Wegen Buch in Haft

Diese Urgent Action ist beendet.

Der Universitätsdozent Firew Bekele wurde am 19. November aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er drei Monate inhaftiert war. Ihm war vorgeworfen worden, ein Buch geschrieben zu haben, in dem der Ministerpräsident Äthiopiens kritisiert wird. Er war ein gewaltloser politischer Gefangener und hätte nie strafrechtlich verfolgt werden dürfen.

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Am 17. August wurde der Universitätsdozent Firew Bekele festgenommen und unter dem drakonischen äthiopischen Antiterrorgesetz angeklagt, das systematisch zur Unterdrückung kritischer Stimmen angewandt wird. Firew Bekele steht unter Verdacht, ein Buch geschrieben zu haben, in dem Ministerpräsident Abiy Ahmed kritisiert wird. Er bestreitet jedoch, der Autor des Buchs zu sein. Firew Bekele ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der umgehend und bedingungslos freigelassen werden muss.

Appell an

Abiy Ahmed

PO Box 1031

Lorenzo Te’azaz Road

Addis Ababa

ÄTHIOPIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien

I. E. Frau Mulu Solomon Bezuneh

Boothstraße 20A

12207 Berlin


Fax: 030 – 772 06 26

E-Mail: emb.ethiopia@t-online.de

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie Firew Bekele bitte umgehend und bedingungslos frei, da er nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seiner Menschenrechte inhaftiert ist.
  • Stellen Sie zudem bitte sicher, dass er bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und uneingeschränkten Zugang zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand erhält.
  • Sehen Sie von der Anwendung des äthiopischen Antiterrorgesetzes ATP ab, bis es entsprechend internationaler Menschenrechtsnormen und -standards überarbeitet wurde.

Sachlage

Firew Bekele ist Marketingdozent an der äthiopischen Rift Valley University. Am 17. August wurde er vor seinem Haus von der Polizei festgenommen. Bevor man sein Haus durchsuchte, las man ihm einen Gerichtsbeschluss vor, in dem es hieß, er werde verdächtigt, ein Buch mit dem Titel Yetetlefe Tigil ("Der instrumentalisierte Kampf") geschrieben und veröffentlicht zu haben. Das Buch wirft Politiker_innen, Sicherheitskräften, Unternehmer_innen und anderen Personen vor, den politischen Übergang in Äthiopien für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert zu haben. Amnesty International kann in dem Buch keinen Hinweis auf Gewalt oder Anstiftung zur Gewalt finden. Firew Bekele räumt ein, dem Autor bei der Veröffentlichung des Buches geholfen zu haben, bestreitet aber, das Buch selbst geschrieben zu haben. Es darf nicht in Geschäften verkauft werden, wird aber nach wie vor privat weiterverbreitet. Bei der Hausdurchsuchung fanden Polizeikräfte eine Ausgabe des Buches bei Firew Bekele.

Firew Bekele wurde am 20. August vor ein erstinstanzliches Gericht gestellt und unter dem äthiopischen Antiterrorgesetz wegen "Aufwiegelung zum Terrorismus" angeklagt. Die nächste Anhörung wurde zweimal verschoben, woraufhin er am 27. August gemäß den Bestimmungen des Antiterrorgesetzes 28 Tage lang in polizeiliche Untersuchungshaft genommen wurde. Aufgrund der Terrorismusanklage hatte er bisher nur eingeschränkten Zugang zu seinem Rechtsbeistand und durfte keine Besuche von seiner Frau, seinen Eltern oder seinen Geschwistern erhalten. Von seinem Rechtsbeistand erfuhr Amnesty International, dass Firew Bekele verhört wird, um ihn zu dem "Geständnis" zu bewegen, der Autor des Buchs zu sein, oder ihn dazu zu bringen, den Autor namentlich zu nennen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Ministerpräsident Abiy Ahmed kündigte 2016 Reformen an, um strukturelle und systematische Menschenrechtsprobleme anzugehen. Er entließ Tausende Personen aus der Haft, die sich wegen politisch motivierter Anklagen im Gefängnis befanden. Weil sie systemischen Menschenrechtsverletzungen sowie wirtschaftlicher und politischer Marginalisierung ausgesetzt sind, gingen junge Angehörige der ethnischen Gruppen der Amharen und Oromo bis 2018 regelmäßig auf die Straße. Viele der Protestierenden wurden unter dem drakonischen Antiterrorgesetz angeklagt.

Die Regierung unter Ministerpräsident Abiy Ahmed hat eine wichtige Reformagenda angestoßen, die bei wirksamer Umsetzung das Potenzial hat, die Menschenrechtslage in Äthiopien zu verbessern. Allerdings ist die politische Situation derzeit angespannt, da es innerhalb der Regierungskoalition verschiedene Fraktionen mit jeweils unterschiedlichen Prioritäten und Loyalitäten gibt. Der Ministerpräsident gehört der Oromo Democratic Party (ODP) an, und viele Menschen in Äthiopien sehen seine Ernennung als einen Meilenstein für die ethnische Gruppe der Oromo an, da er der erste führende Oromo-Politiker in der neueren Geschichte des Landes ist. Zwar sind bereits wichtige Schritte zur Reform von drakonischen Gesetzen unternommen worden, die seit Jahrzehnten zur Unterdrückung von Kritik und abweichenden Meinungen eingesetzt werden, doch das Antiterrorgesetz hat bisher noch keinen Reformprozess durchlaufen. Eine ältere Version des Antiterrorgesetzes wird nach wie vor angewandt, um Personen in verschiedenen Kontexten anzuklagen – oftmals handelt es sich hierbei um öffentliche Kritiker_innen der Regierung.

Das Buch mit dem Titel Yetetlefe Tigil ("Der instrumentalisierte Kampf") thematisiert das zunehmende Zerwürfnis zwischen Ministerpräsident Abiy Ahmed und dem Rest der ODP, und wirft dem Ministerpräsidenten vor, den Kampf der Oromo zu instrumentalisieren und gleichzeitig die Forderungen der Oromo zu ignorieren.