Bangladesch: Aktivist inhaftiert

Porträtfoto von Shahnewaz Chowdhury, der einen Anzug und Krawatte trägt.

Aktivist und Ingenieur Shahnewaz Chowdhury aus Bangladesch

Dem Ingenieur und Aktivisten Shahnewaz Chowdhury drohen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis, nur weil er friedlich sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat. Auf Facebook schrieb er, dass das Kohlekraftwerk der Stadt Banshkhali umweltschädigend sei und verurteilte die Ereignisse, bei denen nach Angaben bangladeschischer Organisationen während einer Protestaktion gegen das Kohlekraftwerk zwölf Menschen starben. Shahnewaz Chowdhury wurde auf der Grundlage des repressiven Gesetzes über die digitale Sicherheit (Digital Security Act – DSA) in Haft genommen.

Appell an

Prime Minister Sheikh Hasina

Prime Minister’s Office

Old Sangsad Bhaban

Tejgaon, Dhaka-1215

BANGLADESH

 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Volksrepublik Bangladesch

S.E. Md Mosharraf Hossain Bhuiyan

Kaiserin-Augusta-Allee 111

10553 Berlin


Fax: 030–39 89 75 10

E-Mail: info@bangladeshembassy.de

 

Amnesty fordert:

  • Sorgen Sie dafür, dass alle Anschuldigungen gegen Shahnewaz Chowdhury fallengelassen und alle weiteren Personen freigelassen werden, die unter dem Gesetz über die digitale Sicherheit inhaftiert sind, nur weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben.
  • Sorgen Sie bitte auch für die Aufhebung des Gesetzes über die digitale Sicherheit, sofern es nicht in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsnormen, darunter auch der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dessen Vertragsstaat Bangladesch ist, geändert werden kann.

Sachlage

Shahnewaz Chowdhury, ein Ingenieur und Aktivist, wurde in der Nacht des 28. Mai 2021 in seiner Wohnung in Gandamara, ein Ortsteil des Stadtbezirks Banshkhali, festgenommen, nur weil er seine Meinung kritisch auf Facebook äußerte. Er hatte einen Beitrag veröffentlicht, in dem er schrieb, dass das Kohlekraftwerk von Banshkhali umweltschädlich sei. Er verurteilte zudem die Ereignisse bei denen nach Angaben bangladeschischer Organisationen zwölf Menschen bei verschiedenen Protestaktionen gegen das Kohlekraftwerk ums Leben kamen. Shahnewaz Chowdhury ist der Meinung, dass das Kohlekraftwerk nicht in dem Maße zur Weiterentwicklung der Stadt beigetragen hat, wie man es sich erhofft hatte. Der Aktivist rief Jugendliche dazu auf, sich "diesem Unrecht zu widersetzen" und ihre Meinung angstfrei zu äußern.



Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung dieses Beitrags wird ihm vorgeworfen, gegen die Paragrafen 25, 29 und 31 des Gesetzes über die digitale Sicherheit verstoßen zu haben: Paragraf 25 über die Verbreitung von "falschen und irreführenden" Informationen; Paragraf 29 "Rufschädigung des Kohlekraftwerks" und Paragraf 31 "Verbreiten von Feindseligkeit, Unsicherheit und Unruhe". Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis.



Das digitale Sicherheitsgesetz wird von den Behörden angewendet, um kritische Stimmen und abweichende Meinungen zu unterdrücken. Shahnewaz Chowdhury wurde nur deswegen inhaftiert, weil er seine kritische Meinung im Internet äußerte. Die eigene Meinung zu äußern ist kein Verbrechen. Die Festnahme von Shahnewaz Chowdhury stellt eine deutliche Verletzung seiner Rechte auf Freiheit und auf freie Meinungsäußerung dar. In internationalen Menschenrechtsnormen, einschließlich des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Bangladesch gehört, wird diesen Rechten ein besonders hoher Wert beigemessen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der 37-jährige Ingenieur und Aktivist Shahnewaz Chowdhury aus Bangladesch wurde um 12.05 Uhr in der Nacht des 28. Mai 2021 in seiner Wohnung in Gandamara, ein Ortsteil des Stadtbezirks Banshkhali im Südosten von Bangladesch, festgenommen. Die Polizei leitete ein Verfahren gegen ihn im Zusammenhang mit dem repressiven Gesetz über die digitale Sicherheit ein, weil er in einem Facebook-Beitrag seine kritische Meinung über das Kohlekraftwerk von Banshkhali geäußert hatte.



Im April 2021 reichten fünf Organisation eine Petition ein, aus der hervorging, dass bei verschiedenen Zwischenfällen im Kraftwerk von Banshkhali in den Jahren 2016, 2017 und zuletzt im April 2021 mindestens zwölf Menschen starben. Bei einer Protestaktion gegen den Bau des Kohlekraftwerks im Jahr 2016 starben mindestens vier Menschen, nachdem die Polizei auf sie geschossen hatte. Bei einer weiteren Protestaktion im April 2021 gegen Unterbezahlung und für weniger Arbeitsstunden während des muslimischen Fastenmonats Ramadan, starben mindestens sieben weitere Menschen durch Schüsse der Polizei.



Ein Angestellter des Kraftwerks Banshkhali beschuldigte Shahnewaz Chowdhury, mit seinem Facebook-Post "falsche und beleidigende" Informationen veröffentlicht, "den Ruf von SS Power 1 Limited (Kraftwerksgesellschaft) befleckt" und "Feindseligkeit, Instabilität und Chaos geschaffen" zu haben. Grundlage dieser Anschuldigungen waren die Paragrafen 25, 29 und 31 des Gesetzes über die digitale Sicherheit.



Der Rechtsbeistand von Shahnewaz Chowdhury erläuterte, dass der Facebook-Post keine direkte Anschuldigung gegen das Kraftwerk oder irgendeine Hassrede oder ein herabsetzendes Element enthält. Der Post verweise lediglich darauf, dass zwölf Menschen im Zuge von Protesten gegen das Kraftwerk getötet worden seien. Dennoch ordnete ein niederinstanzliches Gericht in Banshkhali am 30. Mai 2021 an, Shahnewaz Chowdhury zu inhaftieren, nachdem es den Kautionsantrag abgelehnt hatte.



Das Gesetz über die digitale Sicherheit besteht aus vagen und weit gefassten Bestimmungen, die zunehmend dazu verwendet werden, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten ins Visier zu nehmen, nur weil sie eine abweichende Meinung äußern und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung online wahrnehmen. Im Februar 2021 starb Mushtaq Ahmed, ein bangladeschischer Schriftsteller, im Gefängnis, nachdem er dort zehn Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte, weil er auf Facebook die Reaktion der bangladeschischen Regierung auf die Corona-Pandemie kritisiert hatte.



Der UN-Menschenrechtsausschuss hat erklärt, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung die Äußerung jeder Form von Meinung schützt, einschließlich des politischen Diskurses, des Kommentars zu öffentlichen Angelegenheiten und der Diskussion von Menschenrechten. Festgeschrieben ist dieses Recht u.a. im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Bangladesch gehört.