Menschenrechtler erhält Morddrohungen

Haiti

Haiti

Am 26. April zeigten in Port-au-Prince zwei unbekannte Männer auf Motorrädern eine bedrohliche Präsenz vor dem Büro von Pierre Espérance. Der bekannte Menschenrechtsverteidiger gibt an, aus mehreren Quellen von jüngsten Morddrohungen gegen ihn erfahren zu haben. Auch die Polizei weiß seinen Angaben zufolge über die Drohungen Bescheid. Er ist bereits in der Vergangenheit bedroht worden, so dass große Sorge um seine Sicherheit besteht.

Appell an

Jean Roudy ALY

Ministre de la Justice et de la Sécurité Publique

Primature d’Haïti

18 Avenue Charles Summer

Port-au-Prince, HAITI

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Haiti

Frau Nadjine Defrance/François

Geschäftsträgerin a.i., Botschaftsrätin

Uhlandstraße 14

10623 Berlin

Fax: 030-8862 4279

E-Mail:
secretariat@ambassade-haiti.de

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass in Absprache mit Pierre Espérance wirksame Maßnahmen zu seinem Schutz umgesetzt werden.
  • Leiten Sie bitte umgehend eine unabhängige Untersuchung der jüngsten Drohungen gegen ihn ein und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.

Sachlage

Pierre Espérance ist Leiter des Nationalen Netzwerks zur Verteidigung der Menschenrechte (Réseau National de Défense des Droits Humains – RNDDH), einer der führenden Menschenrechtsorganisationen Haitis.

Am 26. April zeigten in Port-au-Prince zwei unbekannte Männer auf Motorrädern eine bedrohliche Präsenz vor dem Büro von Pierre Espérance. Bei ihnen soll es sich um Mitglieder einer lokalen Bande handeln. Der Menschenrechtsverteidiger gibt an, aus mehreren Quellen von jüngsten Morddrohungen gegen ihn erfahren zu haben. Auch die Polizei ist seinen Angaben zufolge über die Drohungen informiert. Pierre Espérance wurde bereits 2018 bedroht. Im Jahr 2014 wurde ein Drohbrief an RNDDH geschickt. Der Brief enthielt eine Pistolenkugel und die Anschuldigung, Pierre Espérance und das RNDDH hätten falsche Berichte erstellt, um die Regierung zu destabilisieren.

Amnesty International ist in großer Sorge um die Sicherheit von Pierre Espérance. Gemäß der Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen von 1998 müssen die haitianischen Behörden den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen gewährleisten, alle Angriffe auf sie in vollem Umfang untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Die Behörden haben zudem die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Menschenrechtsverteidiger_innen ihrer Arbeit ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen nachgehen können.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In den vergangenen Monaten hat das Nationale Netzwerk zur Verteidigung der Menschenrechte (Réseau National de Défense des Droits Humains – RNDDH) Berichte veröffentlicht, in denen dokumentiert ist, wie am 13. November 2018 in La Saline, einem Armenviertel von Port-au-Prince, mindestens 71 Personen getötet wurden. Die von Pierre Espérance geleitete Organisation hält Mitglieder bewaffneter Banden für die Verantwortlichen und mutmaßt, dass auch Angehörige staatlicher Stellen an den Tötungen beteiligt waren.

Das RNDDH hat zudem einen Bericht veröffentlicht, in dem Menschenrechtsverletzungen angeprangert werden, die während der regierungskritischen Proteste im Februar 2019 begangen wurden. Zu den Protesten kam es, nachdem bekannt geworden war, dass hochrangige Beamt_innen im Rahmen eines Erdölprogramms mit Venezuela Gelder in Milliardenhöhe hinterzogen haben sollen. Laut der Menschenrechtsorganisation wurden mindestens 40 Menschen getötet, davon 17 durch Kopfschüsse. Im März sagte der UN-Hochkommissar in einer Stellungnahme, dass die Vereinten Nationen im Rahmen der Proteste 41 Tote und 100 Verletzte dokumentiert haben.

Anfang Mai 2019 gab das RNDDH einen weiteren Bericht heraus, in dem es um Tötungen durch Bandenmitglieder ging, denen Angehörige der Polizei sowie Zivilpersonen zum Opfer gefallen waren.