Burundi: Anwalt seit 2 Jahren willkürlich in Haft

Portraitfoto eines Mannes, der eine schwarze Anwaltsrobe und einen weissen Langbinder trägt

Der burundische Rechtsanwalt Tony Germain Nkina (August 2021)

Der 29. September 2022 markierte den ersten Jahrestag der Entscheidung des Berufungsgerichts von Ngozi, mit der die Verurteilung des burundischen Anwalts Tony Germain Nkina zu fünf Jahren Haft bestätigt wurde. Er war am 13. Oktober 2020 festgenommen und wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit angeklagt worden und wurde am 15. Juni 2021 wegen "Kollaboration mit Rebellen, die Burundi angegriffen haben" schuldig gesprochen. Die gegen ihn vorgelegten Beweise deuten jedoch darauf hin, dass die Anklage auf seine frühere Menschenrechtsarbeit zurückzuführen ist. Seine Berufungsverhandlung bezüglich der Entscheidung des Berufungsgerichts von Ngozi ist für den 7. Oktober angesetzt. Amnesty International fordert weiterhin die sofortige und bedingungslose Freilassung von Tony Germain Nkina.

Appell an

Präsident der Republik

Evariste Ndayishimiye

President of the Republic


Bujumbura, BURUNDI

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Burundi

I. E. Frau Appolonie Nibona


Berliner Straße 36

10715 Berlin

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, die Generalstaatsanwaltschaft anzuweisen, Tony Germain Nkina umgehend und bedingungslos freizulassen und alle Anklagen gegen ihn fallenzulassen.
  • Bitte geben Sie ihm bis zu seiner Freilassung ungehinderten Zugang zu seinen Rechtsbeiständen und seiner Familie und schützen Sie ihn vor Folter und anderer Misshandlung.

Sachlage

Tony Germain Nkina hat gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes von Ngozi vom 29. September 2021 Obersten Gerichtshofs erneut Berufung eingelegt. Die Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof ist für den 7. Oktober angesetzt. Tony Germain Nkina war vom Gericht von Kayanza am 15. Juni 2021 zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 1 Million burundischen Francs (etwa 420 Euro) verurteilt worden.

Der Menschenrechtsanwalt Tony Germain Nkina wurde am 13. Oktober 2020 in der nördlichen Provinz Kayanza festgenommen und ihm wurde vorgeworfen, mit der bewaffneten Oppositionsgruppe RED-Tabara (Widerstand für die Rechtsstaatlichkeit) zusammenzuarbeiten. Die Festnahme von Tony Germain Nkina erfolgte, als er einen Mandanten in Kabarore besuchte und ihn in einem Fall von Landstreitigkeiten beriet.

Tony Germain Nkina ist weiterhin im Gefängnis von Ngozi im Norden Burundis inhaftiert. Während der ersten Berufungsverhandlung gelang es der Staatsanwaltschaft erneut nicht, die Vorwürfe zu untermauern, dass Tony Germain Nkina in irgendeiner Weise mit der RED-Tabara in Verbindung stehe. Sie konnte auch keine Zeug*innen vorbringen, die diese Vorwürfe bestätigten.

In einer Erklärung vom 8. Oktober 2021 prangerten Amnesty International und fünf weitere Menschenrechtsorganisationen die Entscheidung des Berufungsgerichts an und wiesen darauf hin, dass Burundi trotz mehrfacher Beteuerungen seit der Amtseinführung des neuen Präsidenten Evariste Ndayishimiye im Juni 2020, seine Menschenrechtsverpflichtungen besser einzuhalten, zunehmend die bürgerlichen Freiheiten einschränkt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Tony Germain Nkina arbeitete für APRODH, eine der aktivsten und bekanntesten Menschenrechtsorganisationen Burundis, die 2015 von der Regierung geschlossen wurde. Seine Anklage und rechtswidrige Inhaftierung basieren auf der unbegründeten Anschuldigung, er habe mit der bewaffneten Oppositionsgruppe RED-Tabara (übersetzt bedeutet das Akronym "Widerstand für die Rechtsstaatlichkeit") zusammengearbeitet. Seit der Krise 2015 in Burundi, die auf die Entscheidung des verstorbenen Präsidenten Pierre Nkurunziza folgte, eine dritte Amtszeit anzustreben, wirft die Regierung RED-Tabara vor, für eine Reihe bewaffneter Angriffe im Land verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe beziehen sich auch auf die Angriffe, die in der Provinz Kayanza Anfang Oktober 2020 verübt wurden.

Die Zivilgesellschaft und die Medienorganisationen Burundis gehörten 2015 zu den ersten Zielen der staatlichen Repression. Die Regierung schloss vorübergehend oder dauerhaft die meisten unabhängigen Menschenrechtsorganisationen und Medien oder trieb die Mitarbeiter*innen ins Exil. Trotz einiger Annäherungsversuche von Präsident Ndayishimiye an die Medien im Jahr 2021 betrachtet die burundische Regierung Menschenrechtsarbeit weiterhin mit Misstrauen, und die Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, werden nach wie vor stark eingeschränkt (https://www.hrw.org/news/2021/05/26/burundi-entrenched-repression-civil-society-media).

Die meisten unabhängigen Menschenrechtsorganisationen konnten ihre Tätigkeit in Burundi nicht wieder aufnehmen, zumal die burundischen Behörden gegen viele ihrer führenden exilierten Aktivist*innen Haftbefehle erlassen haben. Zu einer Gruppe von 34 Personen, die im Juni 2020 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, weil sie an einem Putschversuch im Mai 2015 beteiligt gewesen sein sollen, gehören zwölf Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen; das Urteil des Obersten Gerichtshofs wurde erst im Februar 2021 veröffentlicht.

Festnahmen oder Inhaftierungen als Strafe für die friedliche Ausübung der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, sind willkürlich und verstoßen gegen die Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker und gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die beide von Burundi ratifiziert wurden. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen hat festgelegt, dass Personen, die ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind, unverzüglich freigelassen werden müssen.