurde Munther Amira in einer Haftanstalt in der illegalen israelischen Siedlung Etzion inhaftiert, wo er in den ersten drei Tagen maximal 45 Minuten lang verhört wurde, wobei ihm mitgeteilt wurde, dass er in Verwaltungshaft genommen werde. Der Menschenrechtler hatte vor dem Verhör, das sich auf Facebook-Posts und den Vorwurf der "Anstiftung zum Terrorismus" konzentrierte, keine Möglichkeit, einen Rechtsbeistand zu konsultieren. Munther Amira bestritt jede Verbindung zu dem ihm zugeschriebenen Facebook-Konto, und die israelische Militärstaatsanwaltschaft fand keine glaubwürdigen oder stichhaltigen Beweise, um Anklage zu erheben, auch nicht auf der Grundlage der mutmaßlich von ihm verfassten Beiträge. Amnesty International konnte die Urheberschaft der fraglichen Facebook-Posts zwar nicht überprüfen, hat jedoch alle Posts, die ihm zugeschrieben werden, überprüft und keinerlei Belege für die Anstiftung zu Gewalt oder Hass entdeckt. Dies legt die Vermutung nahe, dass er nur wegen seines friedlichen Engagements inhaftiert ist. Anstelle einer Anklageerhebung erließ die Militärstaatsanwaltschaft am 31. Dezember 2023 eine viermonatige Verwaltungshaftanordnung gegen Munther Amira, die am 11. Januar 2024 von einem Militärgericht bestätigt wurde. 

Verwaltungshaft bedeutet, dass Personen von staatlichen Stellen inhaftiert werden, ohne dass die Absicht besteht, sie strafrechtlich zu belangen. In Israel können Verwaltungshaftanordnungen für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten verhängt werden, allerdings können sie immer wieder verlängert werden. Die Beweislage wird den Inhaftierten vorenthalten, weshalb diese weder ihre Inhaftierung anfechten können noch wissen, wann sie freigelassen werden. Der Einsatz von Verwaltungshaft gegen Palästinenser*innen seitens der israelischen Behörden hatte 2023 bereits ein Rekordhoch erreicht, bevor die Behörden ab dem 7. Oktober damit begannen, noch stärker davon Gebrauch zu machen. Ende 2023 befanden sich in Israel 3.291 Palästinenser*innen in Verwaltungshaft, so viele wie niemals zuvor. 

Der systematische Einsatz von Verwaltungshaft durch die israelischen Behörden verletzt internationale Menschenrechtsnormen. Ihr Einsatz führt zu willkürlicher Inhaftierung und kann grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe gleichkommen, wenn Menschen über lange Zeit oder wiederholt in Verwaltungshaft genommen werden. Die willkürliche, pauschale und diskriminierende Anwendung der Verwaltungshaft durch die israelischen Behörden stellt einen unmenschlichen Akt dar, der zur Aufrechterhaltung des Apartheidsystems gegen die Palästinenser*innen beiträgt.