Amnesty Report 24. April 2024

Regionalkapitel Asien und Pazifik 2023

Das Bild zeigt mehrere Menschen mit Protestplakaten, sie sitzen auf einer Straße

Demonstration für besseren Klimaschutz in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul am 23. September 2023

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

In mehreren Ländern gab es bescheidene Fortschritte bei den Rechten von Frauen und lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI+). In Thailand wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das Folter und Verschwindenlassen unter Strafe stellt, und in Malaysia wurde die obligatorische Todesstrafe abgeschafft. Insgesamt blieben die Aussichten für die Menschenrechte in der Region Asien und Pazifik jedoch düster.

Die Eskalation des bewaffneten Konflikts in Myanmar führte zu noch mehr Toten und Vertriebenen unter der Zivilbevölkerung. In Afghanistan verstärkten die Taliban ihre Repressionen, insbesondere gegen Frauen und Mädchen. In weiten Teilen der Region Asien-Pazifik war eine zunehmende Intoleranz gegenüber Andersdenkenden zu beobachten. So wurden in zahlreichen Ländern und Territorien die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit immer stärker eingeschränkt. Menschen, die Kritik an der Regierungspolitik oder an staatlichen Maßnahmen übten, wie z. B. Menschenrechtsverteidiger*innen, politische Aktivist*innen oder Journalist*innen, wurden willkürlich festgenommen und inhaftiert. Protestveranstaltungen wurden häufig durch rechtswidrige und manchmal auch tödliche Gewalt unterdrückt.

Die langjährige Diskriminierung von religiösen und ethnischen Minderheiten, sogenannten niederen Kasten, sowie von Frauen und Mädchen, LGBTI+ und indigenen Gemeinschaften setzte sich auch 2023 fort. In Ländern, die unter einer Wirtschaftskrise litten, waren Menschen aus diesen oder anderen ausgegrenzten Gruppen besonders stark betroffen. Sie waren auch die Ersten, die unter den vom Klimawandel ausgelösten, häufig tödlichen Folgen von Wetterereignissen litten. Gleichzeitig ergriffen die betreffenden Regierungen jedoch weder wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen noch geeignete Schutz- und Anpassungsmaßnahmen.

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Recht auf freie Meinungsäußerung

Das Recht auf freie Meinungsäußerung war nach wie vor bedroht. So gingen viele Regierungen scharf gegen Medien, Menschenrechtsverteidiger*innen, Oppositionsparteien, Regierungskritiker*innen und andere vor.

Mehrere Länder behielten ihre extremen Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung bei oder verschärften sie. In Afghanistan wurden Journalist*innen und andere Medienschaffende schikaniert und willkürlich inhaftiert, und mehrere Medienunternehmen wurden geschlossen oder sahen sich gezwungen, ihren Betrieb einzustellen. In Myanmar wurden Journalist*innen in unfairen Gerichtsverfahren zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Regierung in Nordkorea hielt an der totalen Kontrolle über die Zivilgesellschaft fest und belegte alle, die Kritik an der Regierung übten oder eine "reaktionäre" Ideologie vertraten, mit harten Strafen.

Auch anderswo bemühten sich Regierungen auf unterschiedlichste Weise, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. In Bangladesch, China, Indien, Pakistan, Papua-Neuguinea und Singapur traten neue Gesetze oder Vorschriften zur Einschränkung der Meinungsfreiheit in Kraft. Die neue Regierung in Fidschi hob ein Gesetz auf, das die Freiheit der Medien einschränkte, hielt jedoch an anderen restriktiven Gesetzen fest.

In Kambodscha wurde einem der wenigen noch verbliebenen unabhängigen Medienunternehmen die Zulassung entzogen. Die indische Regierung setzte die zentralen Finanz- und Ermittlungsbehörden ein, um Razzien bei Medienunternehmen und Menschenrechtsorganisationen durchzuführen und ihnen die Lizenz zu entziehen. Bhutan, wo es Staatsbediensteten untersagt ist, Informationen von öffentlichem Interesse an die Medien weiterzugeben, rutschte in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit ab.

Immer häufiger wurden Zensur und Überwachungstechnologien zur Unterdrückung abweichender Meinungen eingesetzt. In China wurden die Einschränkungen für Nutzer*innen Sozialer Medien durch neue Richtlinien ausgeweitet, und Social-Media-Unternehmen verlangten von bestimmten Nutzer*innen die Offenlegung ihrer Identität, was Befürchtungen im Hinblick auf das Recht auf Privatsphäre auslöste. In Hongkong wurden das drakonische Gesetz über nationale Sicherheit und das aus der Kolonialzeit stammende Gesetz gegen staatsgefährdende Handlungen dazu genutzt, Bücher, Lieder, Soziale Medien und andere On- und Offline-Inhalte zu zensieren. Wie Amnesty International herausfand, standen in Vietnam vermutlich staatliche Akteur*innen oder in ihrem Auftrag handelnde Personen hinter einer Kampagne, bei der Dutzende Social-Media-Konten mithilfe der Spähsoftware Predator ausspioniert wurden. In Thailand ging die Regierung nicht auf Bedenken hinsichtlich des Einsatzes der Spähsoftware Pegasus gegen Menschenrechtsverteidiger*innen, Politiker*innen und zivilgesellschaftliche Aktivist*innen ein.

An der Tagesordnung war auch die gerichtliche Verfolgung von Personen, die Informationen weitergaben oder Ansichten äußerten, die von Regierungen als kritisch oder sensibel angesehen wurden. In Vietnam wurden Journalist*innen und Aktivist*innen wegen der "Verbreitung staatsfeindlicher Propaganda" verfolgt und inhaftiert. Auf den Malediven wurden im Laufe des Jahres mindestens vier Journalisten festgenommen, weil sie über Proteste und andere Ereignisse berichtet hatten. In Malaysia setzte die Regierung ihre Zusagen im Hinblick auf die Aufhebung von Gesetzen zur Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit nicht um und ging noch dazu weiterhin mit diesen Gesetzen gegen einige Filmemacher*innen und den Herausgeber eines Buches vor. Die Behörden in Thailand wandten weiterhin Gesetze zur Einschränkung der Online-Kommunikation an, um Kritiker*innen zu verfolgen, während sich Regierungskritiker*innen auf den Philippinen auch 2023 mit fadenscheinigen Anschuldigungen konfrontiert sahen. Friedliche Aufrufe zur Unabhängigkeit Papuas standen in Indonesien nach wie vor unter Strafe. In Laos sahen sich Menschenrechtler*innen weiterhin Einschüchterungen, willkürlicher Inhaftierung, Verschwindenlassen und rechtswidriger Tötung ausgesetzt. Auch in Pakistan waren Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und Kritiker*innen der Regierung und des Militärs von willkürlicher Festnahme und Verschwindenlassen bedroht.

Es gab Anzeichen dafür, dass die länderübergreifende Verfolgung Andersdenkender zur Norm wurde. Die Behörden in China und Hongkong verfolgten beispielsweise Aktivist*innen, die ins Ausland geflohen waren, indem sie Haftbefehle erließen, Belohnungen aussetzten und Druck auf andere Länder ausübten, die jeweiligen Personen auszuliefern. Zwei Menschenrechtsverteidiger, die aus Laos abgeschoben worden waren, wurden anschließend in China inhaftiert. Die vietnamesischen Behörden waren an der Entführung eines bekannten Youtubers aus Thailand beteiligt, und in Thailand wurde ein laotischer Menschenrechtsverteidiger erschossen.

Die Regierungen müssen alle Gesetze und Bestimmungen aufheben, die das Recht auf freie Meinungsäußerung kriminalisieren oder anderweitig einschränken. Alle ungerechtfertigten Ermittlungen bzw. Strafverfolgungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der legitimen Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung müssen eingestellt und die Medienfreiheit muss respektiert werden.

Das Foto zeigt drei Personen bei einer Demonstration. Sie halten Schilder hoch, auf denen steht: "No prison for peaceful protest".

"Keine Gefängnisstrafe für friedlichen Protest": Regierungskritische Demonstration in Thailands Hauptstadt Bangkok im Januar 2023.

Rechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Mit Ausnahme von Fidschi, wo es Anzeichen für mehr Toleranz gab, versuchten die Regierungen in der Region Asien-Pazifik durchweg, das Recht auf friedliche Versammlung weiter einzuschränken.

In Thailand wurden bis Ende 2023 fast 2.000 Personen angeklagt, weil sie an Demonstrationen für politische und soziale Reformen teilgenommen haben, die 2020 begonnen hatten. Die genaue Zahl der Personen, die wegen der Teilnahme an Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer eines Wohnblockbrandes in Urumqi, der Hauptstadt des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang, im Jahr 2022 und den damit einhergehenden Protesten gegen die Coronabeschränkungen von den chinesischen Behörden inhaftiert wurden, wird wahrscheinlich nie bekannt werden. Es gab jedoch Berichte über die anhaltende Drangsalierung von Teilnehmer*innen, und eine uigurische Studentin wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie ein Video der Proteste in den Sozialen Medien veröffentlicht hatte. In Malaysia und der Mongolei machten die Behörden auch weiterhin Gebrauch von repressiven Gesetzen, um das Recht auf friedliche Versammlung einzuschränken. In Südkorea bereitete das zunehmend härtere Vorgehen gegen "illegale" Proteste den Boden für enorm hohe Schadensersatzforderungen eines staatlichen Unternehmens gegen Personen, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzten. In Myanmar wurden Dutzende Personen festgenommen, weil sie zu Ehren des Geburtstags der inhaftierten ehemaligen Staatsrätin Aung San Suu Kyi Blumenschmuck trugen.

Sicherheitskräfte wandten auch 2023 häufig unverhältnismäßige Gewalt an, die zu Verletzten und Getöteten führte. In Afghanistan setzten die Taliban Berichten zufolge Schusswaffen, Wasserwerfer und Betäubungsgewehre ein, um z. B. Demonstrationen für die Rechte von Frauen aufzulösen. In Pakistan wie auch in Sri Lanka versuchten die Behörden, Proteste zu verbieten, und gingen häufig mit übermäßiger und anderer rechtswidriger Gewalt gegen Demonstrierende vor. In beiden Ländern gab es Tote und zahlreiche Verletzte. In Bangladesch setzte die Polizei Gummigeschosse, scharfe Munition und Tränengas gegen von der Opposition angeführte Proteste ein. Dabei kam mindestens eine Person ums Leben, und Tausende wurden festgenommen. In Indonesien, auf den Malediven und in Nepal gingen Sicherheitskräfte ebenfalls mit rechtswidriger Gewalt gegen Demonstrierende vor.

Auch das Recht auf Vereinigungsfreiheit wurde in mehreren Ländern stärker beschnitten. In Kambodscha wurde die einzige Oppositionspartei von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen und ein führender Oppositionspolitiker zu 27 Jahren Haft verurteilt. Auf den Philippinen wurden menschenrechtliche und humanitäre Organisationen mittels der Praxis des "Red-Tagging" beschuldigt, Verbindungen zu verbotenen kommunistischen Gruppen zu unterhalten. Ihre Mitglieder waren dadurch konstruierten Anklagen, rechtswidrigen Tötungen und anderen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. In Südkorea sahen sich Gewerkschaften mit einem zunehmend feindseligen Umfeld konfrontiert, und gegen Dutzende Arbeitsrechtsaktivist*innen wurde strafrechtlich ermittelt.

Die Regierungen müssen die Ausübung der Rechte auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektieren und garantieren. Die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen muss respektiert und geschützt und ein sicheres und förderliches Umfeld für ihre Tätigkeiten gewährleistet werden.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Menschenrechtsverteidiger*innen, politische Aktivist*innen, Umweltschützer*innen und andere Personen wurden in zahlreichen Ländern der Region willkürlich festgenommen und inhaftiert, weil sie Kritik an der Politik oder dem Handeln der Regierung geübt hatten oder bestimmte ethnische, religiöse oder sonstige Identitätsmerkmale aufwiesen.

In China wurde die Praxis der willkürlichen Inhaftierungen und unfairen Gerichtsverfahren gegen Uigur*innen und Angehörige anderer überwiegend muslimischer ethnischer Minderheiten in dem autonomen Gebiet Xinjiang fortgesetzt. In Myanmar befanden sich mehr als 20.000 Personen auch 2023 noch in Haft, weil sie gegen den Militärputsch im Jahr 2021 protestiert hatten. Unfaire Gerichtsverfahren waren dort nach wie vor gang und gäbe.

Die Behörden in Pakistan setzten die Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und das vage formulierte Antiterrorgesetz ein, um mehr als 4.000 Personen willkürlich zu inhaftieren, die an Protesten nach der Festnahme des ehemaligen Premierministers Imran Khan im Mai 2023 teilgenommen hatten. Weitere 103 Zivilpersonen, darunter Politiker*innen und Aktivist*innen, wurden vor Militärgerichte gestellt. Gerichte in Indien entschieden in einigen Fällen in Jammu und Kaschmir willkürlich inhaftierter Journalist*innen, sie gegen Kaution freizulassen bzw. ihre Haftanordnungen zu annullieren. Menschenrechtsverteidiger*innen in Jammu und Kaschmir und anderen Landesteilen wurden indes weiterhin ohne Gerichtsverfahren festgehalten. Einige befanden sich bereits seit Jahren in Haft.

In der Mongolei führten unzureichende Verfahrensgarantien zu einer hohen Zahl von Festnahmen ohne Haftbefehl.

Regierungen müssen die willkürliche Festnahme und Inhaftierung von Regierungskritiker*innen und anderen Personen beenden. Alle, die allein wegen der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit oder der Ausübung anderer Menschenrechte inhaftiert sind, müssen unverzüglich freigelassen werden.

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Straflosigkeit und das Recht auf Gerechtigkeit

In der Region Asien-Pazifik war Straflosigkeit auch 2023 weit verbreitet, und Betroffenen wurde routinemäßig das Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung verweigert.

Die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, die Ermittlungen auf den Philippinen wieder aufzunehmen, konnte den Familien der zahllosen Opfer rechtswidriger Tötungen während des fortdauernden "Anti-Drogen-Kriegs" ein wenig Hoffnung vermitteln. Allerdings gingen dort schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen nach wie vor fast immer straflos aus. In Thailand wurden Sicherheitskräfte für rechtswidrige Tötungen so gut wie nie zur Rechenschaft gezogen. Die Regierungen von Sri Lanka und Nepal machten nach wie vor keine nennenswerten Fortschritte dabei, Gerechtigkeit, Wahrheit und Wiedergutmachung für Zehntausende Menschen sicherzustellen, die während der internen bewaffneten Konflikte Opfer von völkerrechtlichen Verbrechen und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen geworden waren.

Die Regierungen müssen gegen Straflosigkeit vorgehen, indem sie völkerrechtliche Verbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen gründlich, unabhängig und unparteiisch untersuchen und die mutmaßlich Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht stellen. Sie sollten umfassend mit den internationalen Ermittlungsverfahren und Prozessen zusammenarbeiten und Betroffene von in der Vergangenheit verübten Menschenrechtsverstößen entschädigen.

Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht

In Myanmar kam es auch 2023 zu Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht. Landesweit führten sowohl unterschiedslose als auch gezielte Luft- und Bodenangriffe des Militärs und unterstützender Milizen zum Tod von über 1.000 Zivilpersonen. Darüber hinaus gab es Berichte über Angriffe von bewaffneten Oppositionsgruppen auf Zivilpersonen, von denen angenommen wurde, dass sie eine Verbindung zu den Militärbehörden Myanmars hatten. Im Zusammenhang mit dem anhaltenden bewaffneten Widerstand gegen die Taliban in der afghanischen Provinz Pandschir gab es neue Beweise für Kollektivstrafen gegen die Zivilbevölkerung und die außergerichtliche Hinrichtung gefangener Mitglieder der bewaffneten Gruppe National Resistance Front. Zugleich wurden durch Angriffe bewaffneter Gruppen wie der Gruppe Islamischer Staat – Provinz Khorasan Tausende Zivilpersonen verletzt oder getötet.

Alle an bewaffneten Konflikten beteiligten Parteien müssen sich an das humanitäre Völkerrecht halten. Insbesondere müssen gezielte Attacken sowie unterschiedslose Angriffe auf Zivilpersonen oder zivile Infrastruktur eingestellt werden.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Mehrere Länder der Region Asien-Pazifik steckten nach wie vor in einer schweren Wirtschaftskrise. In Laos und Pakistan führten die hohen Inflationsraten zu steigenden Lebenshaltungskosten, was die am stärksten von Ausgrenzung bedrohten Menschen am härtesten traf. In Sri Lanka, wo mehr als ein Viertel der Bevölkerung unter die Armutsgrenze zu rutschen drohte, wurde der Zugang zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung und anderen Grundversorgungsleistungen zur alltäglichen Sorge, insbesondere für Tagelöhner*innen und Angehörige der tamilischen Gemeinschaft der Malaiyaha. Die humanitäre Krise in Afghanistan verschärfte sich und ließ einen weiteren Anstieg der bereits hohen Zahl von Personen befürchten, die auf humanitäre Hilfe angewiesen waren, zugleich war das humanitäre Hilfsprogramm der Vereinten Nationen völlig unterfinanziert.

In Papua-Neuguinea führte die chronische Unterfinanzierung des Gesundheitssystems dazu, dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung hatte. In Nordkorea herrschte weiterhin eine unsichere Ernährungslage, und häufig war keine medizinische Versorgung verfügbar, das betraf auch lebenswichtige Medikamente und Impfstoffe.

Rechtswidrige Zwangsräumungen und Hausdemolierungen sorgten dafür, dass Tausende Menschen obdach- und mittellos wurden oder von Obdachlosigkeit bedroht waren. In Kambodscha wurde die Vertreibung von 10.000 Familien aus der UNESCO-Weltkulturerbestätte Angkor fortgesetzt. In Indien wurden durch den Abriss informeller Siedlungen im Vorfeld des G20-Gipfels in der Metropolregion Delhi fast 300.000 Menschen obdachlos. Zudem wurde die Zerstörung von überwiegend muslimischen Häusern, Geschäften und Gebetsstätten als Bestrafung für religiöse Ausschreitungen fortgesetzt. In Indonesien gingen die Behörden mit exzessiver Gewalt gegen Menschen vor, die gegen geplante Räumungen und Infrastrukturprojekte protestierten, während in Laos der Bau eines Staudamms Tausende Dorfbewohner*innen zu vertreiben drohte, ohne dass angemessene Entschädigungsmaßnahmen vorgesehen waren.

Die kulturellen und sprachlichen Rechte sowie das Recht auf Bildung ethnischer Minderheiten in China wurden durch Maßnahmen der Regierung untergraben. Dazu gehörten auch Assimilierungsmaßnahmen für tibetische Kinder.

Die Regierungen müssen dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte geschützt werden und dass politische Maßnahmen nicht Verstößen gegen die Rechte auf Nahrung, Gesundheit und Lebensunterhalt Vorschub leisten.

Unternehmensverantwortung

Auch 2023 wurden in der Region Asien-Pazifik Unternehmen nur selten für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen. Die Recherchen von Amnesty International zu Myanmar haben jedoch zu positiven Entwicklungen beigetragen: Mehrere Unternehmen, die mit der Lieferung von Flugzeugtreibstoff in Verbindung standen, das vom myanmarischen Militär für Luftangriffe auf Zivilpersonen verwendet wurde, stellten ihre direkten Lieferungen ein. Die EU, Großbritannien, die USA und weitere Länder verhängten gezielte Sanktionen gegen einige dieser Unternehmen.

Die Regierungen müssen Gesetze erlassen, die von Unternehmen die Einhaltung der Sorgfaltspflicht für Menschenrechte fordern, um sicherzustellen, dass ihre Geschäftstätigkeit und die ihrer Partner nicht zu Menschenrechtsverstößen führt oder ihnen Vorschub leistet. Die gesetzlichen Bestimmungen müssen auch gewährleisten, dass für alle Schäden, die sich aus der Geschäftstätigkeit ergeben, Abhilfe geschaffen wird.

Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit war in der Region Asien-Pazifik weiterhin bedroht, insbesondere in Südasien. In Indien wurden Hunderte Fälle von Gewalt und Einschüchterung gegen Muslim*innen verzeichnet. Auch in Pakistan war Gewalt gegen religiöse Minderheiten weit verbreitet. Hier wurden Grabstätten von Angehörigen der Ahmadi-Religion geschändet und Minderheiten der Blasphemie bezichtigt, um u. a. Angriffe auf mehr als 20 Kirchen an nur einem Tag zu rechtfertigen. In Afghanistan wurden religiöse Minderheiten wie Schiit*innen und Hazara-Schiit*innen, Sikhs, Hindus, Christ*innen, Ahmadiyya und Ismailit*innen unter den Taliban stark diskriminiert. Die Taliban sorgten auch dafür, dass der offizielle Religionsunterricht ausschließlich auf die sunnitische Konfession des Islam ausgerichtet war.

Die Regierungen müssen wirksame Maßnahmen ergreifen, um das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit diskriminierungsfrei zu schützen, zu fördern und zu gewährleisten, wenn nötig auch durch die Umsetzung rechtlicher und politischer Reformen.

Rechte von Frauen und Mädchen

In Japan wurde die strafrechtliche Definition von Vergewaltigung auf nicht einvernehmlichen Sex ausgeweitet, was den Rechtsschutz vor sexualisierter Gewalt stärkte. In Fidschi wurden rechtliche Hindernisse für die Teilnahme verheirateter Frauen an Wahlen beseitigt.

Die Realität vieler Frauen und Mädchen in der Region Asien-Pazifik war jedoch auch 2023 von systemischer Diskriminierung und Gewalt geprägt. Vor allem in Südasien wurden weiterhin zahlreiche Fälle von Belästigung und Gewalt gemeldet, darunter auch Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt, und nur selten wurden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. In Indien gab es eine besorgniserregend hohe Zahl von Fällen sexualisierter Gewalt gegen Dalit-, Adivasi- und Kuki-Frauen durch Angehörige der herrschenden Kasten.

Die Diskriminierung von Frauen und Mädchen hatte unterschiedliche Erscheinungsformen. In Afghanistan erreichten die immer extremeren Einschränkungen der Rechte von Frauen und Mädchen und das Ausmaß der gegen sie gerichteten Menschenrechtsverletzungen eine Dimension, die den Tatbestand der geschlechtsspezifischen Verfolgung erfüllte, was als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt. In Nepal wurden Frauen noch immer die gleichen Staatsbürgerschaftsrechte verweigert. In Bhutan, Fidschi, Japan und anderen Ländern waren Frauen in öffentlichen Ämtern und in der Arbeitswelt nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.

Die Regierungen müssen ihre Bemühungen zur Wahrung und Förderung der Rechte von Frauen und Mädchen verstärken. Sie müssen der geschlechtsspezifischen und Mehrfachdiskriminierung von Frauen und Mädchen ein Ende setzen und geschlechtsspezifische Gewalt verhindern und strafrechtlich verfolgen.

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Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Bei den Rechten von LGBTI+ gab es in der Region Asien-Pazifik sowohl Fortschritte als auch Rückschritte. In Taiwan erkannten die Behörden das Recht der meisten transnationalen gleichgeschlechtlichen Paare auf Eheschließung an, und in Thailand leitete die Legislative am 21. Dezember 2023 einen Prozess zur Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen ein. Bei Gerichtsurteilen in Hongkong, Nepal und Südkorea wurden die Rechte von gleichgeschlechtlichen Paaren und/oder trans Personen stärker berücksichtigt. In Südkorea bestätigte das Verfassungsgericht jedoch die Kriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen innerhalb des koreanischen Militärs. In den Fällen progressiver Urteile zugunsten der Rechte von LGBTI+ reagierten die Regierungen in der Regel mit Rechtsmitteln und verzögerten die Umsetzung.

Die prekäre Lage von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen sowie LGBTI-Gruppen wurde auch in China deutlich, wo eine bekannte LGBTI-Organisation angesichts anhaltend feindseliger Maßnahmen der Regierung zur Schließung gezwungen wurde. In Pakistan führten politische und islamistische Gruppen eine Desinformationskampagne, die vorhandene rechtliche Schutzmaßnahmen für trans Personen (Khawajasara) gefährdete und zu verstärkter Gewalt und Schikane gegen trans- und diversgeschlechtliche Personen führte. In Indien lehnte der Oberste Gerichtshof die rechtliche Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe ab. In Malaysia wurden Bücher und andere Materialien verboten, die nach Ansicht der Behörden einen LGBTI-Lebensstil propagierten, und in der Mongolei wurde ein Protestmarsch für die Rechte von LGBTI+ verboten.

Die Regierungen müssen Gesetze und politische Maßnahmen zur Diskriminierung von LGBTI+ rückgängig machen, u. a. durch die Entkriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen und die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Sie sollten ferner Maßnahmen ergreifen, um die Rechte von LGBTI+ zu fördern und zu schützen und ihnen ein Leben in Sicherheit und Würde zu ermöglichen.

Diskriminierung

Nach wie vor wurden Menschen in der Region Asien-Pazifik aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder Kastenzugehörigkeit diskriminiert, oder weil sie indigenen Bevölkerungsgruppen angehörten. In Kambodscha, Indonesien, Malaysia und anderen Ländern wurden die Rechte indigener Gemeinschaften mit Füßen getreten, wenn es um die Realisierung kommerzieller Rohstoffprojekte ging, die ihr Leben und ihren Lebensunterhalt zu gefährden drohten. Sofern Konsultationen mit den betroffenen Gemeinschaften stattfanden, waren diese häufig nur oberflächlicher Natur. Aktivist*innen, die sich für indigene Gemeinschaften einsetzten, waren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Auf den Philippinen "verschwanden" zwei indigene Umweltschützer, und Sprecher*innen für die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen wurden als Terrorist*innen bezeichnet.

Eine historische Chance, die Rechte indigener Gemeinschaften in Australien zu stärken, wurde vertan, als der Vorschlag zur Einrichtung der Interessenvertretung Aboriginal and Torres Strait Islander Voice, die ihren Anliegen im Parlament Gehör verschafft hätte, in einer Volksabstimmung abgelehnt wurde. In Neuseeland waren Angehörige der Māori weiterhin von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen. Dies galt auch für das Strafjustizsystem, in dem sie nach wie vor deutlich überrepräsentiert waren. In Indien bestand die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit unvermindert fort.

Die Regierungen müssen Menschen, die wegen ihrer ethnischen Herkunft oder Kastenzugehörigkeit diskriminiert werden, wirksamen Zugang zur Justiz ermöglichen und der Straflosigkeit bei Menschenrechtsverstößen gegen Dalits und Angehörige indigener Gemeinschaften und anderer gefährdeter Gruppen ein Ende setzen. Außerdem müssen sie dringend Maßnahmen und Programme einführen, die auf die Beseitigung struktureller Diskriminierung, auch im Strafjustizsystem, abzielen.

Folter und andere Misshandlungen

Thailand stellte Folter und Verschwindenlassen nach jahrelangem Druck durch die Zivilgesellschaft unter Strafe, was zeigte, wie wirkungsvoll der konzertierte Einsatz von Überlebenden und Menschenrechtsverteidiger*innen sein kann. Sowohl in Thailand als auch in anderen Ländern blieb trotzdem noch viel zu tun, um Folter und anderer Misshandlung tatsächlich einen Riegel vorzuschieben.

In der gesamten Region Asien-Pazifik wurden zahlreiche Fälle von Folter und Misshandlungen von Inhaftierten gemeldet, und es kam häufig zu Todesfällen in Gewahrsam. Im Jahr 2023 starben in Bangladesch mindestens 94 Menschen in Gewahrsam, in Malaysia waren es mindestens 13. Die nepalesischen Behörden zogen für die zahlreichen glaubwürdigen Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen niemanden zur Verantwortung. Aus Afghanistan gab es Berichte über die Folterung von Inhaftierten, und es wurden öffentlich Körperstrafen vollstreckt, die Folter oder anderer Misshandlung gleichkamen. Das indonesische Militär war verantwortlich für die willkürliche Inhaftierung und Folterung indigener Zivilpersonen aus Papua, darunter auch Minderjährige. Eine Person starb infolge der Misshandlungen in Gewahrsam.

Die Regierungen müssen Folter und andere Misshandlungen verbieten und unter Strafe stellen. Zudem müssen sie wirksame Maßnahmen ergreifen, um ausgegrenzte und schutzbedürftige Gruppen vor Missbrauch zu schützen. Wenn sich solche Vorfälle ereignen, müssen die Vorwürfe untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, außerdem muss zeitnah Abhilfe für die Betroffenen geschaffen werden.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Verheerende Überschwemmungen, drastisch ansteigende Temperaturen und tödliche Taifune machten deutlich, wie anfällig die Region Asien-Pazifik für die Auswirkungen des Klimawandels ist. Dessen ungeachtet blieben die Maßnahmen zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen sowie die entsprechenden Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen größtenteils unzureichend. Unter den Folgen hatten die ärmsten und am stärksten ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen am meisten zu leiden.

Die hohe Zahl der Todesopfer, die ein Wirbelsturm in Myanmar im Mai 2023 unter den ethnischen Rohingya forderte, war größtenteils auf die elenden Bedingungen zurückzuführen, unter denen sie seit ihrer Vertreibung 2012 leben. In Indien forderten Überschwemmungen in der Himalaya-Region und Hitzewellen in den Bundesstaaten Uttar Pradesh und Bihar 2023 fast 200 Todesopfer. Pakistan erlebte weiterhin sengende, durch den Klimawandel verursachte Hitzewellen mit ernsthaften Folgen für die Gesundheit, insbesondere bei in Armut lebenden Menschen und Beschäftigten im informellen Sektor.

Die Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels – u. a. in Form von Emissionszielen, die sich viele Staaten gesetzt hatten, unter ihnen die größten Emittenten – genügten nicht, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur unter 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten. Die politischen Maßnahmen waren häufig nicht ausreichend, um diejenigen Ziele zu erreichen, zu denen sich die Staaten verpflichtet hatten. So verabschiedete Taiwan zwar eine Gesetzgebung, die die Regierung dazu zwang, die Emissionen zu senken, doch gab es keine Frist für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Erdölförderung wurde fortgesetzt.

Es gab kaum Anzeichen für eine Reduzierung der Kohle-Abhängigkeit in den Energiesystemen der Region. Vielmehr genehmigten die Regierungen in Australien, China, Indonesien und Südkorea auch weiterhin neue Kohlekraftwerke und Kohleabbauprojekte, oft gegen den starken Widerstand der Bevölkerung. Japan war das einzige Industrieland weltweit, das sich auch 2023 noch nicht verpflichtet hatte, die Nutzung von Kohle zur Stromgewinnung auslaufen zu lassen.

In einer Reihe von Fällen ignorierten Staaten die Auswirkungen der Rohstoffindustrie auf die Umwelt sowie auf die indigene Bevölkerung und andere betroffene Gemeinschaften. So wurde in der Mongolei noch immer nicht genug unternommen, um den Folgen des Bergbaus in der Gobi-Region für die Gesundheit und die Lebensgrundlagen der dort lebenden Nomad*innen entgegenzuwirken. Die Regierung in Papua-Neuguinea erteilte eine Lizenz für die Wiederaufnahme des Betriebs einer Goldmine, die zuvor mit schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Verbindung gebracht worden war, obwohl das betroffene Unternehmen keine angemessenen Abhilfemaßnahmen ergriffen hatte.

Die Industriestaaten und andere Länder in der Region mit hohen Emissionen müssen beim Klimaschutz die Führung übernehmen, auch indem sie den Ausbau fossiler Brennstoffe und die damit verbundenen Subventionen stoppen. Die Länder müssen gewährleisten, dass ihre Maßnahmen in Bezug auf den Klimawandel dem Ziel entsprechen, den globalen Temperaturanstieg unter 1,5 °C zu halten. Die Investitionen in Katastrophenvorsorge- und Anpassungsmaßnahmen müssen erhöht werden, wobei der Schutz von ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen und anderen durch den Klimawandel besonders stark gefährdeten Gemeinschaften Vorrang haben muss.

Das Bild zeigt eine Person, wie sie vor einem komplett zerstörten Haus sitzt

Eine Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya sitzt vor ihrem durch den Zyklon Mocha zerstörten Haus im Flüchtlingscamp "Ohn Taw Chay" in Myanmar. Der Zyklon forderte zahlreiche Todesopfer (16. Mai 2023).

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen und Menschenhandel

Gerichte in Australien und Südkorea erklärten die unbefristete Inhaftierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden für verfassungswidrig. Allerdings blieb der Schutz von Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migrant*innen in der gesamten Region Asien-Pazifik unzureichend, und die Rechte dieser Menschen wurden weitgehend missachtet.

Zahlreiche Flüchtlinge und Migrant*innen wurden willkürlich und auf unbegrenzte Zeit festgehalten, teils in Hafteinrichtungen für Einwander*innen, in denen unhygienische Verhältnisse herrschten. In anderen Fällen wurden ihnen eine angemessene Unterkunft und Zugang zur Grundversorgung verweigert, und sie konnten sich nicht frei bewegen.

Die malaysischen Behörden führten auch 2023 keine Untersuchung zum Tod von 150 Menschen durch, die 2022 in Haftanstalten für Migrant*innen ums Leben gekommen waren. Die Bedingungen in diesen Hafteinrichtungen gaben auch weiterhin Anlass zur Sorge. In Bangladesch führten ein Brand in einem Flüchtlingslager und ein Wirbelsturm dazu, dass Tausende Rohingya-Flüchtlinge erneut obdachlos wurden. In Thailand wurde zwar ein neues Prüfverfahren für Flüchtlinge und Asylsuchende eingeführt, doch wurden sie nach wie vor auf unbestimmte Zeit inhaftiert. Die schlechten Haftbedingungen führten zum Tod zweier uigurischer Männer. In Japan wurde die unbefristete Inhaftierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden auch durch das neue Einwanderungsgesetz nicht abgeschafft, und in Taiwan sahen die Änderungen des Einwanderungsgesetzes keine Schutzmechanismen gegen Zurückweisung (Refoulement) vor.

Große Sorge bestand in Bezug auf das Schicksal Hunderter Nordkoreaner*innen, die trotz der Warnungen, dass ihnen in Nordkorea schwere Strafen drohen könnten, von der chinesischen Regierung dorthin zurückgeführt wurden. Nachdem die pakistanische Regierung im Oktober 2023 angekündigt hatte, dass nichtregistrierte afghanische Geflüchtete das Land innerhalb eines Monats verlassen müssten, wurden mehr als 490.000 Menschen nach Afghanistan abgeschoben, obwohl viele von ihnen aus Angst vor Verfolgung durch die Taliban von dort geflohen waren. Auch Malaysia verstieß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement), indem es Flüchtlinge nach Myanmar abschob, wo sie schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren.

In Kambodscha, Laos, Myanmar und Thailand gingen die Regierungen nach wie vor unzureichend gegen den Menschenhandel vor, bei dem ausländische Arbeitskräfte auf betrügerische Weise angeworben und oft unter Androhung von Gewalt gezwungen wurden, an Internetbetrügereien und illegalem Glücksspiel mitzuwirken.

Die Regierungen müssen die Inhaftierung von Asylsuchenden allein aufgrund ihres Einwanderungsstatus beenden und ihnen die Möglichkeit geben, internationalen Schutz zu beantragen. Unter keinen Umständen dürfen Menschen in ein Land abgeschoben werden, in dem ihnen Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Der Schutz vor Menschenhandel muss gestärkt werden, und Überlebende müssen rechtliche und anderweitige Unterstützung erhalten, u. a. muss es Erleichterungen im Hinblick auf eine Rückkehr in das Heimatland geben, sofern diese eine sichere Option darstellt.

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Todesstrafe

Ein begrüßenswerter Schritt war die Aufhebung der obligatorischen Todesstrafe für alle Straftaten und die vollständige Abschaffung der Todesstrafe für sieben Straftaten durch die Regierung Malaysias. Dennoch kam die Todesstrafe in der gesamten Region Asien-Pazifik weiterhin in großem Umfang zur Anwendung, häufig unter Verstoß gegen das Völkerrecht und internationale Standards. In China und Vietnam sollen Hinrichtungen durchgeführt worden sein, doch gelten Informationen über den Einsatz der Todesstrafe dort nach wie vor als Staatsgeheimnis. Aus Afghanistan wurde über die Verhängung von Todesurteilen berichtet, für deren Vollstreckung u. a. Methoden wie Steinigung vorgesehen waren, eine Praxis, die von UN-Gremien als grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe eingestuft wird. In Singapur wurden Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet, und Rechtsbeistände sowie Aktivist*innen, die sich gegen die Todesstrafe stellten, wurden schikaniert.

Regierungen, die noch an der Todesstrafe festhalten, müssen dringend Schritte zu deren vollständiger Abschaffung einleiten.

Kinderrechte

In zahlreichen Ländern gab die Kriminalisierung von Minderjährigen auch 2023 Anlass zur Sorge. In Australien und Neuseeland konnten noch immer Kinder im Alter von nur zehn Jahren inhaftiert werden, und die Jugendhafteinrichtungen waren nach wie vor keine sicheren Orte für Minderjährige. In Thailand wurden fast 300 Minderjährige wegen ihrer Teilnahme an den weitgehend friedlichen Protesten der letzten Jahre strafrechtlich verfolgt. So wurde z. B. ein junger Mann zu einer für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzten einjährigen Haftstrafe verurteilt, weil er 2020 im Alter von 16 Jahren, an einer satirischen Modenschau teilgenommen hatte, auf der er den König parodiert haben soll. Aus Nordkorea gab es weiterhin Berichte über den großflächigen Einsatz von Zwangsarbeit, auch durch Kinder.

Regierungen dürfen Kinder unter keinen Umständen festnehmen oder inhaftieren, wenn diese lediglich ihre Rechte wahrnehmen, u. a. die Rechte auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung. Das Mindestalter für die Strafmündigkeit sollte auf mindestens 14 Jahre angehoben werden. Regierungen sollten überdies sicherstellen, dass Kinder, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, nach den Grundsätzen der Jugendjustiz behandelt werden, indem sie u. a. die Verhängung von Haftstrafen streng begrenzen.

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