Ecuador: Tote nach Gefängnisaufstand

Das Foto zeigt einen mit Stacheldraht versehenen Zaun vor einer Mauer, dahinter stehen Wachtürme.

Das Gefängnis Litoral in der ecuadorianischen Stadt Guayaquil (Aufnahme vom November 2022)

In Ecuador brachen am 22. Juli im größten Gefängnis des Landes schwere Unruhen aus, die ersten Berichten zufolge mit mehreren Todesfällen einhergingen. Auch Hungerstreiks wurden gemeldet. Landesweit wurden daraufhin in mehreren Hafteinrichtungen 137 Gefängniswärter*innen als Geiseln genommen. Im Zuge des Einschreitens von Sicherheits- und Streitkräften im Gefängnis Litoral wurden 31 Personen getötet und 14 verletzt. Die Familien der Häftlinge haben bisher keine Informationen über ihre Verwandten erhalten, und es liegen keine angemessenen gerichtsmedizinischen Erkenntnisse vor. Es besteht Sorge um die Sicherheit und Gesundheitsversorgung von Gefängnisinsass*innen.

Appell an

Generaldirektor der Behörde für inhaftierte Personen

Guillermo Rodríguez

Director General de SNAI

Av. Orellana E3-62 y 9 de Octubre

Quito

ECUADOR

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Ecuador

S. E. Herrn Diego Fernando Morejon Pazmiño

Joachimstaler Straße 12

10719 Berlin

Fax: 030 – 800 969 699

E-Mail: info@ecuadorembassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte stellen Sie unbedingt sicher, dass die Rechte auf Gesundheit, körperliche Sicherheit und Unversehrtheit aller im Gefängnis Litoral und in anderen Hafteinrichtungen inhaftierten Personen gewahrt werden.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die Vorfälle zeitnah untersucht und die gerichtsmedizinischen Erkenntnisse umgehend ausgewertet werden.
  • Stellen Sie bitte zudem sicher, dass die Familienangehörigen der Betroffenen mit Respekt behandelt werden und konkrete Informationen bezüglich ihrer getöteten Verwandten erhalten.

Sachlage

Am 22. Juli brachen im Gefängnis Litoral, der größten Hafteinrichtung des Landes in der Stadt Guayaquil, schwere Unruhen aus. In ersten Berichten war von mehreren Todesfällen die Rede, und im Zuge der Ausschreitungen sollen landesweit in mehreren Hafteinrichtungen 137 Gefängniswärter*innen als Geiseln genommen worden sein. Am 24. Juli rief der Präsident für alle Gefängnisse den Ausnahmezustand aus. Daraufhin wurden am 25. Juli 2.700 Sicherheits- und Streitkräfte in das Gefängnis Litoral geschickt. Am 27. Juli wurde bestätigt, dass im Zuge dieses Einsatzes 31 Personen getötet und 14 verletzt wurden. Die Familienangehörigen der Inhaftierten halten sich unterdessen unter prekären Bedingungen außerhalb des Gefängnisses auf und wissen nicht, wie es um ihre Verwandten steht.

Auch Tage nach den Ausschreitungen haben die Gerichtsmediziner*innen noch nicht alle Getöteten identifiziert. Tausende Gefängnisinsass*innen haben keinen angemessenen Zugang zu Gesundheitsdiensten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation CDH sind in ecuadorianischen Gefängnissen seit 2019 schätzungsweise 600 Menschen ums Leben gekommen. Das Strafvollzugssystem des Landes befindet sich in einer anhaltenden Krise und es sind bisher keine nennenswerten strukturellen Maßnahmen ergriffen worden, um dem zu begegnen.

Am 24. Juli verhängte Präsident Guillermo Lasso per Präsidialerlass Nr. 823 den Ausnahmezustand über alle Gefängnisse des Landes und ermöglichte den Sicherheits- und Streitkräften das Eingreifen. Dies ist nicht das erste Mal, dass Streit- und Sicherheitskräfte bei Ausschreitungen in Hafteinrichtungen geschickt wurden.

Menschenrechtsgruppen vor Ort berichten, dass die Vorfälle nicht angemessen untersucht würden und die Gerichtsmedizin die Toten nicht zeitnah identifiziere. Die Familienangehörigen der Inhaftierten erhielten daher keine bzw. verwirrende und verstörende Informationen über das Schicksal ihrer Verwandten.

Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sind darüber hinaus die Gesundheitsdienste in ecuadorianischen Gefängnissen seit mindestens 2022 faktisch zum Erliegen gekommen. So schickt das Gesundheitsministerium beispielsweise keine Ärzt*innen mehr in das Gefängnis Litoral, in dem mehr als 5.000 Personen inhaftiert sind. Gefangene, die während der Unruhen vom 22. Juli verletzt wurden, sind mit der Hilfe von Rettungsdiensten mit erheblichen Verzögerungen in Kliniken außerhalb des Gefängnisses gebracht worden.

Der UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter besuchte Ecuador im Jahr 2022 und wird der Regierung demnächst seinen Abschlussbericht vorlegen.