Blog Mexiko 02. Juli 2015

Voller Einsatz für Opfer von Folter

Amnesty-Aktivisten zum Tag der Folter-Opfer am 26. Juni 2015 auf dem Alexanderplatz in Berlin

Für den 26. Juni hatte Amnesty in Berlin dazu aufgerufen, gegen Folter zu protestieren. Mehr als 200 Berliner demonstrieren vor Botschaften von Folterstaaten. Prominente riefen Politiker dazu auf, sich gegen Folter einzusetzen.

Am 26. Juni war der Internationalen Tags zur Unterstützung der Folteropfer. Mehr als 150 Menschen beteiligten sich an diesem Tag an unserer Fahrraddemonstration gegen Folter. Auf dem Weg von der mexikanischen Botschaft in der Klingelhöfer Straße zum Alexanderplatz machten wir mehrmals Halt, um vor Botschaften von Folterstaaten auf Kundgebungen das Ende der Folter zu fordern. Der Amnesty-Bezirk Berlin-Brandenburg hatte fünf Länder unter 141 Folterstaaten ausgewählt: Mexiko, Saudi-Arabien, USA, Nigeria und China.

Viele Demonstrantinnen und Demonstranten hatten gelbe T-Shirts, Leibchen und Jacken an, um unter dem Motto "Im gelben Trikot gegen Folter" mitzufahren. Mit Fähnchen, Bändern und Plakaten bildeten die meisten Räder selbst beeindruckende Zeichen gegen Folter. Am Anfang mussten wir noch schnell gelbe Regencapes gegen den warmen Sommerregen verteilen. Trotz des Regens war die Stimmung dank Musik und entspanntem Tempo heiter. Mit dem Amnesty-Mobil an der Spitze konnten wir viele Menschen auf Berlins Straßen und zur Schlußkundgebung auf dem Alexanderplatz erreichen.

Den Startschuss gab es vor der mexikanischen Botschaft; seit Jahren kritisiert Amnesty die mexikanische Regierung dafür, zu wenig gegen Folter zu unternehmen

 

 

Insbesondere vor der mexikanischen Botschaft wurden Fotos von Folteropfern hochgehalten und ihre Freilassung gefordert

Am Abend besuchten dann gut 100 Gäste eine Podiumsdiskussion an der Humboldt-Universität. Moderatorin war taz-Chefredakteurin Ines Pohl. Sie diskutierte mit Amnesty-Generalsekretärin Selmin Çalışkan, Rechtsanwalt Bernhard Docke und Mechthild Wenk-Ansohn vom Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin über Schritte zur weltweiten Eindämmung der Folter.



Selmin Çalışkan ging zu Beginn der Diskussion darauf ein, was gegen Folter unternommen werden muss. Sie warf der Bundesregierung vor, mit "notorischen Menschenrechtsverletzern zu kooperieren". Dazu zählten nicht nur bekannte Wirtschafts- und Rüstungspartner wie Saudi-Arabien, sondern zum Beispiel auch der "Folterkeller Usbekistan". Sie verlangte als Maßnahmen gegen Folter die verbindliche Einführung von Schutzmaßnahmen: Zugang zu Anwalt und Familie, medizinische Versorgung, Vorführung vor einen Richter in Folterfällen, Kontrolle von Polizei und Gefängnissen, ungehinderter Zugang von Menschenrechtsorganisationen zu Gefängnissen. Das größte Problem aber sei, dass Folterer straflos davonkämen.



Dass dies sogar in Fällen eingestandener Folter geschieht, zeigte Rechtsanwalt Bernhard Docke am Beispiel der USA. Dort wurde nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 gefoltert, aber kein Verantwortlicher sei zur Rechenschaft gezogen worden. Docke ist Anwalt der Bremer Bürgers Murat Kurnaz, der unschuldig von Januar 2002 bis August 2006 im US-Folterlager Guantánamo eingesperrt war. Die rot-grüne Bundesregierung habe sich nicht für Kurnaz eingesetzt, obwohl die Amerikaner ihn loswerden wollten. Das Verhalten des damaligen Kanzleramts- und heutigen Außenministers Frank Walter Steinmeier nannte Docke "schäbig". Dieser habe entgegen allen Tatsachen Kurnaz zum Sicherheitsrisiko erklärt und behauptet, die USA hätten Kurnaz nicht nach Deutschland ausreisen lassen wollen. Docke klagte, dass es nie eine offizielle Entschuldigung gegeben hätte, eine Entschädigung ebenso wenig. Die heutige Regierung habe mehr zur Befreiung Kurnaz' beigetragen als diejenige unter Rot-Grün.

Vor der amerikanischen Botschaft musste die Straße gesperrt werden, damit alle Demonstranten Platz fanden und die Ansprache stattfinden konnte

 

 

Auch vor der nigerianischen Botschaft wurden Banner hochgehalten, einige Mitarbeiter der Botschaft schauten interessiert heraus

Die Not der Folteropfer ist auch nach ihrer Rettung nicht beendet. Das zeigte in eindringlichen Worten Dr. Mechthild Wenk-Ansohn vom Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin. Sie beschrieb Folter als "gezielte Demütigung". Folter ziele auf die Zerstörung des freien Willens, besonders bei politisch engagierten Menschen. Sie mache das Opfer vollständig abhängig. Deren Leiden setze sich nach der Befreiung fort, oft über Generationen. Die therapeutischen Möglichkeiten in Deutschland seien viel zu gering. Es gebe bei Weitem nicht genug Sozialarbeiter für Folteropfer, von denen immer mehr nach Deutschland kämen, vor allem aus Syrien und dem Irak.



Der Zugang zur Rehabilitation werde "bereits auf dem Fluchtweg abgeschnitten". Sowohl auf den Booten als auch in Europa begegne den Flüchtlingen Gewalt. Als Beispiele nannte sie Schläge, den Einsatz von Elektroschockern, den Zwang, sich zu entkleiden, oder die Drohung, von den eigenen Kindern getrennt zu werden.



Folter ist eine brutale Menschenrechtsverletzung, dies muss immer wieder ins öffentliche Bewusstsein gebracht werden. Mit unserer Demonstration und der Podiumsdiskussion haben wir viele Menschen erreicht. Für Amnesty Berlin-Brandenburg waren diese Aktionen ein Ansporn, im Kampf gegen die Folter weiterzumachen. Außerdem steht schon bald unsere nächste Aktion an: Am 9. Juli werden wir erneut vor der Botschaft Saudi-Arabiens stehen und die Freilassung von Raif Badawi fordern. Der Blogger ist zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockschlägen verurteilt worden, weil er seine Meinung gesagt hat.

Werdet aktiv! Beteiligt euch an der Kampagne "Stop Folter" und setzt euch für Menschen ein, die Opfer von Folter sind! Jetzt mitmachen: https://www.stopfolter.de

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