Haiti: Angehörige und Zeug_innen schützen!

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Am 30. Juni wurden der Journalist Diego Charles und die Aktivistin Antoinette Duclaire vor dem Haus von Diego Charles in Port-au-Prince von unbekannten Personen erschossen. Beide waren zuvor mit Drohungen und Einschüchterungsversuchen konfrontiert. Einen Tag nach ihrer Ermordung gaben bewaffnete Personen vor den Häusern der beiden Opfer Schüsse ab, um Angehörige und potenzielle Zeug_innen einzuschüchtern. In anonymen Anrufen wurden Angehörige gewarnt, dass "das Schlimmste" noch bevorstünde. Amnesty International fordert die Behörden auf, umgehende, unabhängige und unparteiische Untersuchungen durchzuführen, um die Verantwortlichen zu finden.

Setzt euch für die Angehörigen von Antoinette Duclaire und Diego Charles ein!

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich wende mich an Sie, um meine Bestürzung über die Ermordung von Diego Charles, einem Reporter von Radio Vision 2000, und Antoinette Duclaire, einer Anti-Korruptions-Aktivistin, Sprecherin der Oppositionsbewegung Matris Liberasyon und Mitbegründerin der Nachrichten-Website Larepiblik Magazine, zum Ausdruck zu bringen.



Beide wurden in Port-Au-Prince in den frühen Morgenstunden des 30. Juni vor dem Haus von Diego Charles erschossen. Sie waren zuvor schikaniert und bedroht worden, weil sie Korruptionsfälle aufgedeckt und Rechenschaft für Menschenrechtsverletzungen gefordert hatten. Nach ihrer Ermordung berichteten Angehörige von Drohungen und Einschüchterungsversuchen gegen sie und potenzielle Zeug_innen.

Die Justiz in Ihrem Land kann es sich nicht leisten, denselben Weg der Straflosigkeit einzuschlagen wie in der jüngsten Vergangenheit. So werden beispielsweise die Ermittlungen zu den Morden an drei Journalist_innen seit 2018 immer noch unangemessen verzögert. 

Ich fordere Sie daher auf, eine sofortige, wirksame, unabhängige und unparteiische Untersuchung anzuordnen, um die Verantwortlichen für die Ermordung von Diego Charles und Antoinette Duclaire, für die Drohungen gegen sie vor ihrer Ermordung und für die anschließenden Einschüchterungsversuche gegen ihre Familien und potenzielle Zeug_innen zu finden und zu verfolgen. 

Sie haben die Pflicht, das Recht auf Leben zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Verpflichtung, für die Verletzung dieses Rechts Rechenschaft abzulegen, indem Sie die mutmaßlichen Täter_innen in einem fairen Verfahren vor Gericht stellen. Sie haben auch die wichtige Pflicht zu gewährleisten, dass Menschenrechtsverteidiger_innen ihre Arbeit ohne Angst vor Repressalien ausüben können, wie in der UN-Erklärung über Menschenrechtsverteidiger_innen von 1998 festgelegt. 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dear Prime Minister,

I write to you to express my condemnation for the killing of Diego Charles, a reporter for Radio Vision 2000 and Antoinette Duclaire, an anti-corruption activist, spokesperson for the opposition movement Matris Liberasyon and co-founder of the news website Larepiblik Magazine.

They had been harassed and threatened for their work exposing corruption and demanding accountability for human rights abuses. After the killings, their relatives reported several threats and acts of intimidation against them and potential witnesses.

Justice in your country cannot afford to replicate the same path of impunity seen in its recent past. For instance, the investigation into the killings of three journalists since 2018 are still subject to undue delays. 

I therefore demand you order an immediate, effective, independent, and impartial investigation to find and prosecute those responsible for the killings of Diego Charles and Antoinette Duclaire, for the threats against them prior to their killing, and subsequent acts of intimidation against their families and potential witnesses. 

You have an obligation to respect, protect and fulfil the right to life, including an obligation to ensure accountability for its violation by bringing alleged perpetrators to justice, through fair trials. You also have the important duty to guarantee that human rights defenders can carry out their work without fear of reprisals, as established in the 1998 UN Declaration on Human Rights Defenders. 

Yours sincerely, 

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Appell an

Prime Minister

Ariel Henry


33, Boulevard Harry Truman

Port-au-Prince

HAITI

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Haiti

S. E. Herrn Frantz Bataille

Uhlandstr. 14

10623 Berlin


Fax: 030-88 62 42 79

E-Mail: amb.allemagne@diplomatie.ht

Amnesty fordert:

  • umgehende, unabhängige und unparteiische Untersuchungen, um die Personen zu finden und strafrechtlich zu verfolgen, die für den Tod von Diego Charles und Antoinette Duclaire, die vorhergehenden Einschüchterungsversuche gegen sie sowie die anschließenden Einschüchterungsversuche gegen ihre Familien und potenzielle Zeug_innen verantwortlich sind.
  • das Recht auf Leben zu respektieren, zu schützen und zu fördern. Dazu gehört auch die Verpflichtung, die mutmaßlichen Verantwortlichen für eine Verletzung dieses Rechts zur Rechenschaft zu ziehen, indem diese in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
  • dass Menschenrechtsverteidiger_innen ihrer Arbeit ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen nachgehen können.

Sachlage

Amnesty International verurteilt die Ermordung von Diego Charles, einem Reporter von Radio Vision 2000, und Antoinette Duclaire, einer Aktivistin in der Korruptionsbekämpfung, Sprecherin der Oppositionsbewegung Matris Liberasyon und Mitbegründerin der Nachrichten-Website Larepiblik Magazine. Beide wurden in Port-Au-Prince in den frühen Morgenstunden des 30. Juni vor dem Haus von Diego Charles erschossen. Sie waren zuvor schikaniert und bedroht worden, weil sie Korruptionsfälle aufgedeckt und Rechenschaft für Menschenrechtsverletzungen gefordert hatten. Nach ihrer Ermordung berichteten Angehörige von Drohungen und Einschüchterungsversuchen gegen sie und potenzielle Zeug_innen.

Amnesty International ist besorgt, dass sich die systematische Straflosigkeit der jüngsten Vergangenheit in Haiti wiederholt. So gibt es bei den Ermittlungen im Falle der Ermordung von drei Journalist_innen seit 2018 nach wie vor unangemessene Verzögerungen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Diego Charles arbeitete als Journalist für den Radiosender Radio Vision 2000 und die Website Larepiblik Magazine, die er gemeinsam mit Antoinette Duclaire gegründet hatte, ihres Zeichens politische Aktivistin und Menschenrechtsverteidigerin, offene Regierungskritikerin und Mitglied der Oppositionsbewegung Matris Liberasyon. Die beiden wurden in den frühen Morgenstunden des 30. Juni von unbekannten bewaffneten Personen vor dem Haus von Diego Charles erschossen, als dieser gerade von Antoinette Duclaire vor seiner Haustür abgesetzt wurde. Beide hatten aufgrund ihrer Tätigkeit schon Drohungen erhalten und Einschüchterungsversuche erlebt.

Antoinette Duclaire (33) hatte die Regierung von Präsident Jovenel Moïse – der nur eine Woche nach ihr ermordet wurde – offen wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen kritisiert. Unter anderem hatte sie lautstarke Kritik am Missbrauch von Geldern im Zusammenhang mit dem venezolanischen PetroCaribe-Ölbündnis geäußert, über das Haiti Erdöllieferungen zu Vorzugspreisen erhalten sollte, um im Gegenzug Entwicklungsprojekte zu fördern. Antoinette Duclaire, die sich der 2018 als Reaktion auf diesen Korruptionsskandal entstandenen Protestbewegung angeschlossen hatte, wurde am Steuer ihres Autos erschossen, als sie den Journalisten Diego Charles vor seiner Haustür absetzte. Einem Bericht der Kriminalpolizei zufolge wurde sie durch sieben Schüsse, davon einem in den Kopf, getötet.

Diego Charles, zum Zeitpunkt seines Todes ebenfalls 33 Jahre alt, kam durch zwei Schüsse ums Leben. In einem seiner letzten Artikel im Larepiblik Magazine hatte er über die Ermordung des Präsidenten der Anwaltskammer von Port-au-Prince, Monferrier Dorval, im Jahr 2020 geschrieben – ein Thema, das allgemein als heikel gilt. In dem Artikel monierte er, dass die Behörden fast ein Jahr nach der Ermordung des prominenten Anwalts "keine Bereitschaft gezeigt haben, den Fall voranzubringen".

Antoinette Duclaire war in den letzten Jahren wiederholt Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt, die ihr und ihrer Familie zufolge mit ihrer Tätigkeit als Aktivistin in Verbindung standen. Da diese Drohungen im Laufe der letzten Monate zugenommen hatten, beschloss Antoinette Duclaire im Dezember 2020, getrennt von ihrer Familie und den beiden kleinen Kindern zu leben, die in ihrem Haushalt aufwuchsen. Im Rahmen der Einschüchterungsversuche gegen sie wurden unter anderem Säcke mit Müll und Fäkalien in den Hof ihres Hauses geworfen. Ihre Angehörigen gaben an, diese Drohungen nie offiziell gemeldet zu haben, allerdings hatte Antoinette Duclaire in den Medien offen darüber gesprochen. Im Februar 2021 wurden von unbekannten bewaffneten Personen Schüsse auf das Haus von Antoinette Duclaire abgegeben. Dabei wurde niemand verletzt, doch die Kugeln durchschlugen Türen und trafen Wände und Möbel. Ein Ermittlungsrichter verfasste einen Bericht über den Vorfall. Antoinette Duclaire blieb unbeirrt und rief in Medieninterviews trotzig dazu auf, nicht in Angst zu verfallen. "Jeden Tag, an dem du aus dem Haus gehst und nicht weißt, ob du wieder zurückkommst, können sie dich ermorden, entführen und noch viel mehr. Mit dieser Tatsache zu leben und gleichzeitig Angst zu haben, offen zu reden, passt für mich nicht zusammen", sagte sie in einem Fernsehinterview.

Auch Diego Charles habe in den Monaten vor seinem Tod Drohungen erhalten, unter anderem in Form anonymer Anrufe, hieß es von Personen aus seinem Umfeld, die diese Drohungen mit seiner journalistischen Tätigkeit in Verbindung brachten. Diego Charles hatte sich nicht öffentlich zu diesen Drohungen geäußert.    

Der Bruder von Antoinette Duclaire, Frede, gibt an, dass seine Familie auch weiterhin bedroht und in anonymen Anrufen gewarnt werde, dass "das Schlimmste" noch bevorstünde. Unbekannte bewaffnete Personen tauchten nach der Ermordung von Antoinette Duclaire und Diego Charles auf Motorrädern vor deren Häusern auf und gaben Schüsse in die Luft ab. Für die Nachbar_innen und Angehörigen handelt es sich dabei eindeutig um Einschüchterungsversuche gegen Angehörige und potenzielle Zeug_innen.