Zwangseinweisung wegen Kritik

Diese Urgent Action ist beendet

Der Oppositionelle Agil Humbatov wurde am 1. Juli aus der psychiatrischen Klinik in der Hauptstadt Baku entlassen, in die er am 2. April eingeliefert worden war, nachdem er die Reaktion der Behörden auf die COVID-19-Pandemie kritisiert hatte.

Agil Hunbatov mit seinen Kindern, Aserbaidschan

Agil Hunbatov mit seinen Kindern, Aserbaidschan

Der Oppositionelle Agil Humbatov wird seit dem 2. April in einer psychiatrischen Klinik in der Hauptstadt Baku festgehalten, nachdem er die Reaktion der Behörden auf die COVID-19-Pandemie kritisiert hatte. Ihm werden gegen seinen Willen unbekannte Medikamente verabreicht. Am 2. Juni wurde seine Einweisung um einen weiteren Monat verlängert. Agil Humbatov wird willkürlich festgehalten und muss unverzüglich aus der Klinik entlassen werden.

Appell an

Agahasan Rasulov

Sabunchu District, Mashtaga settlement

Akhund Sheikh Huseyn str. 150

AZ1039

ASERBAIDSCHAN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Aserbaidschan

S. E. Herrn Ramin Hasanov

Hubertusallee 43

14193  Berlin


Fax: 030-219 161 52


E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Amnesty fordert:

  • Beenden Sie bitte umgehend die erzwungene medizinische Behandlung von Agil Humbatov und entlassen Sie ihn unverzüglich aus der psychiatrischen Klinik.

Sachlage

Agil Humbatov, Mitglied der oppositionellen Volksfront-Partei von Aserbaidschan, wird seit dem 2. April gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Klinik festgehalten, weil er Kritik an den Behörden geübt hatte. Ihm werden ohne triftigen Grund Medikamente verabreicht, ohne dass seine freie und auf Kenntnis der Sachlage gegründete Einwilligung eingeholt wurde. Amnesty International fordert seine sofortige Freilassung.

Am 30. März wurde Agil Humbatov von der Polizei festgenommen, nachdem er in einem Video in den Sozialen Medien die Regierung dafür kritisiert hatte, Familien während der COVID-19-Pandemie nicht ausreichend zu unterstützen. Am 31. März wurde er in eine psychiatrische Klinik in der Hauptstadt Baku gebracht, wo er aufgrund mutmaßlicher Paranoia eingeliefert wurde. Am 1. April wies das Bezirksgericht von Sabunçu den Antrag auf Zwangseinweisung von Agil Humbatov ab und ordnete seine Entlassung an. Allerdings wurde er am 2. April erneut festgenommen und wieder in die Klinik gebracht, nachdem er ein weiteres Video hochgeladen hatte, in dem er über seine erzwungene Einlieferung aufgrund seiner politischen Ansichten gesprochen hatte. Am 3. April kippte das Berufungsgericht von Baku ohne überzeugende Beweismittel die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts und bestätigte die Einlieferung von Agil Humbatov in die psychiatrische Klinik. Das Gericht entschied, dass Agil Humbatov eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellte. Die Entscheidung basierte auf Nachweisen, die das Bezirksgericht von Sabunçu zuvor als unzureichend bewertet hatte.

Die Familie von Agil Humbatov durfte ihn bisher nicht besuchen. Am 12. Mai sagte er in einem Telefonat mit seiner Frau, dass ihm gegen seinen Willen unbekannte Medikamente injiziert würden und dass sich seine Gesundheit verschlechtert habe.

Am 2. Juni wurde seine Einweisung um einen weiteren Monat verlängert. Amnesty International ist der Ansicht, dass die Zwangseinweisung von Agil Humbatov unbegründet ist und darauf abzielt, ihn für seine Kritik an der Regierung zu bestrafen. Dies verstößt nicht nur gegen seine Menschenwürde und sein Recht auf Gesundheit, sondern auch gegen seine Rechte auf Meinungsfreiheit und Freiheit der Person. Es könnte sich hierbei um Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe handeln.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die willkürliche Inhaftierung von Regierungskritiker_innen ist in Aserbaidschan an der Tagesordnung. In der Vergangenheit sind Aktivist_innen, Oppositionsmitglieder, Journalist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen häufig auf der Grundlage politisch motivierter Anklagen strafrechtlich verfolgt und inhaftiert worden, weil sie ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit wahrgenommen haben.

Die aserbaidschanischen Behörden haben die COVID-19-Pandemie in jüngster Zeit verstärkt instrumentalisiert, um kritische Stimmen zu inhaftieren. Am 19. März verkündete Präsident Ilham Aliyev "neue Regeln" für die Dauer der COVID-19-Pandemie und versprach, die politische Opposition zu "säubern". Er bezeichnete Oppositionelle als Verräter und "subversive Kräfte" (https://en.president.az/articles/36212). Im Zuge dieser Ankündigung wurden zahlreiche bekannte politische Aktivist_innen und Menschenrechtler_innen auf der Grundlage haltloser Anschuldigungen festgenommen. Der Oppositionelle Tofig Yagublu wurde wegen "Unruhestiftung" festgenommen (siehe UA-038/2020, online unter https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/inhaftierter-oppositioneller-gefaehrdet) und der Menschenrechtler Elchin Mammad wegen Diebstahls (siehe UA-045/2020, online unter https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/menschenrechtler-muss-freigelassen-werden-0).

Zahlreiche Personen, darunter politische Aktivist_innen, Journalist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und Regierungskritiker_innen, sind wegen konstruierter Vorwürfe für 10 bis 30 Tage in sogenannte Verwaltungshaft genommen worden (https://www.amnesty.org/download/Documents/EUR5524122020ENGLISH.pdf). Zu den Vorwürfen zählen Missachtung polizeilicher Anweisungen und Verstoß gegen Lockdown-Regeln.

Während die politisch motivierten Festnahmen und Strafverfahren gegen Kritiker_innen unvermindert anhalten, entzieht sich Aserbaidschan weiterhin jeglicher Überprüfung der Menschenrechtslage. Internationalen Organisationen zur Beobachtung der Menschenrechte, darunter auch Amnesty International, wird seit Jahren der Zugang zum Land verweigert.